Fordert die Bibel, dass ich mein Kind verprügle?
Das Wichtigste in Kürze
- Sam Urech aus dem Zürcher Oberland ist Halleluja-Kolumnist auf Nau.ch.
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Es gibt viele schwerverdauliche Bibelstellen. Am meisten zu schaffen macht mir diese: «Wer seine Rute schont, der hasst seinen Sohn; wer ihn aber lieb hat, der züchtigt ihn bald.»
Leider wurde und wird diese Bibelstelle gerne als Legitimation angeschaut, Kinder mit Schlägen zu bestrafen.
Wir sprechen hier nicht von einem «Klaps» aus Überforderung, dem sofort Reue und eine Entschuldigung folgen. Wir sprechen von geplanten Bestraf-Schlägen.
Ein fieser Gott?
Dem Kind wird mit obgenannter Bibelstelle vermittelt, dass es dankbar für die Prügel sein müsse, weil es doch ein «Akt der Liebe» wäre.
Und das Kind meint prompt, dass Gott so etwas fordern würde. Gott also ein fieser Gott sei. Und das alles im Namen der Liebe.
So traurig.
Schwierige Bibelstelle: Was tun?
Bei unangenehmen Bibelstellen gibt es wie immer verschiedene Herangehensweisen.
1. Wir halten uns an die strittige Aussage, wie wir sie verstehen. Gegen jedes Bauchgefühl, notfalls gegen jede Menschlichkeit. Einfach lesen und umsetzen.
2. Wir reden uns ein, dass wir die Bibel nicht zu wörtlich nehmen dürften, vergessen die Stelle und lesen schnell weiter.
3. Wir forschen im Urtext der Bibel nach und überprüfen, in welchem Zusammenhang die Stelle erwähnt ist und wie genau der Wortlaut ist. Wurde die Stelle richtig übersetzt?
4. Wir sehen die Bibel als Ganzes, beten und überlegen uns, was Gott wichtig ist, was er uns mitteilen will. Wir nehmen also nicht einen einzelnen Vers, sondern betrachten ihn immer im Gesamtzusammenhang des christlichen Glaubens.
Die erste Herangehensweise erachte ich als schrecklich dumm. So entsteht Fanatismus, ein religiöser Wahn, der die Liebe erstickt.
Wer sich mit dieser Herangehensweise der Bibel nähert, sollte sie besser zur Seite legen und Gott zuerst bitten, dass er die eigene Verbitterung und den überbordenden Stolz heilt.
Die zweite Herangehensweise mag ich auch nicht. Ich richte nicht mein Leben nach einem Buch aus, dem ich nicht ganz trauen kann. Einfach ausblenden, die Zweifel? Nicht sinnvoll.
Erziehen, nicht verprügeln!
Zur dritten Herangehensweise: Ich bin kein Theologe. Aber ich bilde mir gerne eine Meinung, nachdem ich Auslegungen von Theologen prüfte.
Die eingangs erwähnte Bibelstelle kann ganz anders übersetzt werden, wie ein weiser katholischer Theologe aufzeigt. Er übersetzt den hebräischen Urtext so: Wer als Eltern seiner Verantwortung für sein Kind nicht nachkommt, schadet ihm; wer es liebt, versucht es zu erziehen.
So macht dieser Vers total Sinn. Man zeigt Kindern nicht seine Liebe, indem man immer das tut, was sie wollen. Auf keinen Fall!
Aber Erziehung darf in meinen Augen nicht gewalttätig sein. Und auf gar keinen Fall im Namen Gottes.
Gott ist die pure Liebe
Die vierte Herangehensweise birgt Gefahren in sich, schon klar. Zum Beispiel die Gefahr der Verwässerung. Dass man sich seinen eigenen Glauben zusammenzimmert und nur noch das glaubt, was gerade angenehm ist.
Aber nur weil etwas gefährlich scheint, heisst es noch lange nicht, dass es falsch ist.
Darf man die Bibel «interpretieren» und im Zusammenhang sehen?
Wer ist Gott? Er ist die Liebe. Was will Gott? Er will, dass wir verstehen, dass Er uns über alles liebt. So sehr, dass er sogar seinen eigenen Sohn sterben liess für unsere Freiheit.
Er will unser Vertrauen. Er will eine Freundschaft mit uns. Er will, dass wir seine Liebe erkennen und weitergeben können.
Will solch ein Gott, dass ich in seinem Namen mein Kind mit einer Rute schlage? Natürlich nicht.
Zum Autor
Sam Urech ist 36-jährig, verheiratet und Vater von zwei Buben. Mit seiner Familie besucht er die Freikirche FEG Wetzikon. Sam hat viele Jahre beim Blick als Sportjournalist gearbeitet und ist heute Inhaber der Marketing Agentur «RatSam».
Er liebt seine Familie, seine Kirche, Guinness, Fussball, Darts, den EHC Wetzikon, Preston North End und vor allem Jesus Christus. Sam schreibt wöchentlich auf Nau.ch über seine unverschämt altmodischen Ansichten. Hier finden Sie alle seine Halleluja-Kolumnen.
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