Geburt Jesu in der Krippe: Heute gäbe es eher Stress als Stroh
Kolumnistin Mirjam Walser fragt: Wie würde die Weihnachtsgeschichte heute ausgehen? Eines vorweg: Das Jesuskind hätte wohl eher Stress als Stroh im Stall.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Weihnachtsgeschichte vermittelt Liebe, Frieden und Barmherzigkeit.
- Wird die Weihnachtsgeschichte in die heutige Zeit versetzt, kommen ganz andere Werte raus.
- Kolumnistin Mirjam Walser nimmt dies zum Anlass, ein wahres Fest der Liebe anzuregen.
In vielen Schweizer Wohnzimmern wird jetzt wieder die Weihnachtskrippe aufgestellt: Maria und Josef knien vor der Krippe, das Jesuskind ruht friedlich im Stroh. Im Stall stehen ein Ochse, ein Esel und vielleicht einige Schafe, die Ruhe und Geborgenheit ausstrahlen.
Eine Idylle, die den Zauber von Weihnachten verkörpert. Egal, ob religiös oder nicht – die Symbolik von Liebe, Frieden und Zusammenhalt ist universell.
Doch so aktuell diese Werte auch heute noch sind – in unserer Zeit würde die Weihnachtsgeschichte wohl ganz anders ausgehen.
Hätten Maria und Josef in diesen Tagen einen Stall gesucht, um Schutz zu finden, wären sie kaum auf einen Ort der Ruhe und des Friedens gestossen. Stattdessen hätten sie eine Realität vorgefunden, die von Enge, Stress und Lärm geprägt ist – weit entfernt von Harmonie und gemütlich Heu kauenden Tieren.
Kein Platz im Stall – für Jesus oder Maria
Moderne Ställe könnten kaum weiter entfernt sein vom Bild der beschaulichen Weihnachtskrippe. Es sind keine Orte der Ruhe. Sie sind beengend, laut und dunkel. In der Intensivhaltung, die besonders in der Geflügel- und Schweineproduktion vorherrscht, bleibt kein Platz für Idylle. Manche Tiere weisen sogar aggressives Verhalten auf.
Wäre das Jesuskind in einem solchen Stall geboren worden, hätte es vermutlich als Erstes eine Infektion aufgeschnappt. Und statt das Kind zwischen sich aufzunehmen, hätten die gestressten Hühner ihm wohl eher ein Auge ausgehackt.
Platz für die Heilige Familie? Fehlanzeige. Hühner in Intensivhaltung haben oft nicht mehr als ein A4-Blatt Raum.
Auch in einem Schweinestall sieht es nicht besser aus. Maria hätte sich kaum zwischen den riesigen 100-Kilogramm schweren Mastschweinen ausruhen können. Die Tiere hätten sie schlichtweg zerdrückt. Denn ihr Lebensraum in der Intensivhaltung ist oft nicht grösser als der Platz, den eine 90 Zentimeter breite Matratze einnimmt.
Diese Zustände machen eines klar: Das Bild vom friedvollen Stall, wie wir es uns auch in der Weihnachtsgeschichte vorstellen, hat leider nichts mit der heutigen Realität der Tierhaltung zu tun.
Ein wahres Fest der Liebe
Die Weihnachtsgeschichte vermittelt die Werte von Liebe, Frieden und Barmherzigkeit. Weihnachten ist der ideale Anlass, diese Werte zum Ausdruck zu bringen und ein echtes Fest der Liebe zu feiern – auch für die Tiere. Ihr Leben zu bewahren, statt es für das Rollschinkli zu opfern, ist das grösste Geschenk, das wir ihnen machen können.
Dafür braucht es nicht einmal ein Weihnachtswunder. Die Umsetzung ist viel einfacher: mit der Wahl eines pflanzlichen Weihnachtsmenüs.
Wer jetzt in Panik gerät und denkt, dieses Jahr gibt es nur Heu und Stroh auf dem Teller: Keine Sorge! Hier ein Menüvorschlag für ein genussvolles Fest – natürlich komplett vegan.
Als Vorspeise ein winterlicher Blattsalat mit gerösteten Nüssen, Birnen und Fenchel, verfeinert mit einer Ahornsirup-Sojajoghurt-Sauce. Zum Hauptgang einen veganen Braten aus Seitan oder Erbsenprotein, den es im Detailhandel zu kaufen gibt. Dazu glasierte Karotten und cremige Pilz-Sojarahmsauce mit Bandnudeln.
Und zum Dessert ein himmlisches Vermicelles, das sowieso vegan ist, mit Vanilleglacé aus Haferdrink.
Dieses Weihnachten haben wir die Chance, ein Fest der Liebe und des Mitgefühls wirklich für alle zu feiern. In diesem Sinne wünsche ich frohe Festtage und einen guten Appetit!
Zur Person: Mirjam Walser (38) schreibt auf Nau.ch regelmässig zum Thema Veganismus und Tierrechte. Als Coach und Gründerin der Vegan Business School ist sie Expertin für veganes Unternehmertum und vegane Innovationen.