Büro auf Schienen: SBB reagiert auf steigenden Bedarf
Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr Menschen arbeiten im Zug, während sie ins Büro und zurück pendeln.
- Die SBB passt sich schrittweise diesen neuen Bedürfnissen an.
Am Morgen schon auf dem Weg ins Büro einstempeln und auch auf dem Nachhause-Pendeln arbeiten. Das können seit diesem Jahr Angestellte des Bundes – und gewinnen so wertvolle Freizeit dazu. Pendeln auf Arbeitszeit ist vermehrt auch für Angestellte bei privaten Unternehmen in Mode.
«Das Bedürfnis, im Zug arbeiten zu wollen, hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Wer regelmässig zu den Pendlerzeiten am Morgen und Abend unterwegs ist, stellt seit Längerem fest, dass viele Züge rollende Büros sind», bestätigt SBB-Mediensprecher Reto Schärli. Das stellt die Bundesbahnen vor neue Herausforderungen.
Mehr Steckdosen, mehr Büro-Zonen
Die mobil arbeitenden Passagiere erwarten etwa einwandfreie Mobilfunkverbindungen, erklärt Schärli. «Damit der Empfang im Zug genauso gut ist wie ausserhalb, setzen Mobilfunkanbieter und SBB auf Signalverstärker der neusten Generation. Zudem setzt die SBB mobilfunkdurchlässige Scheiben ein bei Fahrzeugmodernisierungen.»
Vor allem auf längeren Strecken sei zudem die Stromversorgung wichtiger geworden. «Die neuen Fernverkehrszüge verfügen deshalb über Steckdosen an jedem Sitzplatz der 1. und 2. Klasse.»
Bei älteren Zügen würden Steckdosen nachgerüstet, sobald Modernisierungen anstehen, erklärt Schärli. «Im modernisierten IC2000 wird die Business-Zone in der 1. Klasse mit einem Office-Bereich erweitert.»
Der Doppelstöcker verkehrt seit Ende Oktober auf der Strecke Zürich-Bern. Die Business-Zonen gibt es seit mehreren Jahren auf Intercity-Verbindungen wie Basel-Luzern-Lugano, Biel-Bern, Genf-Zürich-St.Gallen oder Zürich-Luzern.
Die speziell eingerichteten Arbeitszonen verfügen über Tische, Steckdosen, Leselampen, Verstärkern für verbesserten Telefonempfang sowie Garderobe. Die Plätze lassen sich für fünf Franken reservieren, allerdings fällt die Gebühr beim Umsteigen erneut an.
SBB setzt auf Mobilfunknetz
Die SBB hat keine genauen Zahlen, welche Strecke wie stark beansprucht wird. Gemäss Schärli werde auf allen längeren Strecken – besonders zu den Pendlerzeiten morgens und abends und vor allem im Fernverkehr – mobil gearbeitet.
Im Fernverkehr und auf internationalen Zügen führt SBB bis Ende 2020 ein Angebot mit Gratis-Internet ein, allerdings vorerst nur mit den Anbietern Salt und Sunrise. Die Passagiere loggen sich dabei über eine SBB-App ein und surfen dann gratis über das Mobilfunknetz ihres Anbieters.
Verkehren die Züge auf Strecken mit ausländischen Mobilfunknetzen, setzt die SBB allerdings auf WLAN – in Deutschland und Österreich ist die Mobilfunkqualität im Vergleich schlechter als in der Schweiz. Die SBB rüstet deshalb die internationalen Züge Astoro und Giruno bis 2021 schrittweise mit kostenlosem WLAN aus.
Immer mehr pendeln im Zug, immer mehr arbeiten dabei
Gemäss Bundesamt für Statistik pendeln über 90 Prozent zur Arbeit, im Schnitt gut eine Stunde pro Tag. Die Hälfte benutzt dafür das Auto, die ÖV-Nutzung steigt und lag 2017 bei 31 Prozent.
Allerdings wird in der Privatwirtschaft gemäss Sonntagszeitung lediglich bei acht Prozent der Angestellten die Pendlerzeit als Arbeitszeit gerechnet. Das bedeutet Luft nach oben – und bei der SBB wohl noch mehr Bedarf für Büro-Zonen. Zumindest während der Stosszeiten.