Daniel Jositsch (SP): Die Konzern-Initiative schafft klare Regeln
Vernünftige Konzernhaftung wird mit juristischen Falschaussagen bekämpft. Ein Gastbeitrag von SP-Ständerat Daniel Jositsch zur Konzern-Initiative.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 29. November stimmt die Schweiz über die Konzern-Initiative ab.
- Hürden für Zivilklage blieben auch bei Konzernhaftung hoch, so SP-Ständerat Jositsch.
- Die Initiative sei eine vernünftige und liberale Regelung, so der Zürcher Strafrechtler.
Skrupellose Konzerne vergiften das Trinkwasser, vertreiben Menschen und zerstören ganze Landstriche. Die Konzernverantwortungsinitiative schafft endlich klare Regeln, um diesem Verhalten einen Riegel vorzuschieben.
Konzerne, die im Ausland schwere Menschenrechtsverletzungen anrichten, haben hingegen heute keine Konsequenzen zu befürchten. Diese Lücke will die Konzernverantwortungsinitiative schliessen.
Vernünftige und liberale Regelung
Sie schlägt eine angemessene, vernünftige und liberale Regelung vor, die sich lückenlos in das Instrumentarium einer modernen Rechtsordnung einfügt, wie wir es zum Beispiel von der Korruptionsbekämpfung kennen.
Die geforderten Sorgfaltspflichten sind angemessen, entsprechen internationalen Standards und sind eine Handlungs- nicht aber eine «Erfolgspflicht».
Das heisst: Bei grossen Risiken für Mensch und Umwelt müssen Massnahmen ergriffen werden, doch es ist keine «lückenlose Kontrolle der Lieferkette» erforderlich.
Von einer «Klagewelle» weit entfernt
Und bei der Haftung geht es darum, dass Konzerne für grobe Menschenrechtsverletzungen geradestehen müssen.
Die inhaltlichen und finanziellen Hürden für einen derartigen Zivilprozess von einem Schweizer Handelsgericht sind und bleiben auch mit der Konzernverantwortungsinitiative so hoch, dass auch jeder vernünftige Konzern-Jurist weder von einer «Klagewelle» noch von «erpresserischen Klagen» sprechen kann.
Gegner operieren mit Falschaussagen
Die Kampagne der Initiativgegner operiert mit vielen juristischen Falschaussagen. Insbesondere zum Begriff Beweislastumkehr kursieren falsche Aussagen.
Stellen wir klar: Kein Unternehmen wird bei der Konzernhaftung – wie behauptet – seine Unschuld beweisen müssen. Es sind vielmehr die Geschädigten, welche vor dem Zivilgericht stichhaltige Beweise vorzulegen haben, dass ein Schaden an Menschen oder Umwelt entstanden ist.
Und sie müssen beweisen, dass dieser Schaden einen kausalen Zusammenhang mit einem widerrechtlichen Verhalten einer Firma hat, die zu einem schweizerischen Konzern gehört.
Und selbst wenn ein Gericht aufgrund der vorgebrachten Tatsachen und Beweise einen durch das Unternehmen verursachten kausalen Schaden feststellt, kann das Unternehmen noch immer beweisen, dass es alles unternommen hat, um seiner Verantwortung und Sorgfaltspflicht nachzukommen.
Das Unternehmen darf also zur Entlastung nachweisen, dass es sich zur Erfüllung seiner Pflichten gut organisiert hat und dass es die entsprechenden Prozesse aufweist und sie umgesetzt hat.
Gegner argumentieren dreist
Vor diesem Hintergrund ist es schon höchst erstaunlich, wie dreist die Gegner argumentieren.
So behauptete Valentin Vogt, der Präsident des Arbeitgeberverbandes, kürzlich in der NZZ Folgendes: «Das Tüpfchen auf dem i ist ja die Umkehr der Beweislast. Das wäre, als ob Sie mit 30 km/h durch Zürich fahren, ein Polizist Sie anhalten und sagen würde, er glaube, Sie seien 50 km/h gefahren, und Sie müssten ihm jetzt das Gegenteil beweisen.»
Dieses Beispiel ist kreuzfalsch. Kein Polizist wird wegen dieser Initiative je einer Schweizer Firma sagen, sie habe gegen das Gesetz verstossen.
Und kein Konzern wird seine Unschuld beweisen müssen. Die Konzernhaftung ist eine gebräuchliche zivilrechtliche Lösung, wie wir sie seit Jahrzehnten in der Geschäftsherrenhaftung kennen.
Eine unternehmerfreundliche und vernünftige Regelung
Die Initiative schlägt also eine unternehmerfreundliche und vernünftige Regel vor. Den Gegnern fehlen sichtlich die stichhaltigen Argumente.
Umso wichtiger ist es, dass nun die vielen vernünftigen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger an die Urne gehen. Die heutige rechtliche Situation ist schädlich für unsere Wirtschaft, denn sie bevorzugt die Falschen.
Sie macht es jenen einfach, die sich über die grundlegendsten Regeln hinwegzusetzen. Die unanständigen Akteure haben dadurch einen Wettbewerbsvorteil und die Benachteiligten sind die kleinen KMUs und die anständigen Konzerne, die sich vorbildlich benehmen.
In unserer Marktwirtschaft hat Verantwortungslosigkeit keinen Platz. Darum sage ich am 29. November Ja zur Konzernverantwortungsinitiative.