Daniel Koch: Darum sollten wir uns wie Sportler verhalten
Bei all den Krisen dieser Welt fällt es schwer, Glück zu empfinden. Jedoch könnten uns laut Daniel Koch diesbezüglich gerade Sportler als Vorbild dienen.
Das Wichtigste in Kürze
- Daniel Koch ist Nau.ch-Kolumnist.
- In seinem neusten Beitrag spricht er über das Glücklichsein.
- Koch meint, wir sollten uns diesbezüglich ein Beispiel am Sport nehmen.
«Freude herrscht» ist wohl der berühmteste Spruch von Altbundesrat Adolf Ogi. Aber weder das aktuelle Sommerwetter noch die Weltlage lädt zu grossen Freudensprüngen ein. «Krieg, Terrorismus, Klimawandel, zunehmend autoritäre Regierungen, Links- und Rechtsextremismus, grössenwahnsinnige Diktatoren und solche, die es gerne werden möchten, Hass und Gewalt» – Schlagzeilen, die die Medien aktuell prägen.
Kann und darf man in einer solchen Welt noch glücklich sein? Und was ist ein glückliches, zufriedenes Leben?
Politik muss Rahmenbedingungen für Glück schaffen
Wenn ich die Präsidentschaftskandidaten in den USA im Fernsehen sehe, scheinen mir weder Donald Trump noch Joe Biden besonders glückliche Menschen zu sein. Der eine ist böse und verbittert, der andere verwirrt und alt.
Mit anderen Worten, weder das Alter noch Reichtum oder Macht scheinen Menschen besonders glücklich zu machen. Da strahlt die neue Kandidatin Kamala Harris schon eher mit ihrem frischen Lachen Lebensfreude aus – zumindest vor den Kameras.
Aber die verantwortlichen Politiker dieser Welt müssen ja nicht das «Glücklichsein» vorleben, sondern sie müssten eigentlich die Rahmenbedingungen schaffen, damit die Menschen in allen Ländern ein glückliches Leben führen könnten. Ein Ziel, das noch weit entfernt ist.
Sportlerinnen und Sportler wissen, wie's geht
Vielleicht könnten wir uns in der Zwischenzeit an Ereignissen inspirieren, bei denen offensichtlich Freude herrscht. Da sind zum Beispiel der Eurovision Song Contest, die Euro 24 oder die Olympischen Spiele in Paris.
Solche Grossveranstaltungen sind riesige Publikumsmagneten und die Massen tanzen, feiern und freuen sich. Die Euphorie ist riesig, aber doch eher kurzfristig und viele fühlen sich am nächsten Tag kaum glücklicher und zufriedener, sondern eher verkatert.
Und die Akteure? Sieger sind überschwänglich glücklich und Verlierer zu Tode betrübt. Und doch zeigen die meisten jugendlichen Sportler und Künstler etwas, das auch für mich persönlich ein Vorbild ist.
Die allermeisten sind zufrieden, dass sie mitmachen konnten und durften. Die allermeisten von ihnen scheinen glückliche Menschen zu sein. Das bedeutet nicht, das sie oberflächlicher sind und sich nicht um die Welt und ihre Probleme kümmern.
Aber sie haben hart trainiert und etwas erreicht, was andere nicht erreicht haben. Sie haben sich im friedlichen Wettkampf gemessen und Leistungen erbracht, auf die sie stolz sein können.
Fairness und Respekt als Leitgedanke
Im sportlichen wie in künstlerischen Wettkämpfen geht es ja nur darum, besser zu sein als die Konkurrenz, ohne dem Gegner zu schaden.
Fairness und Respekt gegenüber allen anderen ist doch gerade das, was wir so häufig in der Politik, in der Wirtschaft oder auch im Alltag vermissen.
Auch im Sport braucht es Regeln und Schiedsrichter, aber selbst die Bösen auf dem Schwingplatz steigen nicht in den Ring, um den Gegner zu verletzen.
Klar gibt es auch unfaire Sportler, aber es sind kaum die, die die grössten Erfolge feiern und glücklich in die Kameras strahlen.
Positive Gedanken als Schlüssel zum Glück?
Und klar, gibt es auch die grossen Enttäuschungen, wie die von Marlen Reusser, die wegen einer Krankheit die Olympischen Spiele verpasst. Aber sie schaut schon wieder positiv in die Zukunft und auf die kommenden Herausforderungen.
Vielleicht hilft es, glücklich zu sein im Leben, wenn wir uns wie Sportler verhalten: Fairness und Respekt sind der Leitgedanke. Die beste Leistung zu erbringen, die wir können, ist das Ziel. Und uns positiv neu zu orientieren, wenn es gerade nicht so rundläuft wie erhofft. Vielleicht wird dann auch die Welt besser und friedlicher – ganz im Sinne des ursprünglichen olympischen Gedankens.
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Zum Autor: Daniel Koch war zwischen 2008 und 2020 Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). Er ist der Öffentlichkeit als «Mister Corona» bekannt und schreibt nun regelmässig Kolumnen auf Nau.ch. Koch lebt im Kanton Bern und hat im letzten Jahr die Ukrainerin Natalia geheiratet.