Nicolas A. Rimoldi über die Anpassung der Rassismus-Strafnorm

Nicolas A. Rimoldi
Nicolas A. Rimoldi

Luzern,

Der ehemalige Luzerner Jungfreisinnigen-Vizepräsi Nicolas A. Rimoldi fordert mehr Vertrauen und Toleranz. Er ist gegen eine Ausweitung der Rassismus-Strafnorm.

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Nicolas A. Rimoldi engagiert sich als Komiteemitglied von Sonderrecht-Nein. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Ausweitung der Strafnorm ist ein unverhältnismässiger Eingriff in unsere Grundrechte.
  • Eine freiheitliche Gesellschaft bedarf keiner gefährlichen Sprachgesetze.
  • Ein Kommentar vom Jungfreisinnigen Luzerner Nicolas A. Rimoldi.

Die Meinungsfreiheit ist eine der grössten zivilisatorischen Errungenschaften. Unsere Bundesverfassung garantiert, dass ein jeder seine Meinung äussern und verbreiten darf. Die Ausweitung des Artikels 261bis StBG wäre ein kontraproduktiver Eingriff in unsere verfassungsmässigen Grundrechte. Diese rückständige Strafnorm ist eine Kapitulation vor dem Glauben an die Mündigkeit der Bürger. Sie ist eine Kapitulation an den Glauben, dass das bessere, zivilisiertere Argument obsiegt. Sie ist ein Ausdruck des gesellschaftlichen Misstrauens.

Der dumme Spruch am Stammtisch

Justizministerin Karin Keller-Sutter argumentiert, eine «Geschmacklosigkeit» oder ein «dummer Spruch» seien nicht strafbar. Dem ist nicht so. Fakt ist, ein dummer Spruch kann neu gar mit einer Gefängnisstrafe geahndet werden. Nehmen wir an, Person X sitzt mit Arbeitskollegen beim Feierabendbier am Stammtisch und äussert einen Spruch, der als Diskriminierung ausgelegt werden könnte. Hört nun ein Fremder am Nachbarstisch zu und meldet diesen Spruch den Behörden, kann Person X dafür schlimmstenfalls ins Gefängnis wandern. Ist das angemessen? Nein, meines Erachtens ist das völlig unverhältnismässig.

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Justizministerin Karin Keller-Sutter wirbt für ein Ja zur Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm. Die Meinungsäusserungsfreiheit ist aus ihrer Sicht nicht gefährdet. (Archivbild) - Keystone

Mehr Schutz! Aber wie?

Bislang konnte mir kein Befürworter dieser Ausweitung glaubhaft erklären, wie dieses Gesetz «mehr Schutz», wie es die rosa Plakate versprechen, ermöglichen soll. Klar ist: Diese Ausweitung bringt keinen Schutz vor Diskriminierung, Hass und Hetze. Niemand hört nun auf zu hassen. Niemand wird seine Weltanschauung ändern. Die gewünschte Wirkung wird nicht erreicht. Indem rechtlich unterschieden werden soll, welche Meinungen «gut» und welche falsch und sogar strafbar sind, riskieren wir sogar, mehr Intoleranz und Hass zu erschaffen.

Das Strafgesetzbuch bietet ausreichend Mittel, auf Beleidigungen und Gewalt angemessen zu reagieren. In einer freien Gesellschaft muss der Grundsatz weiterhin gelten, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Sonderrechte für Gruppen widersprechen dem Kern unseres liberalen Rechtswesens. Gleichberechtigung erreichen wir mit gerechten Massnahmen, wie beispielsweise der längst überfälligen Einführung der Ehe für alle, oder der Aufhebung des Blutspende-Verbots für Homosexuelle.

Die Faust im Sack

Die Behörden müssten bei jeder (!) Meldung, eine Äusserung könnte eine Person aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminieren, ermitteln. Dies, da es sich bei Verstössen gegen die Strafnorm um Offizialdelikte handelt, die von Amtes wegen verfolgt werden müssen. Neben gewaltigen Kosten werden dadurch auch unnötige Spannungen in der Gesellschaft verursacht.

Werden Meinungen kriminalisiert, radikalisieren sich diese. Dies führt dazu, dass sie schlicht nicht mehr öffentlich geäussert werden, folglich in den gesellschaftlichen Untergrund wandern und dort unbemerkt gären. Wollen wir das? Ich nicht. Diese Entwicklung ist rechtstaatlich äusserst bedenklich und gefährlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

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Die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm soll Homosexuelle besser schützen. - Keystone

Vertrauen wir den Menschen

Haben wir verlernt, zu entscheiden, welche Aussagen wir als Gesellschaft gutheissen und welche nicht? Keine staatliche Autorität darf das Recht besitzen, zu definieren, was (nicht) gesagt werden darf. Einer staatlichen Autorität diese Definitionshoheit zu delegieren, widerspricht vollkommen den Werten einer freien Gesellschaft. Diese Strafnorm ist ein Risiko.

«Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann vor allem das Recht, anderen Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen.» George Orwell, Autor von «Animal Farm» und «1984».

Eine offene und freie Gesellschaft ist nur dann wirklich tolerant, wenn sie auch hässliche Äusserungen, die man selbst verdammen mag, aushält. Diese Toleranz kann nicht mithilfe des Strafrechts erzwungen werden. Die Meinungsfreiheit misst sich gerade daran, auch die widerlichsten Meinungen zuzulassen, nicht nur diese in unserer Komfortzone. Es darf nicht sein, dass in der Schweiz Menschen für ihre Weltanschauung ins Gefängnis müssen!

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