Wird KI zu gut? Milch-Meitli zu Unrecht unter Verdacht
Swissmilk wirbt in einem Post auf Instagram mit zwei Kindern für den Tag der Milch. Beim Mädchen hörte ein User das Gras wachsen.

Das Wichtigste in Kürze
- «Sie sieht aus wie 30», so ein User zum Mädchen auf dem Werbesujet.
- Er behauptet, dass Swissmilk in einer aktuellen Kampagne ein künstliches Mädchen einsetzt.
- Dies stösst Swissmilk sauer auf.
KI nimmt uns Arbeit ab, gibt aber auch viel Anlass zu Zweifel. «Bro, dieses Mädchen wurde mit dem Computer generiert», behauptet ein User. «Sie sieht aus wie 30.»
Gemeint ist ein Mädchen, das lachend einen Milchbecher in den Händen hält. Zusammen mit einem Buben ist es auf einem aktuellen Kampagnensujet von Swissmilk zu sehen. Die nationale Dachorganisation der Schweizer Milchproduzenten wirbt mit dem Instagram-Post für den Tag der Milch am Samstag.
Die vier Likes auf den Kommentar des Users deuten darauf hin, dass sie dessen Behauptung zustimmen. Damit hat der User aber das Gras wachsen hören.
«Wir finden es bedauerlich»
«Auf dem Bild sind die Enkelkinder eines unserer Mitarbeitenden zu sehen», sagt Swissmilk-Mediensprecherin Christa Brügger zu Nau.ch. Das Mädchen sei neun, der Bub acht Jahre alt.
Der Kommentar des Users stösst Swissmilk sauer auf. «Wir finden es bedauerlich, dass das Aussehen eines Kindes öffentlich infrage gestellt und kritisiert wird», sagt Brügger. «Erst recht, ohne die Hintergründe zu kennen.»
KI-Experte Mike Schwede kann den Verdacht aber nachvollziehen. ChatGPT habe endlich ein einigermassen brauchbares Bildmodell für Normalnutzer lanciert, sagt er zu Nau.ch.
Auch generierten viele User lustige Grafiken. «Die Leute werden immer kritischer und sind verwirrt, was echt ist und was nicht.»
Kritischer Blick sei wichtig
Das Swissmilk-Sujet beurteilt Schwede als «nicht sehr gelungen». Er stellt fest, dass die Beleuchtung das Gesicht des Mädchens mit mehr Konturen kontrastreicher macht. «Deshalb sieht das Mädchen reifer aus.»
Beim Hintergrund handelt es sich laut Schwede um eine Fotomontage. «Das verstärkt den Eindruck, dass das Sujet mit KI generiert wurde.»
Seiner Meinung nach ist der kritische Blick auf Fotos heute wichtig. «Gerade aus Russland wird eine Schwemme von mit KI generierten Fake News veröffentlicht.»
Professionelle KI-Bilder seien schwierig zu entlarven, sagt Schwede. Gewisse Details im Hintergrund könnten aber Hinweise liefern. «Wenn zum Beispiel Schattenwürfe oder Muster keinen Sinn ergeben.»
Firmen seien zu fokussiert auf Logo
Firmen rät der KI-Experte von KI generierten Bildern ab. «Die wichtigste Währung ist Vertrauen.» Bei ihren Marken müssten Firmen einen eigenen, eigenständigen Bildstil entwickeln.
«Viele Firmen sind aber immer noch zu fokussiert auf ihr heutzutage eher unwichtiges Logo.»
Dem stimmt Swissmilk nicht zu. Sie arbeiteten bei ihren Werbemitteln mit verschiedenem Bildmaterial aus unterschiedlichen Quellen, sagt Christa Brügger. Es handle sich zum Beispiel um eigene Bilder, Stockmaterial oder Agenturbilder.
Im betreffenden Post ist laut der Mediensprecherin zudem die Kampagnenwelt von Swissmilk im Hintergrund zu erkennen. Dies mit ihrer Hausschrift und in der Gesamtwirkung eingebettet in die aktuelle Kampagne. «Wir sind daher überzeugt, dass unsere Bildsprache im Kontext der Kampagne eindeutig ist.»
Kommentar wurde entfernt
Die Dachorganisation der Schweizer Milchproduzenten ist überrascht, dass die Diskussion «ausgerechnet anhand eines echten Kinderfotos» entstanden ist. Dies zeige vielleicht eher, wie stark KI-Themen momentan emotionalisierten, sagt Christa Brügger.
Den Kommentar hat Swissmilk inzwischen gelöscht. Kommentare wie der vorliegende, die das Aussehen eines Kindes öffentlich infrage stellten und kritisierten, entfernten sie, sagt Brügger. «Wie wir das bei allen Posts tun. Wir tolerieren keine diskriminierenden Kommentare.»