Mario Draghi: Kurz vor seinem Abschied zementiert er das Zinstief
Kurz vor seinem Abschied zementiert EZB-Chef Mario Draghi das Zinstief. Seine Nachfolgerin Christine Lagarde wird auf einen gespaltenen Rat treffen.
Das Wichtigste in Kürze
- Mit der Zementierung des Zinstiefs beendet Mario Draghi seine Amtszeit bei der EZB.
- Für diese Entscheidung erntete er viel Kritik.
- Vermutlich wird die Nachfolgerin Lagarde die EZB ähnlich führen wie es Draghi getan hat.
Mario Draghis Amtszeit als EZB-Präsident endet mit einer Zementierung des Zinstiefs. In der letzten Sitzung unter Leitung des Italieners bekräftigte Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) den Mitte-September nochmals verschärften ultralockeren Kurs.
Ein Leitzins auf dem Rekordtief von null Prozent, Negativzinsen von 0,5 Prozent für geparkte Gelder von Banken und frischen Milliarden. Damit will die EZB Konjunktur und Inflation im Euroraum auf die Sprünge helfen.
«Leider hat alles, was seit September passiert ist, im Übermass gezeigt, dass die Entschlossenheit des EZB-Rates zu handeln, berechtigt war.» Das sagte Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt. «Wenn es etwas gibt, worauf ich stolz bin, dann darauf, dass wir unser Mandat immer weiterverfolgt haben. Gib niemals auf!»
Nach Mario Draghi: Erste Frau übernimmt Chefposten bei der EZB
Die achtjährige Amtszeit des 72-Jährigen endet am 31. Oktober. Zum 1. November rückt die bisherige Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, als erste Frau auf den EZB-Chefposten.
Im Rahmen eines Festaktes mit viel politischer Prominenz am kommenden Montag in Frankfurt wird Mario Draghi offiziell verabschiedet.
Lagarde übernimmt einen gespaltenen EZB-Rat. Gleich mehrere nationale Notenbankchefs hatten sich öffentlich zu den jüngsten Beschlüssen der EZB distanziert – vor allem von neuen Anleihenkäufen. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann beispielsweise sagte, die EZB sei «über das Ziel hinausgeschossen».
EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger erklärte ihren vorzeitigen Rücktritt aus dem sechsköpfigen Führungsgremium auf Ende Oktober. Sie hatte sich wiederholt kritisch zu Anleihenkäufen geäussert, die vom 1. November an auf unbestimmte Zeit mit monatlich 20 Milliarden Euro wiederaufgenommen werden sollen.
Kein Kurswechsel von Christine Lagarde erwartet
«Wer nun unter Draghis Nachfolgerin Christine Lagarde auf einen Kurswechsel hofft, dürfte enttäuscht werden», analysiert Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. «Die Französin hat Draghis Geldpolitik stets unterstützt und wird viel Verständnis für die Wünsche ihrer ehemaligen Kollegen aufbringen.»
Lagarde selbst hatte nach ihrer Nominierung deutlich gemacht, dass sie eine sehr lockere Geldpolitik auf absehbare Zeit für nötig hält.