Stadt Zürich

Martin Neukom (Grüne Zürich): Ein guter Sonntag fürs Klima!

Martin Neukom
Martin Neukom

Zürich,

Die Bevölkerung kann Fakt und Meinung unterscheiden und weiss, worauf Verlass ist für Abstimmungen. Der letzte Sonntag ist ein Klima-Erfolg. Ein Gastbeitrag.

Martin Neukom
Martin Neukom ist Mitglied der Grünen und Zürcher Regierungsrat. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Abstimmungsergebnisse zeigen das Vertrauen in die Wissenschaft deutlich.
  • Martin Neukom ist seit 2019 Zürcher Regierungsrat und Vorsteher der Baudirektion.
  • Ein Gastbeitrag.

Wir sind in der Schweiz in der glücklichen Lage, vierteljährlich über Vorlagen abstimmen zu können, die das ganze Land, den eigenen Kanton oder die eigene Gemeinde betreffen. Wir wissen, wie einmalig dies auf der Welt ist, und je mehr die Demokratien unter Druck geraten, desto heller scheint dieser eidgenössische Leuchtturm.

Doch leider sind diese regelmässigen Urnengänge für viele von uns bloss eine Routineangelegenheit mit viel Medientrara. Und die Auffassung, die eigene einzelne Stimme bewirke nichts, ist ebenso schwer wegzukriegen wie die Ansicht, Klimaschutz lohne sich in der kleinen Schweiz nicht.

Ich bin froh, dass die Desinformationen und alternativen Fakten, die auch bei uns immer häufiger vorkommen, bei den Abstimmungen nicht verfangen haben. Die Resultate zeigen, in wie total verschiedenen Welten die schrillen Hetzer in den sozialen Medien und die (meist eher stillen) Stimmbürgerinnen und Stimmbürger offenbar leben.

Dieser Abstimmungssonntag war nicht zuletzt ein deutliches Ja zur Wissenschaft mit ihren Fakten und ein Nein zur Behauptung, Fakten seien doch auch nur Meinungen.

Sind Sie zufrieden mit den Abstimmungsergebnissen vom letzten Sonntag?

Es ist keine Frage der Meinung, ob es den Klimawandel gibt. Es ist ebenso keine Frage der Meinung, ob es Covid gibt und ob staatliche Massnahmen zur Eindämmung von Pandemien eine gesetzliche Grundlage brauchen.

Was die OECD-Mindeststeuer angeht, geht es einerseits darum, dass der Schweiz faktisch zu viel Steuergeld entgangen ist, andererseits um die durchaus berechtigte Frage, nach welchem Schlüssel dieses nun anfallende Geld verteilt werden soll. Hier kann man tatsächlich verschiedene Meinungen vertreten, aber diese Meinungen stellen sich nicht an die Stelle der Fakten.

Dabei sind Fakten nicht per se wahr und Behauptungen oder Meinungen falsch. Der Unterschied liegt darin, dass «Fakten», die man für wahr hielt, verworfen werden, falls sie widerlegt werden. Bei Meinungen oder schlichten Behauptungen ist das selten der Fall.

abstimungen
Bei Abstimmungen soll man sich von den Fakten leiten und nicht von Meinungen verwirren lassen. - keystone

Und hier sind wir im Kern der Wissenschaft. Sie zeichnet sich durch das Vorgehen zur Ermittlung von Fakten und Wissen aus. Es ist die Methodik, die falschen Thesen zu verwerfen, welche den Fortschritt ermöglicht. Es ist die Methodik, die versucht, möglichst ergebnisoffen zu denken.

Der Wahrheitsgehalt einer Meinung hängt vom Grad des Überzeugtseins ab. Der Wahrheitsgehalt von Fakten oder wissenschaftlichem Wissen hängt davon ab, vielfach bestätigt und nie widerlegt worden zu sein.

klimawandel
Übernutzung und Umweltverschmutzung stellen eine nie dagewesene Belastung für die Meere weltweit dar. Foto: David Goldman/AP/dpa - dpa

Und genau darum ist es so extrem wahrscheinlich, dass die Physik der Thermodynamik stimmt. Sie ist milliardenfach bestätigt, und es gibt kein einziges Experiment weltweit, welches sie widerlegt.

Dieses Überzeugtsein hat eine andere Qualität als das Überzeugtsein von einer bestimmten politischen Meinung. Und daher kann man es als Fakt betrachten, dass die menschlichen Treibhausgasemissionen unser Klima verändern – mit gravierenden Auswirkungen für uns Menschen.

Daher freue ich mich, dass die Bevölkerung dem Klimaschutzgesetz mit 59 Prozent zugestimmt hat, obwohl die öffentliche Diskussion teils ziemlich faktenfreie Züge annahm. Das Problem ist damit allerdings noch nicht gelöst.

Wir haben uns ein Ziel gesetzt (Netto-Null), an dem wir in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten zusammen mit vielen anderen Nationen arbeiten. Auf dem Weg dorthin wird es sicherlich wieder die eine oder andere Abstimmung geben.

Zum Autor: Martin Neukom ist Zürcher Regierungsrat und gehört den Grünen an.

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