Zu wenig Sex – zu viel Zuwanderung?
Nau.ch-Kolumnistin Verena Brunschweiger sagt: Kinderlose Frauen sind glücklicher. Stimmt nicht, findet Leserin Felizitas Fluri. Und schickt diesen Gastbeitrag.
Das Wichtigste in Kürze
- Frauen ohne Kinder seien glücklicher – diese Aussage versetzt Felizitas Fluri in Rage.
- Der Staat sollte Grossfamilien ab drei Kindern fördern, findet Fluri.
- Und weiter: Wir brauchen Zuwanderung, weil die Geburtenrate sinkt.
Zugegeben, nach vier Kindern hat die Häufigkeit von Sex in der Beziehung etwas abgenommen. Es liegt wohl nicht nur an den Kindern, eher an den gesamten Lebensumständen, die sich verändert haben. Dazu gehört der Alltag, ausgebuchte Abende, Hormonveränderungen im Alter, und sicherlich auch eine gewisse Routine.
In den meisten Fällen wurde eben aus dem Verliebt sein Liebe. Das tönt langweilig, ist aber immer noch das, was die meisten im Leben anstreben: wahre Liebe, die hält, bis dass der Tod sie scheidet.
Selten habe ich mich so aufgeregt
Mich in Rage zu bringen versuchen auf der Social-Media-Plattform X (ehemals Twitter) tagtäglich viele. Nau.ch-Kolumnistin Verena Brunschweiger hat das mit dem Artikel «Haben kinderfreie Paare besseren Sex?» geschafft.
Selten habe ich mich über einen Artikel so aufgeregt. Es sind Sätze wie: «Haben kinderlose Menschen besseren Sex», «Kinder haben einen negativen Einfluss auf Beziehungen» oder «Kinderlose Frauen seien die glücklichste Untergruppe». Das Fass zum Überlaufen brachte aber wohl der Satz: «Frauen sind glücklicher ohne Kinder oder einen Ehepartner.»
Alle suchen die grosse Liebe
Ich bin sicher, dass es Leute gibt, die so empfinden, aber ist dies die Mehrheit? Das denke ich nicht. Die meisten Frauen und Männer, würde ich behaupten, wünschen sich einen Partner und auch Kinder.
Oder weshalb sind die Dating-Plattformen so voll mit Leuten, die nach der grossen Liebe suchen? Oder weshalb titelte der «Tagesanzeiger» am 16. Januar 2017: «Wir erwarten einen Boom bei der künstlichen Befruchtung».
Der Staat sollte Grossfamilien (ab drei Kinder) fördern
Kinder haben einen wesentlichen Einfluss auf die Wirtschaft. Am 7. September 2017 titelte die «Wirtschaftswoche»: «Wie der Staat von Kinderreichen profitiert».
Das Fazit von dem Artikel: «Bekommt eine Familie mit zwei Kindern, mittleren Einkommen und mittleren Lebenslauf der Mutter ein drittes Kind mit mittlerem Bildungsstand, ergibt sich ein positiver gesamtfiskalischer Wert in Höhe von 58'700 Euro. Erreicht es sogar einen hohen Bildungsabschluss liegt der Wert bei 448'500 Euro.»
Wir brauchen Zuwanderung, vor allem Kinder
Niemand in der Schweiz sollte sich über Zuwanderung aufregen, der nicht nach Möglichkeit mindestens drei Kinder hat, oder haben kann/möchte.
Sind wir für einmal realistisch, wir brauchen Zuwanderung (damit meine ich vor allem Familien mit Kindern), aus dem simplen Grund, weil die Geburtenrate in der Schweiz sinkt. Die Zahlen sprechen für sich. Dazu mehr im Artikel von der «NZZ» vom 5. April 2024.
Wie können wir diesen Trend wenden? Klar braucht es Kinderbetreuung, die finanzierbar ist. Ich klammere da die Betreuung durch die eigenen Eltern nicht aus. Es wäre sicher möglich, dies über weitere Kinderzuschläge attraktiver zu gestalten.
In meinen Augen braucht es aber in erster Linie ein Umdenken in der Gesellschaft. Nur so schaffen wir es, als Gesellschaft gesund zu wachsen. In sämtlichen Bereichen, aber auch im Bereich der Geburtenrate.
Ein Hoch aufs Kinderkriegen
Logisch, Kinder sind anstrengend. So what? Sport treiben ist auch anstrengend, trotzdem treiben diverse Menschen Sport. Ich sehe selten Leute beim Sport mit einem Lächeln im Gesicht. Die wenigsten sehen glücklich aus, während dem sie mit dem Velo einen steilen Berg hochfahren.
Genauso ist es auch mit dem Kinderkriegen: Es macht nicht immer Spass, aber es lohnt sich längerfristig.
Generation Beziehungsunfähig
Vor einer Weile bestätigte mir eine Eheberaterin, dass sich heutzutage Paare zu schnell trennen. Wo man früher zu lange gewartet hat, gibt man heute zu schnell auf.
Ursula Nuber ist Diplompsychologin und machte folgende Aussage im «Spiegel» am 4. Oktober 2020: «Viele spätere Konflikte lassen sich auf frühe Beziehungserfahrungen zurückführen.» Der «Spiegel» fragt: «Abhängigkeit ist in Ihren Augen nichts Schlechtes?» «Nuber: Richtig. Natürlich gibt es Abhängigkeit, die negativ ist-dann, wenn man sich selbst aufgibt. Aber die Abhängigkeit, die ich meine, ist völlig normal, wir alle brauchen die Zuwendung, die Anerkennung und die Liebe eines nahen Menschen.»
Noch nie waren junge Menschen so «frei und unabhängig» wie heute. Und trotzdem sind Bindungsängste weit verbreitet. Auch das könnte ein Grund sein, weshalb junge Menschen im gebärfähigen Alter auf Kinder verzichten. Sich schon beim Gedanken, sich um ein Kind zu kümmern, überfordert sind.
Geben wir den Kids wieder mehr Platz
Wir brauchen eine «Willkommenskultur» gegenüber Kindern.
Ob das im Restaurant, auf dem Familienfest, im Zug oder als Grosseltern ist. Wir sollten Eltern ermutigen, gerade diejenigen, deren Kind im Einkaufzentrum ein Trotzanfall hat. Wir sollten ihnen wohlwollende Blicke entgegenschicken. Ihnen vielleicht sagen: «Oh, das habe ich auch erlebt. Das geht vorbei».
Persönlich bin ich der Meinung, dass wir alle lernen sollten, Kinder besser «auszuhalten». Als Eltern, als Nachbarn, als Gesellschaft.
Auch ich bin es am Lernen, hier in den Ferien am Computer mit meinen vier Kindern. Im Wohnwagen.
Zur Autorin: Felizitas Fluri ist Unternehmerin und Mutter von vier Kindern. Sie ist eine selbsternannte Hardlinerin der SVP.