Welttag des Hörens: Ein Plädoyer für mehr Hörstärke

Fabian Heeg
Fabian Heeg

Österreich,

Der Welttag des Hörens am 3. März soll auf die Wichtigkeit unseres Hörsinns aufmerksam machen. Ein Gastbeitrag von Hörakustikexperte Fabian Heeg.

Heeg
Hörakustikexperte Fabian Heeg. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Mehr als jeder Zweite empfindet eine Hörminderung bis heute als gewissen Makel.
  • Wichtige Hörvorsorge: Ab 40 Jahren sollte man seine Hörstärke regelmässig checken.

Unser Hörsinn ist etwas Besonderes. Kein Ohr gleicht dem anderen. Unser Gehör ist einzigartig wie ein Fingerabdruck. In all der Menge an visuellen Eindrücken, mit der wir im Alltag konfrontiert sind, sind Geräusche, Klänge und vor allem Stimmen die wichtigsten Bausteine unseres täglichen Miteinanders.

Ein funktionierendes Gehör ist die Basis für gelungene Kommunikation und soziale Interaktion. Dennoch hat unsere Hörstärke in der Gesellschaft nicht immer den Stellenwert, den sie verdient. Deshalb sind Tage wie der Welttag des Hörens so wichtig, um darauf aufmerksam zu machen.

Gut hören zu können ist keine Frage des Alters

Rund jeder Sechste in der Schweiz ist laut Schätzungen von einer Hörminderung betroffen – darunter auch viele Jüngere. Aber viele Menschen zögern bis heute, sich helfen zu lassen – oft aus Scham oder Angst, als vermeintlich alt angesehen zu werden. Hörgeräte werden immer noch von vielen stigmatisiert.

Wie die Schweizer*innen zum Thema stehen, hat ein Hörakustikunternehmen anlässlich des diesjährigen Welttages des Hörens abgefragt: Mehr als jeder Zweite (57 Prozent) von rund 700 Befragten sieht es nach wie vor als «peinliches Handicap» an, wenn man schlecht hört. Und rund 60 Prozent sind der Meinung, dass eine verminderte Hörstärke einfach «Teil des Alterns» sei.

Senioren auf einer Strasse
Senioren auf einer Strasse - AFP/Archiv

Die Zeit ist reif für einen neuen, offenen Umgang mit dem Thema Hörminderung und Hörgerät in unserer Gesellschaft. Weg vom Stigma, hin zu einer Selbstverständlichkeit. Gut hören zu können ist keine Frage des Alters.

Die Gründe für eine Hörminderung können vielschichtig sei. Neben der Altersschwerhörigkeit, die bereits ab 40 Jahren langsam einsetzen kann, nimmt die Lärmschwerhörigkeit immer mehr zu. So gibt es auch viele jüngere Hörgeräteträger, die zum Beispiel noch mitten im Berufsleben stehen, oder Kinder, die etwa einen angeborenen Hörverlust haben.

Lauter Alltag: Tipps für die Ohren

Unsere Welt wird immer lauter, wir sind ständig von lauten Geräuschen, Musik oder Lärm umgeben. Dadurch wird auch die typische Altersgrenze für einen auftretenden Hörverlust weiter sinken. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) riskieren rund 1,1 Milliarden junge Menschen eine reduzierte Hörstärke durch zu lautes Musikhören. Eine vor kurzem im Fachblatt «BMJ Global Health» vorgestellte Metaanalyse zeigt: 23 Prozent aller Personen im Alter von 12 bis 34 Jahren hören mit ihren Kopfhörern regelmässig zu laut Musik. 48 Prozent sind zudem zu hohen Lärmpegeln in Bars oder Clubs ausgesetzt.

disco coronavirus
Disco-Besucher (Symbolbild). - AFP

Umso wichtiger ist es, sich das öfter bewusst zu machen und vorzusorgen. So sollte man seinen Ohren im Alltag auch Pausen gönnen, in lauter Umgebung am besten einen individuell angepassten Gehörschutz tragen und mit einem unverbindlichen Hörtest regelmässig seine Hörstärke checken.

Müdigkeit als mögliches Anzeichen

Ein typisches Anzeichen für eine Hörminderung kann Müdigkeit nach längeren Gesprächen oder Meetings sein, da das Zuhören mehr Konzentration als sonst erfordert. Auch wenn man das Gefühl hat, sein Gegenüber schwerer zu verstehen oder man die Lautstärke beim Fernseher immer lauter dreht, kann das an einer Hörminderung liegen. Je früher man etwas dagegen unternimmt und einen HNO-Arzt aufsucht, desto besser ist es.

Seine gewohnte Hörstärke wiederzuerlangen, geschieht nämlich nicht von heute auf morgen, sondern ist ein Weg, den erfahrene Hörakustiker*innen eng begleiten. Das Gehirn muss erst lernen, gewisse Geräusche wieder verarbeiten zu können.

hörgerät
Eine Person trägt ein Hörgerät. - AFP/Archiv

Moderne Hörgeräte, die man auch kostenlos testen kann, helfen dabei und sind mittlerweile zu smarten Allround-Kommunikationstools für den Alltag geworden, die man zum Beispiel drahtlos mit dem Smartphone, dem TV-Gerät etc. koppeln kann, was ein direktes Streamen von Musik und Telefonaten ins Ohr möglich macht. Diese Features sollen dazu beitragen, dass das Stigma rund ums Thema Hörminderung weiterhin abgebaut wird – und unsere Hörstärke in der Gesellschaft den Stellenwert bekommt, den sie verdient.

Zum Autor: Fabian Heeg ist Hörakustikexperte.

Mehr zum Thema:

Weiterlesen

Mehr aus Österreich