Ehe für alle: Ein Brief an die Nein-Stimmenden
Nie zuvor wurde unser Kolumnist von einer Abstimmung so herausgefordert. In seinem «Wort zum Freitag» richtet er sich an die Gegner der Vorlage.
Das Wichtigste in Kürze
- Sam Urech aus dem Zürcher Oberland ist Halleluja-Kolumnist auf Nau.ch.
- Den Autor erreichen Sie via samurech.ch oder auf Social Media.
Mein Bruder ist schwul, er ist wie ich als Pastorensohn in einer kleinen Freikirche aufgewachsen. Wer sich für unsere Geschichte interessiert, darf gerne hier klicken.
Ich kenne alle Bibelstellen über Homosexualität und glaube zu verstehen, in welchem Kontext sie jeweils stehen.
Also ob sie wirklich die Homosexualität als Liebesempfindung angreifen – oder andere Formen, wie zum Beispiel homosexuelle Ausschweifungen von eigentlich Heterosexuellen.
Natürlich kenne ich auch diejenigen Bibel-Passagen, die teilweise homoerotisch ausgelegt werden: die Romantik zwischen David und Jonathan oder Rut und Naomi.
Ausschluss ist brutal
Es geht mir nicht darum, Sie anhand der Bibel von einem «Nein» abzubringen. Nach der Schlammschlacht der letzten Monate ist Ihre Meinung ohnehin bestimmt durchdacht.
Es geht mir darum, dass Sie sich bewusst sind, was Sie mit diesem Nein bewirken. Derzeit gibt es Menschen in unserem Land, die von einer Zweiklassengesellschaft rund um die Corona-Massnahmen sprechen.
Dass man etwas in unserem Land nicht darf, empfinden viele als störend. Ausgeschlossen zu werden, ist brutal.
Mit einem Nein am Sonntag werden viele Menschen ausgeschlossen. Nicht temporär aus einem Restaurant, sondern dauerhaft von der Chance auf Ehe und Familie.
Ablehnung einer Identität
Die Homosexuellen werden dabei nicht wegen eines Gesundheitsstatus ausgeschlossen, den sie mit Impfung oder Test ändern könnten – nein, sie werden in ihrer tiefsten Identität abgelehnt.
Wenn Ihnen jemand sagen würde: «So, wie du bist, möchte ich nicht, dass du Kinder kriegst. Du würdest deine Kinder zerstören.» Wie fühlt sich das an?
In den letzten Monaten beobachtete ich schreckliche Auswüchse dieses Abstimmungskampfes. Eigentlich emphatische Menschen vergassen plötzlich, was sie da sagten.
Knappes Resultat
Der Kollateralschaden dieses Referendums ist gigantisch. Gut, ist es bald vorbei. Wobei ich davon ausgehe, dass die Abstimmung enger ausfallen wird als angenommen und sich die Gegner bei der knappen Niederlage als moralische Sieger fühlen.
Entsprechend wird wohl auch in Zukunft versucht, im Namen Gottes oder des ungeborenen Kindes Rechte von Homosexuellen zu beschneiden. Was Sie dabei jeweils abstimmen, ist Ihre Sache.
Aber falls Ihnen christliche Werte wichtig sind, lege ich Ihnen ans Herzen, immer zu überlegen, was Sie auslösen. Und sich zu fragen, ob sich das Ihrer Meinung nach wirklich lohnt.
***
Zum Autor:
Sam Urech ist 37-jährig, verheiratet und Vater von zwei Buben. Mit seiner Familie besucht er die Freikirche FEG Wetzikon. Sam ist selbstständiger Kommunikationsberater und in Ausbildung zum Seelsorger.
Er liebt seine Familie, Gimmelwald, Schwarzmönch Black Ale, den EHC Wetzikon, Preston North End und vor allem Jesus Christus. Sam schreibt wöchentlich auf Nau.ch über seine unverschämt altmodischen Ansichten. Wenn Sie hier klicken, finden Sie alle seine Halleluja-Kolumnen.
Fragen oder Anregungen? Sie erreichen Sam via samurech.ch.