Vernachlässigt Solothurner Regierung ihre Aufsichtspflicht?
Die Solothurner Kirschblütlergemeinschaft sorgt immer wieder für Schlagzeilen. Die Kantonsregierung erntet deswegen Kritik.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Kirschblütengemeinschaft führt Tantra-Therapien durch.
- Dabei sollen illegale Drogen verwendet worden und sexuelle Übergriffe vorgekommen sein.
- Politiker und Ärzte kritisieren die Regierung, weil die Gemeinschaft geduldet wird.
Die Gemeinschaft der Kirschblütler im solothurnischen Nennigkofen-Lüssligen sorgt immer wieder für Negativschlagzeilen. Mitglieder der Gemeinschaft betreiben psychiatrische Praxen. Bei Therapien der esotherischen Gruppierung sollen Drogen verabreicht und es soll zu sexuellen Übergriffen kommen, so die Vorwürfe.
Rémy Wyssmann ist alarmiert. Der Solothurner SVP-Kantonsrat hatte letztes Jahr beim Regierungsrat eine Anfrage zu den ergriffenen Massnahmen im Bezug auf die Kirschblütler eingereicht. «Die Antwort war aber nicht vollständig», erklärt Wyssmann.
Wie ernsthaft werden Fälle bearbeitet?
Zudem hatte er beim Gesundheitsamt alle Anzeigen und Verfahren verlangt, die seit dem Inkrafttreten des Medizinalgesetzes 2007 eingereicht bzw. eröffnet wurden. Damit wollte er überprüfen, wie ernsthaft die Anzeigen bearbeitet werden.
Die Regierung gab über die Anzahl der eröffneten Verfahren in den letzten fünf statt in den letzten zwölf Jahren Auskunft. «Man sagte mir zudem nicht, wie viele Anzeigen erstattet worden sind.» Das sei verdächtig, findet Wyssmann.
Andrea Affolter, die Medienbeauftragte des Regierungsrates, meint auf Anfrage von Nau bloss: «Diese Frage wurde losgelöst vom Fall der Kirschblütengemeinschaft gestellt. Der Zeitraum von fünf Jahren ist eine aussagekräftige und angemessene Zeitspanne.»
«Fall scheint die Behörden nicht zu interessieren»
Die Fachgesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie hat eine aufsichtsrechtliche Anzeige gegen Mitglieder der Kirschblütengemeinschaft eingereicht. «Es ist für mich und meine Fachkollegen nicht nachvollziehbar, dass dieser Fall die Behörden nicht zu interessieren scheint», so die Psychiaterin und Mitglied der Fachgesellschaft, Alexandra Horsch Beyeler.
Die Vorwürfe richten sich unter anderem gegen die Kirschblütler-Ärztegesellschaft Avanti, die diese bestreitet: «Bei den aktuellen Aktivitäten handelt es sich um Mobbing, Rufschädigung und Verleumdung», heisst es in der Stellungnahme von Avanti gegenüber Nau.
Somit ist das letzte Wort in der Causa Kirschblütlengemeinschaft bestimmt noch nicht gesprochen.