Live-Sport: Ein Trumpf im Angebot der SRG
Die Halbierungsinitiative der SVP hätte massive Folgen für die SRG. Ein Gastbeitrag von Mark Balsiger.
Das Wichtigste in Kürze
- Mark Balsiger ist Geschäftsführer der Allianz Pro Medienvielfalt.
- Mit einer halbierten SRG bliebe der Live-Sport auf der Strecke.
- Was die SRG an Live-Sport biete, sei ein Trumpf, sagt Balsiger.
Seit drei Jahren sorgt die Halbierungsinitiative der SVP für Diskussionen. Wenn das Stimmvolk sie annimmt, würde das Budget der SRG halbiert.
Das hätte massive Folgen für das viersprachige Angebot von Radio, Fernsehen und Online-Plattformen des öffentlichen Medienhauses.
30 verschiedene Sportarten live
Ein Schlaglicht auf den Bereich Sport: Die Schweiz ist eine Sportnation.
Sport sorgt für Emotionen, verbindet über Sprachgrenzen hinweg und animiert zum Mitmachen – ambitioniert, als Hobby oder zum Zuschauen am Bildschirm.
Die SRG überträgt rund 30 verschiedene Sportarten regelmässig live.
Es profitieren nicht nur Fussball und Ski alpin, die hohe Quoten bringen, sondern viele andere wie Unihockey, Beachvolley oder Curling.
In der Leichtathletik hat die regelmässige Berichterstattung einen regelrechten Boom ausgelöst: Im Sog der Kambundji-Schwestern, Angelica Moser, Simon Ehammer, Dominic Lobalu und anderen Weltklasse-Cracks zieht es immer mehr Teenager zu dieser Sportart.
Lauberhorn-Bilder der SRG gehen um die Welt
Ein zweites Beispiel: Die Lauberhorn-Abfahrt gilt als eine der anspruchsvollsten der Welt. Sicher ist, dass sie am Bildschirm die attraktivste ist.
Das liegt an einem eingespielten und hoch motivierten Team der SRG. Es zeigt den Wettkampf von mehr als 40 verschiedenen Positionen aus, eine einzelne Kamera schiesst bis zu 1000 Bilder pro Sekunde.
Was uns in die warme Stube geliefert wird, ist eine technische Meisterleistung. Private könnten das nicht auf demselben Niveau leisten, weil solche Übertragungen zu kostspielig wären.
Es droht ein Rumpfprogramm
Sollte die Halbierungsinitiative angenommen werden, könnte die SRG nur noch ein Rumpfprogramm anbieten: Informationssendungen und etwas Kultur.
Für Unterhaltung à la «Tschugger» und Live-Sport wie beispielsweise die Lauberhornrennen oder Weltklasse Zürich – es wäre schlicht kein Geld mehr vorhanden.
Der ehemalige Gewerbeverbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler, der seit vielen Jahren unerbittlich und laut gegen die SRG trommelt, schlug unlängst in einer Kolumne auf Nau.ch vor, dass man nebst dem Bereich Information alles dem freien Markt überlässt.
Deshalb spielt der freie Markt nicht
Doch mit dem freien Markt ist es so eine Sache. In der kleinen Schweiz mit ihren vier Sprachregionen spielt er nicht mehr.
Der Grund: Das Geld fehlt. Inzwischen fliessen jedes Jahr rund 2 Milliarden Franken an Werbegeld zu Tech-Plattformen wie Google, Facebook und Instagram. Früher ging dieses Werbegeld beispielsweise an das St. Galler Tagblatt, Radio Pilatus oder Tele Bärn.
Konsequenzen sind Stellenabbau
Der Abfluss des Werbegeldes wird von Jahr zu Jahr grösser, was die Situation der privaten Medien stetig verschlechtert.
Die Konsequenzen sind Stellenabbau, ein ausgedünntes Angebot, oberflächliche Inhalte und ein ruinöser Kampf um Schlagzeilen und Klicks.
Fussball und Ski alpin würden hinter einer Bezahlschranke verschwinden, weniger populäre Sportarten fänden am Bildschirm gar nicht mehr statt.
Private Medien zeigen nur, was sich finanziell lohnt – anders können sie nicht bestehen.
Millionenverluste beim Eishockey
Die Sportschweiz verlöre viel Publikum, Aufmerksamkeit, Sponsorengelder und neue Talente.
Beim Eishockey, das seit der Saison 2017/2018 von einem Pay-TV-Sender abgedeckt wird, zeigt sich das Problem exemplarisch.
Dass der private Anbieter weiterhin Millionenverluste schreibt, kommt hinzu.
Mit einer halbierten SRG bliebe Live-Sport auf der Strecke.
Sportfans müssten mehr bezahlen
Sportfans, die neu einen Pay-TV-Kanal abonnieren müssten, würden unter dem Strich mehr bezahlen als die aktuellen 335 Franken pro Jahr.
Es gibt selbstverständlich ein Leben ohne Live-Sport am Bildschirm. Aber der Preis dafür ist hoch. Was die SRG an Live-Sport bietet, ist gut, ja ein Trumpf.
Apropos Preis: Aktuell kostet das komplette Angebot der SRG 92 Rappen pro Tag. Schon bald sind es sogar nur noch 82 Rappen. Könnte sie nur in einer Sprache produzieren, wäre ihr Angebot nochmals deutlich günstiger.
Zum Autor/Transparenzhinweis: Mark Balsiger führt seit 22 Jahren eine Kommunikationsfirma und baute einst eine Radiostation mit 60 Mitarbeitenden auf. 2008/2009 führte er pro bono das Komitee zur Rettung der Traditionszeitung «Der Bund» (rettet-den-bund.ch). Seit Anfang 2022 ist er Geschäftsführer der Allianz Pro Medienvielfalt (pro-medienvielfalt.ch), die sich gegen die Halbierungsinitiative engagiert. Zu dieser Allianz gehören aktuell 3700 Einzelpersonen und 16 Organisationen – vom Schweizerischen Fussballverband bis zu Travail.Suisse.