Abtretender Raiffeisen-Präsident Lachappelle hat viel bewegt
Der zurückgetretene Raiffeisen-Präsident Guy Lachappelle hat in den mehr als zweieinhalb Jahren seiner Amtszeit bei der Genossenschaftsbank viel bewegt. Er musste die wegen dem Geschäftsgebaren des früheren Raiffeisen-Chefs Pierin Vincenz in Turbulenzen geratene Gruppe neu aufstellen und in ruhigere Fahrwasser zuführen.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei seiner Wahl im November 2018 zum Präsidenten von Raiffeisen Schweiz trat Lachappelle an die Spitze eines tief verunsicherten Genossenschaftsverbands.
Sein Vorgänger Johannes Rüegg-Stürm hatte bereits im Frühling dieses Jahres wegen der Vorfälle um Vincenz den Hut nehmen müssen, auch alle anderen Verwaltungsräte der «Vincenz-Ära» waren zurückgetreten.
Der frühere CEO der Basler Kantonalbank (BKB) versprach den Delegierten bei seinem Amtsantritt «Bereitschaft zur Veränderung». Die neue Führungsspitze hatte allerdings zunächst noch die Hinterlassenschaften der Vincenz-Ära aufzuräumen. Davon zeugte auch ein deutlicher Rückgang des Raiffeisen-Gewinns 2018 wegen umfangreicher Bewertungskorrekturen für die unter Vincenz aufgebauten Beteiligungen.
Mit dem Abgang von CEO Patrik Gisel, der unter Pierin Vincenz dessen Stellvertreter gewesen war, konnte Lachappelle auch die Weichen in der operativen Führung von Raiffeisen Schweiz stellen. Schon wenige Tage nach seiner Wahl holte er mit Heinz Huber einen weiteren ehemaligen Kantonalbankenchef als Raiffeisen-CEO.
Zentral für Raiffeisen war die Erarbeitung neuer Gruppenstrukturen. Nachdem die Zentralorganisation Raiffeisen Schweiz unter Pierin Vincenz eine immer grössere Machtfülle in Anspruch genommen hatte, hatten die 225 Raiffeisenbanken lautstark eine Umkehr dieser Entwicklung und wieder mehr Einfluss und Mitsprache auf Gruppenebene gefordert.
Ende 2019 genehmigten die Raiffeisen-Delegierten die neuen Strukturen, die den Raiffeisenbanken wieder deutlich mehr Mitsprache gaben und eine Machtfülle der Zentralorganisation wie zu «Vincenz-Zeiten» verhindern sollten. So wurden nebst einer Eignerversammlung auch neu ein «Raiffeisenbanken-Rat» (RB-Rat) eingeführt, der mit dem Verwaltungsrat im Austausch stehen sollte.
Mit der Strategie «Raiffeisen 2025» setzte der Verwaltungsrat unter Lachappelle auch Zeichen für die künftige Entwicklung: Statt «nur» Hypotheken zu vergeben soll die Gruppe als «Lösungsanbieter» den Kundinnen und Kunden breite Angebote etwa im Bereich Wohnen aber auch im Anlage- und Vorsorgegeschäft offerieren. In die neue Strategie sollen über fünf Jahre rund 550 Millionen Franken investiert werden.
Weitere Zeichen setzte Lachappelle auch mit der Verselbständigung der direkt der Zentrale angegliederten sechs Raiffeisen-Niederlassungen, die zu eigenständigen Genossenschaften werden sollen. Ein Paukenschlag war zudem der Austritt der drittgrössten Bankengruppe aus der Schweizerischen Bankiervereinigung, die Lachappelle ebenfalls mit der neuen Strategie begründete.
Interimistisch die Nachfolge übernimmt nun - wie bereits nach dem Rücktritt von Lachappelles Vorgänger - der Raiffeisen-Vize Pascal Gantenbein.