Iranische Tanker verschwinden wegen neuer US Sanktionen vom Radar
Iran reagiert mit unkonventionellen Methoden auf die Sanktionen der USA: Ihre Öltanker schalten die Tracker ab und parkieren sich teilweise vor der Küste.
Das Wichtigste in Kürze
- Die iranischen Öltanker haben ihre Transponder ausgeschaltet.
- Sie können nur noch über Satellitenbilder verfolgt werden.
Seit Ende Oktober sind Irans Öltanker vollständig vom Radar verschwunden. Sämtliche Schiffe haben ihre Transponder abgeschaltet, mit denen ihre Bewegung normalerweise verfolgt werden können. Wer jetzt ihren Kurs überwachen will, muss dies manuell über Satellitenbilder tun. «Es ist das erste Mal, dass ich eine vollständige Verdunkelung gesehen habe. Es ist einzigartig», sagt Samir Madani von der Spezialfirma TankerTracker.com in Stockholm, die den Tankerverkehr weltweit verfolgt.
Mit dem Schritt versucht Teheran, die Verfolgung seiner Tankerflotte nach dem Inkrafttreten der jüngsten US-Sanktionen am Montag zu erschweren. Allerdings kann der Iran seine Tanker nicht ganz verstecken, da Satellitenbilder heutzutage leicht verfügbar sind. «Der Iran hat 30 Schiffe in der Golfregion, also waren die letzten zehn Tage eine Herausforderung für uns», sagt Lisa Ward von TankerTracker. «Wir halten sie aber visuell im Blick.»
Eine zweite Massnahme, auf die Teheran schon während der letzten Sanktionsperiode 2010 bis 2015 gesetzt hatte, besteht darin, Öl auf riesigen Tankern vor der Küste zu lagern. «Wenn ein Kunde schnell kaufen will, steht die Ladung bereit. Wenn ein kleineres Schiff kommt, kann das Öl rasch von Schiff zu Schiff transferiert werden», sagt der TankerTracker-Experte Breki Tomasson. Elf Millionen Barrel lagern so auf sechs Schiffen im Persischen Golf.
Kein Ende für den Ölhandel
Der Iran ist entschlossen, seinen Ölexport auch nach dem Inkrafttreten der jüngsten US-Sanktionen fortzusetzen. Bereits am 7. August waren erste Sanktionen in Kraft gesetzt worden, nachdem US-Präsident Donald Trump im Mai aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran ausgetreten war. Während die ersten Sanktionen vor allem den Finanzsektor betrafen, richtet sich das zweite Paket vorwiegend gegen den Ölsektor.
Obwohl die anderen Vertragspartner Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Russland und China am Atomabkommen festhalten und den Handel mit dem Iran fortsetzen wollen, haben sich bereits viele Firmen aus Angst vor den US-Sanktionen aus dem Iran-Geschäft zurückgezogen. Zuverlässige Zahlen sind auf dem Ölmarkt schwer erhältlich, doch besteht kein Zweifel, dass Irans Ölexporte stark eingebrochen sind.
Experten sprechen von einem Rückgang von 2,5 Millionen Barrel pro Tag im April auf 1,6 Millionen im September. Länder mit engen Bindungen an Washington wie etwa Südkorea haben ihre Importe ganz eingestellt, und auch Japan und die Europäer haben diese deutlich zurückgefahren. Die EU hat zwar eine Zweckgesellschaft gegründet, über die Firmen ihre Geschäfte abwickeln können sollen, doch gibt es Zweifel, dass sie wirklich funktioniert.
Acht Ausnahmen
«Die Zweckgesellschaft ist eine Totgeburt. Sie kann nicht ernsthaft den Ölhandel bewältigen», sagt Henry Rome, Spezialist für Iran-Sanktionen bei der Eurasia Group. Washington hat angekündigt, acht Länder von den Ölsanktionen auszunehmen. Welche das sind, soll am Montag bekannt gegeben werden. Entscheidend für Teheran sind aber nicht kleinere Abnehmer wie die Europäer, sondern die Grosskunden China und Indien.
Während der letzten Sanktionsperiode hatte China seine Ölimporte zumeist über die Bank of Kunlun abgewickelt, doch scheint diese ihr Iran-Geschäft derzeit zurückzufahren. Die chinesischen Banken hätten offenbar das Risiko begriffen und seien viel vorsichtiger geworden, sagt der Analyst Rome. Vermutlich werde Peking trotzdem nach neuen Wegen suchen, die Importe fortzusetzen.
Auch Indien dürfte versuchen, weiter iranisches Öl einzuführen, doch wird Teheran Wege finden müssen, wie der Iran an das Geld für die Lieferungen kommt. «Der Iran ist ein ernstzunehmender Gegner, der viel Erfahrung hat, auf verschiedenen Wegen sein Öl zu verkaufen und die Spuren zu verwischen», sagt Rome.