Experten rechnen trotz Lohnerhöhungen nicht mit Lohn-Preis-Spirale

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Zürich,

Die Inflation in der Schweiz hat angezogen. Um die Kaufkraft der Arbeitnehmer trotz der gestiegenen Preise zu erhalten, fordern Gewerkschaften Lohnerhöhungen.

Mindestlohn
Alle Angestellten über 18 Jahre haben Anspruch auf den Mindestlohn. - Keystone

Die Inflation in der Schweiz hat angezogen. Um die Kaufkraft der Arbeitnehmer trotz der gestiegenen Preise zu erhalten, fordern die Gewerkschaften nun Lohnerhöhungen. Zu einer gefürchteten Lohn-Preis-Spirale dürfte es deswegen laut Experten aber nicht kommen. Tatsächlich sind die Konsumentenpreise in der Schweiz unlängst klar gestiegen.

Die Inflation erreichte im April 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, nach 2,4 Prozent im März und 2,2 Prozent im Februar.

Am stärksten stiegen die Preise im April für Heizöl, das sich um satte 75 Prozent verteuerte. Doch auch für Flugreisen (+55%), für Autovermietungen (+31%), Diesel (+28%) und Benzin (+25%) müssen die Konsumenten tiefer in die Tasche greifen.

Trotz des Anstiegs kommen Herr und Frau Schweizer im Vergleich noch gut weg. Dank des Schutzes, den der starke Franken bei den Importen bietet, hält sich die Teuerung hierzulande noch in Grenzen. In den USA etwa betrug sie im April 8,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, in der Eurozone waren es 7,5 Prozent.

«Die Schweiz befindet sich im Vergleich zu den USA und der Eurozone in einer sehr guten Lage», sagt Daniel Kalt, Chefökonom der UBS. Die Inflation könnte sich zwar noch etwas beschleunigen, aber bei stabilen Ölpreisen - und unter der Voraussetzung, dass die Öl- und Gasimporte aus Russland nicht unterbrochen werden - dürfte sie bis zum Herbst wieder zurückgehen. Trotzdem erleiden die Konsumenten laut Alix Bhend, Ökonomin bei der Waadtländer Kantonalbank (BCV), bei der derzeitigen Inflationsrate einen Kaufkraftverlust von über 2 Prozent im Gesamtjahr.

Vor allem bei den Gewerkschaften ist klar, dass wegen der Teuerung die Löhne steigen müssen. «Wenn es keinen Inflationsausgleich gibt, werden die Arbeitnehmer schmerzhafte Kaufkraftverluste erleiden», warnt Daniel Lampart. Für den Chefökonomen des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) könnte der Einkommensverlust für eine vierköpfige Familie bis zu 2200 Franken pro Jahr betragen. «Es braucht also zwingend allgemeine Lohnerhöhungen», fordert er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.

Und ein weiterer Schock drohe ihnen mit den Krankenversicherungsprämien, die um bis zu 10 Prozent in die Höhe schnellen dürften, ergänzt Lampart. «Bund und Kantone müssen die Subventionen substanziell erhöhen», lautet daher seine Forderung.

Die Gewerkschaft Unia will konkret eine Erhöhung der Löhne um 180 Franken pro Monat im Baugewerbe und um 70 Franken plus Teuerungsausgleich im Gastgewerbe. Gewisse Arbeitgeber dürften sich zwar gegen höhere Löhne sträuben, doch die meisten dürften um gewisse Lohnanpassungen nicht herumkommen, meint dazu BCV-Ökonomin Bhend.

Sie rechnet mit einem Lohnanstieg von durchschnittlich rund 1 bis 1,5 Prozent in diesem Jahr und 2023. Dies wäre ein Kompromiss zwischen den Sozialpartnern, denn die Gewerkschaften werden bei den Lohnverhandlungen im Herbst wohl einen Anstieg von um die 3 Prozent fordern, meinen Experten.

Die Erhöhung der Löhne in eine inflationären Umfeld sorgt bei einigen Beobachtern für Angst vor einer sogenannten Lohn-Preis-Spirale. Das ist eine Hypothese, die besagt, dass Steigerungen des Nominallohns für die Erhöhung des Preisniveaus verantwortlich sind.

Von der Nachrichtenagentur AWP befragte Ökonomen sind derzeit jedoch nicht der Ansicht, dass die aktuellen Lohnforderungen und -anpassungen eine Inflationsspirale auslösen werden. «Wir sind derzeit sehr weit von einem solchen Phänomen entfernt», erklärt etwa Bhend von der Waadtländer Kantonalbank.

«Die Schweiz hat einen liberalen Arbeitsmarkt und legt die Löhne dezentral fest», meint UBS-Mann Kalt, der ebenfalls keine Lohn-Preis-Spirale fürchtet. Im Gegensatz zur Schweiz bezeichnet er in Deutschland oder den USA eine Lohn-Preis-Spirale als «wahrscheinlicher».

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