Andrea Gmür (CVP): Der Weg der Konzern-Initiative ist der falsche
Für die CVP ist klar, dass der Gegenvorschlag dazu der richtige Weg ist. Ein Gastbeitrag zur Konzern-Initiative von Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger (CVP).
Das Wichtigste in Kürze
- Am 29. November stimmt die Schweiz über die Konzern-Initiative ab.
- Für die CVP ist klar, dass der Gegenvorschlag dazu der richtige Weg ist.
- Laut Andrea Gmür ist ein grosses Problem der Initiative die Umsetzbarkeit.
Das Kernanliegen der Unternehmensverantwortungs-Initiative (UVI) ist unbestritten. Unternehmen müssen ihre Verantwortung wahrnehmen.
Es geht am 29. November daher nicht um das Ziel der Initiative, sondern darum, welcher Ansatz am besten dahinführt.
Für die CVP ist klar, dass der Gegenvorschlag dazu der richtige Weg ist.
Der indirekte Gegenvorschlag von Bundesrat und Parlament enthält strenge Vorgaben zur Rechenschaftspflicht hinsichtlich Menschenrechte und Umwelt entlang der Lieferkette. Im Gegensatz zur Initiative schützt er aber die Unternehmen vor missbräuchlichen und erpresserischen Klagen.
Die CVP prägte diesen tragfähigen Kompromiss entscheidend mit und hat so eine Lösung geschaffen, die auf international bewährte Lösungen setzt und nicht zu einem Schweizer Alleingang führt.
Überhebliches Weltbild der Initiative
Der Gegenvorschlag ist griffig und wirkungsvoll, respektiert aber – anders als die Initiative – die Souveränität anderer Staaten. Denn die Initiative will, dass künftig Schweizer Gerichte auf Grundlage unserer Gesetze und Tradition über Sachverhalte urteilen, welche sich in souveränen Staaten ereignet haben.
Das Schweizer Rechtssystem würde sich in anmassender Weise vor die entsprechenden lokalen Institutionen drängen. Das Vorgehen der Initiative kann daher leicht als Überheblichkeit verstanden werden.
Natürlich stehen entwickelte Staaten wie die Schweiz in der Pflicht, Rahmenbedingungen zu schaffen, die verantwortliches Unternehmertum fördern. So ist auch das Ziel der Initiative, die Einhaltung der Menschenrechte zu verbessern, ganz klar zu begrüssen.
Indem wir aber unsere eigenen Rechtsvorstellungen zum Prinzip erheben, schwächen wir die notwendige Verantwortlichkeit vor Ort. Damit ist niemandem geholfen.
Unmögliche Umsetzbarkeit
Ein weiteres Problem der Initiative ist die Umsetzbarkeit. Es drängt sich nämlich die Frage auf, wie ein erstinstanzlicher Richter aus der Schweiz die Zeugenbefragungen oder Beweiserhebungen im Ausland vornehmen soll.
Wie soll ein regionales Bezirksgericht Untersuchungen z. B. im Amazonasgebiet oder irgendwo in Pakistan vornehmen? Solche länderübergreifenden Ermittlungen sind unwahrscheinlich aufwendig und teuer – und sie hängen davon ab, inwieweit Behörden und Gerichte in den betroffenen Staaten überhaupt bereit sind, daran mitzuwirken.
Erforderliche Rechtshilfevereinbarungen sind längst nicht überall und insbesondere in vielen Entwicklungsländern oder in Unrechtsstaaten nicht gegeben. Wie würden wir im Übrigen im umgekehrten Fall reagieren, wenn plötzlich Gerichtsbehörden aus Saudi-Arabien in der Schweiz zum Rechten schauen wollten?
Beweislastumkehr ist ein No-Go
Die Konzernverantwortungs-Initiative will die Klagemöglichkeiten gegen kleine und grosse Schweizer Unternehmen massiv ausbauen. Die Unternehmen haften sogar automatisch für Vorfälle von eigenständigen Drittfirmen, wenn diese von ihnen abhängig sind – zum Beispiel als Zulieferer oder als Empfänger von Darlehen.
Zudem bedeutet die vorgesehene Beweislastumkehr, dass der Kläger das Unternehmen ohne Beweise für sein Verschulden einklagen kann. Es obliegt dann den Firmen, sich im Gerichtsprozess zu entlasten. Das ist unfair.
Simple Frage, um den Mechanismus zu erklären: Wären Sie bereit, für etwas geradezustehen und die Verantwortung zu übernehmen, dessen Urheber oder Urheberin Sie nicht sind (z. B. eine Geschwindigkeitsbusse auf der Autobahn Ihres Onkels)? Damit würde unser Rechtssystem komplett auf den Kopf gestellt.
Der Gegenvorschlag ist der richtige Weg
Aus all diesen Gründen lehne ich die Konzernverantwortungs-Initiative, die eigentlich eine Unternehmensverantwortungs-Initiative ist (siehe Initiativtext im Abstimmungsbüchlein S. 18/19), am 29. November klar ab.
Mit der Schaffung von Ungerechtigkeit im Inland schafft man weltweit keine Gerechtigkeit. Die Initiative ist der falsche Weg, davon bin ich auch als Christin und praktizierende Katholikin zutiefst überzeugt.
Mit einem Nein aber wird der Weg frei für den griffigen und umsetzbaren Gegenvorschlag von Bundesrat und Parlament. Er tritt bei einer Ablehnung der Initiative automatisch in Kraft und bringt eine rasche Lösung. Sagen auch Sie deshalb Nein zur KVI!