Was, wenn Solo-Sex erfüllender ist als mit dem Partner?
Die Selbstbefriedigung – oder auch Solo-Sex genannt – wird noch immer viel zu oft mit Scham und Tabus behaftet. In Partnerschaften kann es beflügeln.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Vorteile von Solo-Sex sind vielfältig.
- Selbstbefriedigung in einer Partnerschaft kann aber auch zum Problem werden.
- Hier kommen Tipps und Tricks von Sexualberaterin Sandra Torokoff.
Es gibt diese Momente, in denen man unter der Dusche steht, das Wasser läuft und der Körper sich langsam entspannt. Oder wenn man sich gerade schlafen legt und der Gedanke kommt: «Warum nicht?»
Ein kleines Gefühl der Vorfreude, das Herz schlägt schneller, das Kopfkino beginnt. Und plötzlich ist da diese Lust, diese unaufdringliche Einladung zur Selbstbefriedigung.
Scham und Tabus
Die Selbstbefriedigung – oder auch Solo-Sex genannt – wird leider noch immer viel zu oft mit Scham und Tabus behaftet.
Dabei ist sie doch eine wunderbare Form der Selbstfürsorge. Nicht nur körperlich, sondern auch seelisch.
Es gibt kaum eine bessere Möglichkeit, den eigenen Körper zu entdecken und gleichzeitig das emotionale Wohlbefinden zu fördern.
Vielfältige Vorteile von Solo-Sex
Die Vorteile von Solo-Sex sind vielfältig: Er reduziert Stress, baut Spannungen ab – und stärkt das Gefühl der sexuellen Selbstsicherheit.
Denn: Wenn wir uns selbst kennen und wissen, was uns guttut, sind wir auch in der Lage, diese Bedürfnisse mit einem Partner zu teilen.

In einer Beziehung ist es dadurch keineswegs ein Widerspruch, sich selbst zu befriedigen. Ganz im Gegenteil: Es kann sich sogar äusserst positiv auf das Sexualleben mit dem Partner auswirken.
Wer weiss, was ihn selbst erregt und was er braucht, kann eben auch dem Partner ein besseres Verständnis für die eigenen Wünsche und Bedürfnisse vermitteln. Was wiederum ein aktiver Beitrag zur sexuellen Kommunikation ist.
Gibt es eine richtige Methode?
Doch wie funktioniert das Ganze eigentlich? Gibt es eine «richtige» Technik? Die Antwort lautet: Nein, es gibt sie nicht, die eine Methode, welche für alle funktioniert.
Vielmehr ist Solo-Sex eine persönliche Entdeckungsreise.
Du bist auf deiner eigenen Spielwiese, kannst experimentieren, neue Dinge ausprobieren und herausfinden, was dir gefällt.

Klopfen, streicheln, zupfen, reiben oder drücken; mit oder ohne Toys– die Möglichkeiten sind unendlich und abhängig von deiner Lust und deinen Vorlieben.
Nimm dir Zeit, sei geduldig mit dir selbst und geniesse den Moment.
Wann wird Selbstbefriedigung in der Partnerschaft zum Problem?
Selbstbefriedigung in einer Partnerschaft kann dann zum Problem werden, wenn sie zunehmend den Sex mit dem Partner oder der Partnerin verdrängt.
Das kann beispielsweise dann passieren, wenn du die Selbstbefriedigung mehr geniesst als den Sex mit deinem Partner, weil du dich bei letzterem nicht so erregt fühlst oder die körperliche Nähe nicht dasselbe Vergnügen bereitet.
Wenn du dich ausschliesslich bei der Selbstbefriedigung richtig gut erregen kannst, stellt sich die Frage, warum das so ist.
Stell dir vor: du hast vielleicht immer diese eine Art, wie du dich stimulierst und du merkst, dass diese Art so nicht kompatibel mit deiner Paarsexualität ist.
Nicht gleicher Druck und Tempo
Möglicherweise wird in der Paarsexualität nicht der gleiche Druck oder das gleiche Tempo ausgeübt, wie du es dir angewöhnt hast. Oder die eine Stelle, die du so magst, wird nicht berührt.
So kann es passieren, dass für dich die Paarsexualität nicht mehr gleich interessant ist wie die Solosexualität.
Genau hier bietet sich die wunderbare Möglichkeit, dein Repertoire zu erweitern, um auf eine Vielzahl verschiedener Impulse reagieren zu können. Und dadurch vielleicht auch in der Paarsexualität mehr Genuss zu erleben.
Wie du dein Repertoire erweitern kannst
Es gibt einen faszinierenden Aspekt in der Entdeckung des eigenen Körpers und seiner Lust: Die Möglichkeit, immer wieder neue Reize zu erleben und zu verstehen.
Nicht falsch verstehen: was du bisher gelernt hast, ist grossartig und funktioniert gut, behalte es auf jeden Fall bei. Aber vielleicht hast du ja Lust, dein Repertoire noch mehr zu erweitern, neue Wege zu gehen und etwas anderes auszuprobieren.
Es könnte der Beginn einer spannenden Reise sein.
Geduld ist der Schlüssel
Der Weg der Entdeckung braucht seine Zeit. Es dauert, bis Neues im Gehirn und im Körper verankert wird. Wenn du etwas Neues ausprobierst, sei nicht enttäuscht, wenn nicht sofort die erhoffte Lust oder der Genuss eintritt.
Neugelerntes braucht immer Wiederholung. Nur so kann sich eine neue Erfahrung wirklich festsetzen und das volle Potenzial entfalten.
Kleine Veränderungen mit grosser Wirkung
Vielleicht ist der erste Schritt lediglich kleine Veränderungen vorzunehmen. Statt alles beim Alten zu lassen, kannst du versuchen, mit dem, was du bereits kennst, zu spielen.
Was passiert, wenn du beim Reiben mal mehr oder weniger Druck ausübst? Was, wenn du es schneller oder langsamer machst als gewohnt?
Manchmal kann schon die kleinste Veränderung im Tempo oder in der Intensität den Unterschied ausmachen und neue Empfindungen auslösen.

Körper genau beobachten
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, deinen Körper genauer zu beobachten. Liegt er eher ruhig da? Versuch doch mal, dein Becken ein wenig zu bewegen, vielleicht in kleinen Kreisen oder in rhythmischen Bewegungen. Wie fühlt sich das an? Diese kleinen Veränderungen sind der Schlüssel zu mehr Bewusstsein für deinen Körper und die unterschiedlichen Empfindungen, die er dir bietet.
Der Weg zur bewussten Wahrnehmung
Selbstbeobachtung ist ein wichtiger Teil der Entdeckungsreise. Beim Solo-Sex ist es besonders wertvoll, sich bewusst Zeit zu nehmen und den eigenen Körper wahrzunehmen.
Jeder Lustpunkt, jede kleine Stelle, die ein bisschen mehr Zuwendung braucht – das alles ist Teil der Reise. Wenn du dich auf deinen Körper einlässt, kannst du eine ganz neue Dimension des Genusses erleben.
Also, warum nicht? Wenn du dich das nächste Mal in die Dusche stellst oder kurz vor dem Schlafengehen noch einmal in deinen Körper eintauchst, sei dir sicher: Es ist nicht nur okay, es ist sogar gesund.
Zur Person: Die Bernerin Sandra Torokoff ist Beraterin rund um das Thema Sexualität, hat zwei Kinder und ist verheiratet.