Immobilienkonzern Vonovia einigt sich mit Deutsche Wohnen auf Zusammenschluss
Nach zwei vergeblichen Übernahmeversuchen haben sich die Immobilienkonzerne Vonovia und Deutsche Wohnen am Montag auf einen Zusammenschluss geeinigt.
Das Wichtigste in Kürze
- Land Berlin will 20.000 Wohnungen kaufen.
«Ich glaube, dass wir mit diesem Zusammenschluss in eine neue Ära kommen», sagte Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn am Dienstag. Es handele sich um «ein sehr faires und attraktives Angebot». Der Regierende Bürgermeister Berlins, Michael Müller (SPD), begrüsste das Fusionsvorhaben.
Vonovia will den Aktionären der Deutschen Wohnen im Wege eines freiwilligen Übernahmeangebots 53,03 Euro je Aktie bieten. Der angebotene Kaufpreis beträgt damit knapp 19 Milliarden Euro.
Das geplante Übernahmeangebot steht unter dem Vorbehalt einer Mindestannahmequote von 50 Prozent aller ausstehenden Deutsche Wohnen-Aktien. An dieser Quote war 2016 der letzte Übernahmeversuch von Vonovia gescheitert, da ihr nur rund 30,4 Prozent der Deutsche Wohnen-Aktien angedient wurden.
Diesmal begrüssten der Vorstand und Aufsichtsrat der Deutsche Wohnen das geplante Übernahmeangebot ausdrücklich. Vorbehaltlich der Prüfung der finalen Angebotsunterlage wollen sie den Aktionären die Annahme empfehlen, wie es in einer Mitteilung des Unternehmens hiess.
Sollten die Kartellbehörden zustimmen, würde durch den Zusammenschluss Europas grösster Konzern für Wohnimmobilien entstehen. In Deutschland allein besässe das Unternehmen dann rund 500.000 Mietwohnungen, sagte Vonovia-Geschäftsführer Rolf Buch. Von der Fusion versprechen sich die Konzerne Einsparungen in Höhe von 105 Millionen Euro durch Synergieeffekte, betriebsbedingte Kündigungen schlossen die Unternehmen jedoch bis 2023 aus. Die Unternehmen stellten ausserdem eine enge Zusammenarbeit mit der Politik und Lösungen insbesondere für den Berliner Wohnungsmarkt in Aussicht.
So wollen die Unternehmen reguläre Mieterhöhungen für die nächsten drei Jahre auf maximal ein Prozent begrenzen. Bis 2026 sollen Mieterhöhungen dann maximal in Höhe des Inflationsausgleichs erfolgen. Die Konzerne stellten dem Land Berlin ausserdem den Kauf von rund 20.000 Wohnungen in Aussicht.
Der Regierende Bürgermeister von Berlin begrüsste den geplanten Zusammenschluss. Die Zusage der Immobilienunternehmen, Mieterhöhungen zu begrenzen und dem Land Berlin rund 20.000 Wohnungen zum Kauf anzubieten, sei «von herausragender Bedeutung», sagte Müller. Bei einer entsprechenden Einigung verfüge das Land Berlin zum Jahresende über rund 350.000 Wohnungen und somit über «echten Einfluss» auf dem Wohnungsmarkt und auf den Mietspiegel.
Die kürzlich zurückgetretene Bundesfamilienministerin und Spitzenkandidatin der Berliner SPD für die Abgeordnetenhauswahl Franziska Giffey bezeichnete die Zusagen der Immobilienkonzerne am Dienstag als «gutes Signal - auch für den sozialen Frieden in der Stadt». Nun müsse dafür gesorgt werden, dass die Zusagen «in guter Zusammenarbeit mit dem Land» erfüllt werden.
Der Berliner Kultursenator und Spitzenkandidat der Linken Klaus Lederer bezeichnete die Zugeständnisse der Immobilienkonzerne als «Erfolg der starken Mieterbewegungen» in Berlin. Nur gemeinwohlorientierte Eigentumsstrukturen könnten jedoch langfristig bezahlbare Mieten sichern.
Der Deutsche Mieterbund forderte die Einhaltung des Mieterschutzes. Bei den Versprechen der Immobilienkonzerne handele es sich um «Zusagen, die zwar gut klingen, sich aber bei näherem Hinsehen als Selbstverständlichkeiten entpuppen, die den Unternehmen wenig abverlangen». Nötig sei deshalb ein Mietenstopp bei Bestandsmieten und eine bundesweite «scharfe Mietpreisbremse».
Die Initiative «Deutsche Wohnen enteignen», die sich für eine Vergesellschaftung aller privaten Wohnungsunternehmen mit über 3000 Wohnungen in Berlin einsetzt, bezeichnete die Fusion als «Verzweiflungstat» und kündigte gegenüber der «Wirtschaftswoche» an, ihre Arbeit fortzusetzen.
Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) betonte die politische Dimension des geplanten Zusammenschlusses. «Durch politische Interventionen entstehen Risiken für die Unternehmen, die tendenziell für grosse Marktteilnehmer besser zu bewältigen sind», erklärte das Institut. Viele Kleinvermieter würden zunehmend aus dem Markt gedrängt, ein kleinteiliger Markt sichere jedoch ein vielfältiges Angebot. Der Zusammenschluss müsse deshalb kritisch beobachtet werden.