Nach Seilbahn-Tragödie: Titlis gibt Einblick in aufwendige Revision
Die Bilder der zerschellten Gondel am Monte Mottarone (I) gingen um die Welt. Auch am Titlis ist man vom Unglück mit 14 Toten betroffen.
Das Wichtigste in Kürze
- Beim Seilbahn-Unglück in Stresa (I) kamen am Sonntag 14 Menschen ums Leben.
- Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen drei Mitarbeiter der Seilbahn.
- Der technische Chef der Titlis-Bergbahnen verteidigt die Revisionen hierzulande.
Sie haben 14 Tote auf dem Gewissen. Das Unglück von Stresa (I) hat weltweit schockiert, verängstigt und nun auch verärgert. Denn wie sich nach dem tragischen Gondel-Unfall auf dem Monte Mottarone herausgestellt hat, wurde manipuliert. Drei Mitarbeiter der Seilbahn sind in Haft: Sie haben gestanden, die Notbremse Wochen vor dem tragischen Unfall deaktiviert zu haben.
Das mutmassliche Motiv: Geld. Wegen fahrlässiger Tötung drohen ihnen mehrere Jahre im Knast.
Auch in der Schweiz, wo Gondeln in die Berge wie Löcher in den Käse gehören, löst das Unglück grosse Betroffenheit aus. Und Skepsis, was die Sicherheit der Gondeln hierzulande anbelangt, wie eine Umfrage auf Nau.ch diese Woche gezeigt hatte.
Auch Bergbahnen-Mitarbeiter wie Sepp Bacher in Engelberg OW traf die Nachricht: «Als Erstes dachte ich an die Verunfallten und ihre Angehörigen, die grosses Leid erfahren haben.»
Stilllegung, bevor an der Sicherheit gespart wird
Bacher ist technischer Leiter der Titlis-Bergbahnen und ausgerechnet diese Tage mit der Revision der Luftseilbahn Rotair beschäftigt. Die Drehgondel auf den Titlis auf 3000 Metern ist das Touristen-Magnet schlechthin.
Momentan transportiert sie wegen der Revision für 10 Tage keine Passagiere. Die Bergbahnen investieren nach eigenen Angaben jährlich ein bis zwei Millionen Franken in die Instandhaltung der Bahnanlagen.
«Für einen technischen Leiter kommt die Sicherheit der Gäste und Mitarbeiter an erster Stelle», betont Bacher. Und betont sogleich: «Wenn es wirtschaftlich nicht mehr geht, muss man die Bahn stilllegen, bevor an der Sicherheit gespart wird.»
Seilriss in Italien wirft viele Fragen auf
Die Revisionsarbeiten sind aufwendig, stellt Bacher klar. Und gibt einen Einblick in die Überprüfung des Seils. Genau jenes ist am Monte Mottarone in der Nähe der Bergstation gerissen. Wie das möglich ist, ist auch für den Techniker rätselhaft.
«Bis ein Seil reisst müssen mehrere negativen Faktoren zusammenkommen.» Schliesslich hängt eine Gondel nicht einfach an einem Seil, sondern hat eine mehrfache Sicherheit. Auch werde das Seil nach vorgegebenen Intervallen überprüft und die Seil-Endbefestigungen regelmässig kontrolliert und erneuert.
Alle drei Jahre wird beispielsweise das Seil der Rotair-Bahn geröntgt. Soeben wurden die Tragseile ersetzt, da zu viele Brüche im Draht erkannt wurden. Gibt es einen Stromausfall oder der Motor geht kaputt, steht ein separates Antriebsrad zur Verfügung, um alle Gondel-Passagiere zur Station zu bringen.
«Für uns ist es das Wichtigste, jeden Passagier sicher auf den Berg und wieder runter zu bringen», versichert Bacher.
Tägliche Prüffahrt, bevor Passagiere die Gondel betreten
Der technische Leiter steuert von einer Kommandozentrale aus die ganze Überwachung der Bahn. «Hier sieht man etwa jederzeit den Zustand der Bahn, ob die Bremsen in Ordnung sind oder die Türen richtig öffnen und schliessen.»
Jeden Morgen absolviert ein Kabinenleiter, begleitet von einem Maschinisten, eine Prüffahrt, bevor der erste Passagier überhaupt die Gondel betreten kann. Diese überprüfen die technischen Werte, aber auch den Wind. «Der Kabinenleiter achtet sich auch, ob er irgend ein ausserordentliches Geräusch hört.»
Erst nach gründlicher Überprüfung lässt Bacher die ersten Passagiere in die Gondel.