Holcim und Stararchitekt Foster entwickeln Wohnraum für Vertriebene
Die Häuschen, die innerhalb von wenigen Tagen gebaut und komplett eingerichtet sind, wurden als Forschungsprojekt am Mittwoch an der Architekturbiennale in Venedig präsentiert.
Das Konzept biete vertriebenen Menschen, die über Jahre in temporären Siedlungen wohnen, deutlich bessere Wohnverhältnisse als die üblichen Flüchtlingszelte, erklärte Norman Foster vor den Medien bei der Präsentation. Zudem sei auch der Komfort, die Sicherheit und die Privatsphäre viel höher.
Zelte hätten kein Bad und keine Küche. Die Häuschen erfüllten indes die grundlegenden Bedürfnisse von Vertrieben. Deren erste Priorität sei ein Dach über dem Kopf, das dicht sei, sagte der 87-jährige Foster, der unter anderem den Reichstag in Berlin in ein Parlamentsgebäude für den Bundestag umgebaut hatte. Zudem haben die Häuschen ein kleines Bad, eine Dusche, eine Kochnische, zwei Betten, ein Sofa, einen Tisch und Regale.
Die Häuschen könnten innert drei bis vier Tagen aufgestellt werden, sagte Foster. Möglich macht dies die spezielle Bauweise. Über ein Grundgerüst aus Metall werden ausrollbare Betonbahnen gelegt, die wie Teppichrollen mit dem Lastwagen angeliefert werden und sich der Form des Grundgerüsts anpassen.
Dann werden die Betonbahnen mit Wasser besprüht, was sie innerhalb von 24 Stunden vollständig aushärten lässt, so dass sie ihre Form behalten. Diese Aussenhaut sei absolut wasserdicht, sagte Foster. Damit seien die Flüchtlinge vor Wind und extremem Wetter geschützt.
Das in Venedig an der Architekturbiennale vorstellte Häuschen in der Form einer Kuchenroulade hat eine Fläche von 54 Quadratmetern. Davon entfallen 36 Quadratmeter auf den Innenraum. So ein Häuschen koste rund 20'000 Euro, hiess es. Die kleinere Variante von 18 Quadratmetern sei für 4000 Euro zu haben.
Diese Gebäude hätten eine Lebensdauer von mindestens 20 Jahren, sagte Foster. Dagegen koste auch das ausgeklügeltste Zelt etwa 3000 Euro und sei schon nach drei Jahren kaputt. Zudem bestehe ein Zelt aus Plastik, während das Häuschen vollständig rezykliert werden könne.
Das sei aber erst der Prototyp, den die Norman Foster Foundation nach neun Monaten Entwicklungszeit zusammen mit Holcim vorgelegt habe und damit erst der Startpunkt. Durch die Bauweise mit Betonbahnen können auch mehrere Module kombiniert werden und damit grössere Gebäude errichtet werden wie etwa Schulen oder Spitäler.
Nun werden Abnehmer gesucht. Denkbar beispielsweise die Verwendung in Flüchtlingslagern, wo Vertriebene schon seit Jahren hausen. Dazu nehme man Kontakt mit der Uno oder mit Nichtregierungsorganisationen auf. «Wir haben keine Absicht, damit Geld zu machen», sagte Holcim-Chef Jan Jenisch.
Neben der schnellen Bauweise entsprechen die Häuschen den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft. Gemäss den beiden Partnern ist der CO2-Fussabdruck um 70 Prozent kleiner als bei herkömmlichen Bauten. Erreicht werde dies mit verschiedenen Holcim-Bauprodukten. Unter anderem mit CO2-armen, ausrollbaren Betonbahnen sowie rezyklierten Bau- und Abbruchmaterialien.
Das Wohnraumprojekt «Essential Homes» wird vom 20. Mai bis 26. November in Venedig ausgestellt.