Klimaschutz-Gesetz: Linke euphorisiert, Bürgerliche fürchten Verbote
Das Volk hat das Klimaschutz-Gesetz angenommen. Für das Netto-Null-Ziel werde es Zwang und Verbote brauchen, fürchtet SVP-Vizepräsidentin Martullo-Blocher.
Das Wichtigste in Kürze
- Am heutigen Sonntag hat die Schweizer Stimmbevölkerung das Klima-Gesetz angenommen.
- Mit einer Initiative für Klimafonds planen die SP und die Grünen den nächsten Schritt.
- Die Verlierer haben Bedenken: Verbote und explodierende Preise werden befürchtet.
Das Klimaschutz-Gesetz war wohl die umstrittenste Vorlage, über die an diesem Sonntag abgestimmt wurde. Das Volk hat sich klar dafür entschieden, was die Schweiz verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu werden. Das bedeutet: Der Verbrauch fossiler Energieträger soll so weit wie möglich reduziert werden. Es ist der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative.
Die SP und die Grünen können jubeln – und planen bereits den nächsten Schritt in Richtung Netto Null. Grünen-Präsident Balthasar Glättli sagt, dadurch, dass eine sehr breite Allianz hinter dem Vorschlag steht, sei das Klimaschutz-Gesetz ein Kompromiss-Vorschlag. «Wir Grünen wollen eigentlich noch schneller und energischer vorwärtsgehen.»
Grünen sammeln bereits für «Klimafonds-Initiative»
Man sei schon in den Startlöchern für eine neue Initiative, für die man sammelt, so Glättli. Diese sieht einen Klimafonds für einen sogenannten «Green New Deal» vor. Ob weitere Vorlagen für den Klimaschutz gelingen, hänge aber auch von den Wahlen im Herbst ab, betont Glättli.
SP-Co-Präsident Cédric Wermuth ist «gerührt» von der Zusammenarbeit zwischen Politik und Volk. «Dass der Sieg so deutlich ausgefallen ist, überrascht mich im positiven Sinn». Man habe nach dem Nein zum «CO2-Gesetz» sehr genau hingehört, um herauszufinden, weshalb die Bevölkerung es abgelehnt hat.
«Jetzt hat es eine andere Logik dahinter: Öffentliche Investitionen, und der Staat, der die Bürgerinnen und Bürger unterstützt auf dem Weg zur Klimaneutralität.» Die Menschen hätten das geschätzt und verstanden.
Die SVP hingegen hat den Abstimmungskampf um das Klima-Gesetz verloren. Man müsse das Resultat akzeptieren, sagt Kampagnenleiter und SVP-Nationalrat Michael Graber. «Ich bedaure, dass einmal mehr die ländliche Bevölkerung die Entscheidung der Stadtbevölkerung tragen muss.»
Wenn das Volk bezahlbaren und klimaschonenden Strom wolle, brauche es jetzt sofort eine Aufhebung des Kernenergie-Verbotes. «Wir müssen neue Kernkraftwerke planen, bewilligen und bauen, damit wir in den nächsten Jahren ready sind.»
Die FDP hingegen unterstützte die Vorlage. Präsident Thierry Burkart sieht in dem Abstimmungsresultat drei klare Forderungen: «Erstens will die Schweiz ihren Beitrag zur Klimaneutralität leisten. Zweitens haben wir heute ja gesagt, weil dieses Gesetz nicht mehr Kosten für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet. Und drittens muss die Politik sicherstellen, dass wir genügend Strom haben.»
Burkart: Es braucht mehr von allem
Dass es weiterhin Kernenergie braucht für die Stromversorgung, ist für Burkart klar. «Es braucht von allem mehr, aber das heisst nicht von allem viel mehr.»
Das heisse natürlich einen wahnsinnigen Ausbau im Bereich der erneuerbaren Energien. «Wir müssen über das Rezept von der Energiestrategie 2050 diskutieren.» Dieses besagt, dass die Stromlücken mit Gaskraftwerken gedeckt werden.
Magdalena Martullo-Blocher ist nicht zufrieden mit der Annahme des Klimaschutz-Gesetzes. «Mit dem Ziel sind grosse Massnahmen nötig», so die SVP-Vizepräsidentin. Es werde Zwang und Verbote brauchen, es werde teuer und die Landschaft werde verbaut.
«Die Befürworter haben während des Abstimmungskampfes gesagt, sie hätten Lösungen ohne das. Heute haben sie keine aufgezeigt», gibt die Bündnerin zu bedenken. Ebenso habe sie Zweifel, dass jede Person, die heute für das Gesetz gestimmt habe, die Konsequenzen wirklich tragen wolle.
GastroSuisse fürchtet hohe Preise
Der Schweizer Arbeitgeberverband des Gastgewerbes, GastroSuisse, stellte sich von Anfang an entschieden gegen die Gesetzesänderung. Präsident Casimir Platzer befürchtet vor allem, dass die Preise explodieren werden.
«Wir sind nicht per se gegen Klimaschutz, wir sind auch nicht per se gegen das Netto-Null-Ziel», so Platzer. Klimaschutz dürfe aber auch nicht auf Kosten der Energiesicherheit oder der Preisstabilität passieren. «Mit der Annahme dieses Gesetzes gehen wir aber vermutlich diesen Weg.»