Wegen Trump: Neue Flüchtlingswelle in Europa droht

Sina Barnert
Sina Barnert

Dietikon,

Die Trump-Administration will humanitäre Hilfsgelder streichen. Das hat drastische Folgen, die sich schon jetzt auch in der Schweiz bemerkbar machen.

Flüchtlingsströme Trump
Die Streichung der US-Hilfsgelder könnte neue Flüchtlings-Bewegungen nach Europa auslösen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die USA will ihre humanitären Hilfsgelder einstellen.
  • Dies hat Auswirkungen auf Hilfsprogramme und auch auf die Schweiz.
  • Die ausbleibende Hilfe könnte sogar zu neuen Flüchtlingsströmen führen.

Unter der Trump-Regierung kürzt die USA die Zahlung von Hilfsgeldern drastisch. Gleichzeitig streicht die Administration 1600 Stellen bei der US-Entwicklungshilfebehörde USAID.

Dies wirkt sich nicht nur auf Hilfsprojekte aus. Es hat auch direkte Auswirkungen auf ganz Europa – und somit auch auf die Schweiz.

Denn: Bereits jetzt merken Hilfsorganisationen aus der ganzen Welt, dass das US-Hilfsgeld sistiert ist. Das berichtet unter anderem der deutsche «Spiegel».

Ausbleibende US-Hilfsgelder haben Folgen für Europa

Das Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR habe bereits durchgerechnet, was die «Worst-Case»-Folgen des US-Zahlungsstopps sein würden.

Konkret müsste das UNHCR die Unterstützung von rund 140'000 Ukrainerinnen und Ukrainern einstellen. Etwas, das vor allem Europa zu spüren bekommen würde.

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Eine Frau aus Sudan erzählt von den prekären Bedingungen in ihrem Land. - Youtube / UNHCR, the UN Refugee Agency

Und auch im Sudan könnten die Hilfsgelder aus den USA an allen Ecken und Enden fehlen. Eine halbe Million Menschen könnte dadurch den Zugang zu sauberem Wasser verlieren.

Situation in Flüchtlingslagern «wird sich verschlechtern»

In Syrien könnte das UNHCR rückkehrende Flüchtlinge zudem nicht mehr mit Hilfsgütern versorgen. Davon wären weit über eine Million Menschen betroffen.

Das macht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe Sorgen: «Die Situation für Personen in Flüchtlingslagern, die bisher Unterstützung durch USAID und ihre Partner erhielten, wird sich verschlechtern.»

Zudem würden auch diverse UNO-Programme, die von USAID Geld erhalten hätten, in Schwierigkeiten geraten.

Schweizer NGO-Gründerin in Sorge

Eine Entwicklung, die auch Raquel Herzog Sorgen bereitet. Sie hat 2016 die Hilfsorganisation SAO Association gegründet. Diese ist auf Lesbos und in Athen tätig und unterstützt vulnerable Frauen auf der Flucht.

Raquel Herzog SAO
Die Gründerin der Schweizer NGO SAO, Raquel Herzog, macht sich Sorgen. - SAO

Gegenüber Nau.ch sagt sie: «Dass die USA Hilfsgelder streicht, bekommen wir schon jetzt zu spüren.»

Dies, weil SAO eng mit dem UNHCR zusammenarbeite. «Wir wissen, dass bald Stellen gestrichen werden und überall gespart werden muss.» Das sei nicht weiter verwunderlich, findet Herzog.

Denn: «USAID steuert gemäss meinen Quellen zirka 54 Prozent zum UNHCR-Budget bei.»

UNHCR spart schon jetzt

Wie sich das UN-Flüchtlingshilfswerk nun wappnet, zeigt die «Spiegel»-Recherche. Das warme Wasser im Genfer Hauptquartier ist abgestellt, in den Büros wird seltener geputzt.

Auch die Heizung wurde heruntergedreht, Materialien dürfen nur im Notfall nachbestellt werden. Zudem sind Dienstreisen nur noch in absoluten Ausnahmefällen erlaubt.

Man könne keine UNHCR-Broschüren mehr per Post verschicken, so ein Mitarbeiter. Die Briefmarken seien zu teuer.

Zudem begleiche man in Washington nicht einmal mehr Zahlungen für Leistungen, die bereits im vergangenen Jahr erbracht wurden. Es mache sich Panik breit, so der «Spiegel» weiter.

«Ohnehin knappe Ressourcen werden noch knapper»

Es ist der Anfang eines Sparprogramms, das Raquel Herzog Bauchschmerzen bereitet. Sie fürchtet, dass auch SAO dieses zu spüren bekommt.

«Wir arbeiten zum Beispiel eng mit der Hilfsorganisation HIAS zusammen, die Flüchtlinge in rechtlichen Fragen unterstützt.» Diese hat eine Partnerschaft mit dem UNHCR und hat laut Herzog auf Lesbos bereits Leute entlassen müssen.

Befürchtest du, dass die Streichung von Hilfsgeldern zu mehr Flüchtlingen führt?

«Schon jetzt merken wir, dass die ohnehin knappen Ressourcen noch knapper werden.»

Konkret, so Herzog, befürchte man, dass für SAO Association Sachspenden – beispielsweise Winterkleidung und Hygieneprodukte – des UNHCR ausbleiben könnten.

Fluchtbewegungen «werden sich verstärken»

Auf die Frage, welche Auswirkung die eingestellten Zahlungen auf Europa und die Schweiz haben, wird sie konkret: «Die ‹Spiegel›-Recherche liegt absolut richtig.»

Herzog erklärt, es könnte eine neue Flüchtlingswelle nach Europa geben. «Wenn man den globalen Süden nicht nur ausbeutet, sondern auch die Hilfen einstellt, werden sich die Fluchtbewegungen verstärken.»

Dies sei leider ein realistisches Szenario.

Denn jetzt, wo die Hilfen ausbleiben, hätten die hilfsbedürftigen Menschen nur zwei Optionen: «Sie müssen entweder in den reichen Norden kommen, oder im Süden sterben.»

Herzog weiter: «Bis jetzt war es ein rechtes Narrativ, Menschen lieber vor Ort zu unterstützen, statt sie als Flüchtlinge aufzunehmen. Das untergräbt man jetzt, indem die Leute vor Ort gar keine Hilfe mehr erhalten.»

Streichung von Hilfsgütern ist «ein Perpetuum Mobile»

Die ganze Streichung von Hilfsgütern – auch in der Schweiz – sei «ein Perpetuum Mobile».

Europa rüste auf, um Flüchtlinge abzuschrecken und abzuweisen. Diese würden aber gar nicht kommen, wenn ihre Lebensbedingungen durch humanitäre Hilfe verbessert würden.

Befürwortest du die Streichung von Hilfsgeldern?

Zudem sei die Streichung der Hilfe «nicht nur eine Pause», sagt Herzog. Sie verweist auf Thomas Byrnes, einen Berater für humanitäre Hilfe.

Dieser schreibt auf Linkedin, der Abbau der Hilfsgelder sei «eine absichtliche Demontage». Unter dem Deckmantel der «Effizienz» werde ein erheblicher Teil der Fähigkeit der US-Regierung, auf internationale Krisen zu reagieren, langfristig abgebaut.

Kommentare

User #8387 (nicht angemeldet)

Trump ist im Moment die grössete unberechenbare Gefahr das Europa aufwacht und näher zusammenrückt. Putin auch. Fast wie eine Zange?

User #2395 (nicht angemeldet)

Pro Huldrych/Minimaus werden in der Minute Daumen für 600 Franken weggeworfen.

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