Amazon: Kritik und Kontroversen rund um den Online-Versandriesen
Amazon ist beliebt wie nie – wegen seiner Praktiken aber auch höchst umstritten. Viele fragen sich, ob es Zeit für einen Boykott ist.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Online-Versandriese Amazon stand in den letzten Jahren vermehrt in Kritik.
- Grund dafür sind unter anderem schlechte Arbeitsbedingungen und Steuervermeidung.
- Auch die Überwachung und Verdrängung der Konkurrenz sorgte für Skandale.
Amazon ist einer der Internetgiganten schlechthin. In den letzten Jahren mehren sich allerdings die Skandale – insbesondere hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, Steuervermeidung, Überwachung und Verdrängung der Konkurrenz.
Arbeitsbedingungen unter Beschuss
Problematische Arbeitsbedingungen sind ein stets wiederkehrendes Thema bei Amazon. Insbesondere die extremen Konditionen für Fahrer stehen im Fokus. So wurde bekannt, dass Pausen nicht eingehalten werden können. Auslieferer sind dazu angehalten, in Flaschen zu urinieren und sich in Tüten zu erleichtern.
Auch in den Lagern sollen keine Pausen möglich und die körperliche Belastung unangemessen hoch sein. Zudem wird ein Bonus für möglichst wenige Krankentage bezahlt. Dieser wird jedoch auf Basis eines Team-Schnitts errechnet, sodass sich Angestellte gegenseitig unter Druck setzen.
In 2022 gelang es Arbeitern erstmals, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Als einzige Amazon-Fraktion einigten sich die Mitarbeiter in Staten Island, New York, sich für eine Gewerkschaft auszusprechen. US-Präsident Joe Biden freute sich über die Entwicklung.
So nutzt Amazon seine Marktmacht
Immer wieder wird Amazon vorgeworfen, konkurrierende Anbieter mit aggressiven, teilweise in rechtlichen Grauzonen liegenden Methoden zu bekämpfen. Gleichzeitig nutzt Amazon seine Marktmacht, um Verkäufern gleiche Preise bei höheren Gebühren zu diktieren. Weigern sich Verkäufer und bieten ihre Produkte bei anderen Händlern günstiger an, um die Verluste auszugleichen, droht der Ausschluss.
Diesen aber können sich viele Unternehmen aufgrund der einzigartigen Marktstellung nicht leisten. Besonders auffällig ist diese Praktik im Verlagswesen, da in einigen Ländern (Deutschland, Österreich) eine Buchpreisbindung besteht. Bei höheren Gebühren verdienen Verlage dementsprechend weniger an ihren Büchern, ohne dass sich für den Endkunden ein Vorteil ergibt.
Methoden der Steuervermeidung
Amazons Steuervermeidungspraktiken sind beinahe schon legendär. So zahlte das Unternehmen beispielsweise 2016 in Deutschland weniger als 50 Millionen Euro Steuern. Dies, obwohl es rechnerisch mindestens 200 Millionen hätten sein müssen.
In den USA zahlte Amazon im Jahr 2018 keinerlei Steuern. Gleichzeitig betrug der Gewinn mehr als 11 Milliarden Dollar. Dazu werden verschiedene Tricks genutzt. Unter anderem fungieren Briefkastenfirmen als Verschleierung, aber auch geschickt kombinierte Gutschriften und Steuerboni werden eingesetzt.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Ertragssteuer zu umgehen, indem Geld in Ländern mit niedrigen Steuersätzen «geparkt» wird, beispielsweise Luxemburg. Genaue Zahlen zu Gewinn und/oder Umsatz werden in vielen Ländern unter Verschluss gehalten.
Dabei schreckt der Konzern auch vor brachialen Methoden nicht zurück: In Seattle wurde Druck ausgeübt, indem Bauvorhaben pausiert wurden, um eine Sondersteuer zu verhindern.
Überwachung der Mitarbeiter und Alexa-Kunden
Amazon ist mehrfach aufgrund extremer Mitarbeiterüberwachung in die Kritik geraten. Dazu zählt der exzessive Kameraeinsatz an Arbeitsplätzen, aber auch in Aufenthaltsräumen. Der psychische Druck, der vom Empfinden ständiger Beobachtung ausgeht, wird als enorm eingeschätzt.
Noch umfassender wird die Überwachung der Auslieferungsfahrer gestaltet: Diese umfasst sowohl Gesichtserkennung als auch durchgehende Kameraüberwachung, angeschlossen an eine KI-Verhaltensanalyse. Eine Möglichkeit, dem zu widersprechen, haben Mitarbeiter nicht.
Überwachung bezieht sich jedoch nicht allein auf die eigenen Angestellten. So fanden Journalisten heraus, dass durch Alexa (Amazon Echo) heimlich Geräusche aufgezeichnet werden. Dabei handelte es sich um Gespräche, die auch vertrauliche Informationen wie Bankdaten enthielten und mithilfe der Gerätenummer eindeutig zuzuordnen waren.
Nicht in jedem Fall waren die Geräte überhaupt eingeschaltet. Ein ähnlicher Verdacht ergab sich rund um die Cloud Cam, über die heimlich Aufzeichnungen gemacht und ausgewertet wurden.
Nicht zuletzt bietet der Konzern mit «Rekognition» auch ein sehr günstiges Überwachungsprogramm käuflich an. Problematisch ist dabei der Einsatz von Gesichtserkennung mit der Möglichkeit, Bewegungsprofile zu erstellen. Diese Entwicklung ist insbesondere im Zusammenhang mit Diktaturen, aber auch das zunehmende Bekanntwerden von Polizeigewalt bedenklich.
Weitere kritische Entwicklungen
Zu den Kritikpunkten rund um das Unternehmen gehören auch gefälschte, gekaufte oder durch Produktschenkungen beeinflusste Nutzermeinungen. Die Zahl der so entstandenen Rezensionen soll sich im zweistelligen Prozentbereich bewegen.
Umgekehrt sind auch Produkte regelmässig Gegenstand von Fälschungen. Kritiker werfen dem Unternehmen vor, nicht ausreichend gegen diese Machenschaften vorzugehen.