Verdienen selbst: Hausfrauen-Influencerinnen täuschen ihre Follower

Dina Müller
Dina Müller

Deutschland,

Der Mann verdient das Geld, die Frau schmeisst den Haushalt – so möchten es die Tradwives auf Tiktok und Co. Das bedeutet auch finanzielle Abhängigkeit, oder?

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«Xmalischka» ist eine deutsche Tradwife-Influencerin. Auf ihrem Tiktok-Kanal lädt sie romantisierende und lobende Videos zum Leben als Tradwife hoch. - Tiktok / @xmalischka

Das Wichtigste in Kürze

  • In den sozialen Medien präsentieren Tradwives ihr Leben als traditionelle Hausfrauen.
  • Sie leiten andere Frauen dazu an, ihrem Lebensstil zu folgen.
  • Damit verbunden ist auch die vollständige finanzielle Abhängigkeit vom Ehemann.
  • Doch Tradwife-Influencerinnen sind selber finanziell gut abgesichert.

Er kümmere sich um die Finanzen, sie sich um den Rest: eine «50/50»-Beziehung für Malischka. Die deutsche Tiktokerin romantisiert auf ihrem Kanal ihr Leben als Tradwife. So nennen sich Frauen im Netz, die für eine traditionelle Rollenverteilung einstehen und als Hausfrau leben.

Was Malischka allerdings nicht erwähnt: So traditionell ist sie wohl gar nicht – jedenfalls nicht, was die Finanzen angeht. Denn auch mit Tiktok oder Instagram lässt sich Geld verdienen – je nach Reichweite nicht gerade wenig.

Folgst du Tradwife-Kanälen auf den sozialen Medien?

«Xmalischka» hat auf Tiktok 27'500 Follower. Bei Kanälen in dieser Grösse seien pro Werbepost Einnahmen im dreistelligen Bereich möglich, schätzt Social-Media-Experte Felix Beilharz. Bei grösseren Tradwife-Kanälen wie «Esteecwilliams» mit fast 200'000 Followern seien sogar vierstellige Beträge denkbar.

Das könne pro Monat mehrere Tausend Franken einbringen. Zum Reichwerden reiche dies zwar nicht, aber «ein gutes Einkommen ist auf jeden Fall möglich», so Beilharz.

Sind Tradwife-Influencer wirklich traditionelle Hausfrauen?

Somit trügt der Schein. Denn genau jene Tradwives mit dem grössten Einfluss für traditionelle Rollenbilder halten eine vielversprechende Geldquelle in ihren Händen. Und sind somit gar nicht abhängig von ihren Ehemännern.

Denn das Führen eines Social-Media-Kanals ist in gewisser Weise ein Job. Dafür sprechen nicht nur die potenziellen Einnahmen, sondern auch der Aufwand. Mit den Worten von Beilharz: «Auch in diesem Bereich geht es nur mit viel Arbeit.»

Eigentlich eine positive Nachricht, denn gerade die finanzielle Abhängigkeit wird am Tradwife-Trend stark kritisiert. Allerdings zeigt es auch die trügerische Seite daran: Gleichzeitig Tradwife-Influencerin und Tradwife zu sein, ist widersprüchlich.

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«Ich vertraue ihm so sehr, ich hätte meinen Mann nie um einen Ehevertrag gebeten, als wir geheiratet haben. Ich denke, er hätte dies beleidigend empfunden», sagt Estee zu ihren Followern. - Tiktok / @esteecwilliams

Die Follower werden jedoch weiterhin zu einem traditionellen Leben ohne finanzielle Sicherheit angeleitet. Arbeit und Finanzen seien Männersache. Estee macht sich sogar gegen einen Ehevertrag oder andere finanzielle Absicherungen stark. Sie vertraue ihrem Ehemann – und ausserdem sehe sie keinen Grund, «eine Scheidung besser oder erstrebenswerter zu machen».

Die Gefahren von finanzieller Abhängigkeit

Tradwives ohne erfolgreiche Onlinepräsenz hingegen haben häufig keine Einnahmequelle, auf die sie notfalls zugreifen können. Dies kann zu einem Machtgefälle führen und schwerwiegende Auswirkungen haben.

Diese Erfahrung musste auch Followerin Brenda machen. Sie sei naiv gewesen, kommentiert sie, und eine traditionelle Ehe mit ihrem Mann eingegangen.

Jetzt warnt sie: «Da er die komplette Kontrolle hatte, entwickelte sich ein finanzieller Missbrauch. 20 Jahre später habe ich nichts.»

Der Schritt zum eigenen Einkommen ist klein

Um mit Tiktok Geld zu verdienen, muss man sich für die direkten Tiktok-Einnahmen beim Creator Fund bewerben. Um das grosse Geld zu machen, sind Werbepartner oder ein eigener Shop nötig.

So wie es bei Tradwife «JasmineDiniss» der Fall ist. Die Australierin hat in ihrem Profil eine ganze Liste an Links und Discount-Codes hinterlegt. Und das, obwohl sie beteuert: «Ich will keinen Job, ich will kein ‹Corporate-Girly› sein.»

Bei Malischka und Estee sind zurzeit noch keine Werbeplacements oder Links zu Onlineshops zu finden. Ob die Kanäle im Creator Fund sind, lässt sich nicht überprüfen.

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Die Australierin Jasmine Diniss präsentiert auf Tiktok ihr Leben als Tradwife auf einer Farm. Dabei betont sie klar: «Ich will keinen Job, ich will kein ‹Corporate-Girly› sein.» - Tiktok / @jasminediniss

Die Schweizer Influencer-Marketing-Agentur «Kingfluencers» hat bis jetzt keine Tradwife-Kanäle in ihrem Netzwerk, wie Marketingchefin Sarah Schmid auf Anfrage erkärt. «Traditionelle Rollenbilder, wie sie von Tradwife-Kanälen dargestellt werden, passen oftmals nicht zur Markenstrategie der meisten Kunden.»

«Weniger frei, aber verletzlich»

Zu den grössten Kritikern des Tradwife-Trends gehört Xenia Tchoumi. «Frauen glauben, sie hätten es besser gehabt, als sie nicht arbeiten mussten – und vergessen dabei alle Nachteile!», sagt die Tessinerin gegenüber Nau.ch.

Sie unterstütze zwar jede Frau, die Hausfrau sein wolle. Trotzdem müsse man sich der Nachteile bewusst sein: Finanzielle Abhängigkeit bringe Frauen in eine «weniger freie, aber verletzliche Situation».

Kommentare

User #1538 (nicht angemeldet)

Sie ist ja Barfuss

User #6823 (nicht angemeldet)

der Bundesrat wird 2025 komplett ausgewechselt und führt als erstes ein das keine Kommentare mehr gestattet sind die nicht angemeldet sind

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