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EZB unter Zugzwang - Entscheidung über Anleihekäufe erwartet

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Deutschland,

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist unter Druck: Die Inflation ist in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen, viele Menschen sorgen sich um die Stabilität des Geldes.

christine lagarde
Die Europäische Zentralbank (EZB). - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Europas Währungshüter dämpften jedoch immer wieder die Erwartungen: Ein schnelles Ende des Billiggeldkurses werde es nicht geben.

Am rekordniedrigen Leitzins von null Prozent wird die Notenbank in Frankfurt absehbar nichts ändern.

Gleichwohl wird erwartet, dass der EZB-Rat an diesem Donnerstag (16.12.) ein erstes Signal in Richtung Normalisierung der seit Jahren ultralockeren Geldpolitik geben wird. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte in Aussicht gestellt, dass das in der Corona-Krise aufgelegte Anleihekaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) wie geplant im März 2022 auslaufen wird. Dies könnte der EZB-Rat nun formal beschliessen.

«Unter den derzeitigen Gegebenheiten gehe ich davon aus, dass wir ab dem Frühjahr keine weiteren Nettoanleihekäufe unter PEPP vornehmen werden», bekräftigte Lagarde Ende November in der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». Lagarde betonte: Das heisse nicht, dass PEPP gänzlich ende. «Und lassen Sie uns nicht vergessen, dass wir andere Kaufprogramme im Werkzeugkasten haben.»

Für das zur Abfederung des Corona-Schocks aufgelegte Kaufprogramm PEPP hat die Notenbank 1,85 Billionen Euro veranschlagt. Gelder aus auslaufenden Wertpapieren will die EZB auch nach einem Auslaufen von PEPP neu anlegen. Zudem gibt es im EZB-Rat Sympathien für die Idee, die Flexibilität des Notkaufprogramms auf andere Anleihekäufe zu übertragen. Im Rahmen des Programms APP aus dem Jahr 2015 hat die EZB bisher mehr als drei Billionen Euro in Staatsanleihen und Unternehmenspapiere gesteckt.

Die Anleihekäufe helfen Staaten wie Unternehmen: Diese müssen für ihre Wertpapiere nicht so hohe Zinsen bieten, wenn eine Zentralbank als grosser Käufer am Markt auftritt. EZB-Vizepräsident Luis de Guindos hatte jüngst in Aussicht gestellt, dass die Notenbank die weiterhin von der Pandemie gebeutelte Wirtschaft auch 2022 mit Anleihekäufen unterstützen wird: «Ich bin zuversichtlich, dass diese Nettokäufe während des nächsten Jahres weitergehen», sagte de Guindos der französischen Zeitung «Les Echos». Er persönlich sei der Meinung, dass die Geldpolitik auch nach einem Ende des PEPP unterstützend bleiben müsse, «da einige der Narben, die die Pandemie hinterlassen hat, noch nicht richtig verheilt sind», sagte de Guindos.

Somit rückt eine Anhebung des seit nunmehr fast sechs Jahren auf dem Rekordtief von null Prozent zementierten Leitzinses im Euroraum weiter in die Ferne. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass die Bedingungen für eine Zinsanhebung im kommenden Jahr erfüllt seien, sagte Lagarde Mitte November vor dem Europäischen Parlament.

Kritiker werfen der EZB vor, mit ihrer Geldflut die Inflation anzuheizen, die sie eigentlich im Zaum halten will. Wegen der Anleihekäufe gelange weiterhin «zu viel Geld in Umlauf», meint Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. «Die EZB sollte den Fuss vom Gas nehmen, ihre Anleihekäufe einstellen und die Negativzinspolitik beenden.»

In Deutschland kletterte die Teuerungsrate im November auf 5,2 Prozent. Der für die EZB-Geldpolitik massgebliche harmonisierte Verbraucherpreisindex HVPI lag in Europas grösster Volkswirtschaft gar um 6,0 Prozent über Vorjahresniveau. Im Euroraum legten im November die Verbraucherpreise im Jahresvergleich um 4,9 Prozent zu - das ist die höchste Inflation seit Bestehen des gemeinsamen Währungsraums.

Sie könne sehr gut verstehen, dass viele Menschen sich Sorgen machten wegen der sehr hohen Teuerungsraten, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel Ende November im ZDF-«Morgenmagazin». Eine höhere Inflation schwächt die Kaufkraft, Verbraucher können sich für einen Euro dann weniger kaufen als zuvor. «Wir gehen davon aus, dass im November der Höhepunkt der Inflationsentwicklung erreicht ist und dass die Inflation im kommenden Jahr wieder allmählich zurückgehen wird, und zwar in Richtung unseres Inflationsziels von zwei Prozent», sagte Schnabel. Man könne «eigentlich keine Hinweise darauf sehen, dass die Inflation ausser Kontrolle gerät».

Die EZB erklärt den sprunghaften Anstieg der Teuerung vor allem mit Sonderfaktoren, die sich im nächsten Jahr abschwächen sollten: etwa die Erholung der Ölpreise nach dem Corona-Schock 2020 und Lieferengpässe infolge gestiegener Nachfrage. Zudem schlage derzeit die Rücknahme der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung in Deutschland durch.

Der scheidende Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hatte wiederholt gemahnt, das Risiko einer zu hohen Inflation nicht zu unterschätzen. Die Geldpolitik solle «nicht zu lange an ihrem derzeit sehr expansiven Kurs festhalten». An diesem Donnerstag hat Weidmann ein letztes Mal Gelegenheit, im EZB-Rat für seine Position zu werben: Er gibt sein Amt nach gut zehn Jahren zum 31. Dezember vorzeitig auf und scheidet damit auch aus dem höchsten EZB-Entscheidungsgremium aus.

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