Mehr Stellen in der Sozialhilfe kann Millionen einsparen
Die Ausgaben für Sozialhilfe sind während der Pandemie angestiegen. Die Stadt Winterthur hat nun zusätzliche Stellen geschaffen – um zu sparen.
Das Wichtigste in Kürze
- An vielen Schweizer Orten sind die Kosten der Sozialhilfe pandemiebedingt angestiegen.
- Um Kosten zu sparen, hat Winterthur elf neue Stellen im Departement geschaffen.
- Für die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe ein sehr positives Ergebnis.
Elf neue, befristete Stellen schaffen, um an Kosten zu sparen. So lautete die Lösung des Winterthurer Stadtrats, als die Kosten für die Sozialhilfe zu hoch wurden. Das Pilotprojekt läuft bisher mit einer sehr guten Zwischenbilanz, wie die Stadt auf ihrer Webseite mitteilt.
Je mehr Zeit die Sozialarbeitenden für ihre Fälle haben, desto weniger kostet das insgesamt. Laut einer Studie, die das Projekt analysiert hat, hat nun jede Vollzeitstelle 80 Sozialfälle. Früher waren es über 120, schreibt die Stadt Winterthur. Mit einer intensiveren Sozialarbeit fanden die Betroffenen schneller wieder aus der Sozialhilfe raus.
Monatlich könnten so durchschnittlich 75 Franken und 50 Rappen eingespart werden; für das Jahr 2019 seien die Gesamtkosten um 2,7 Millionen Franken gesunken. Dank der «Kombination von tieferen Monatskosten und häufigeren Ablösungen», so die Studie. Der Winterthurer Stadtrat will nun dem Grossen Gemeinderat vorschlagen, die elf Stellen unbefristet weiter zu besetzen.
«Das ist eine Win-win-Situation»
Auf Anfrage reagiert die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) sehr erfreut: «Die Evaluation hat bewiesen, dass es sich lohnt, in Sozialarbeitende zu investieren.» Corinne Hutmacher-Perret, Leiterin im Fachbereich Grundlagen, hält es überdies für eine «Win-win-Situation»: bessere Beratung, eine nachhaltigere Ablösung und Einsparungen.
Andere Städte und Kantone beobachteten diese Entwicklung, bestätigt Hutmacher-Perret. «Der Grossrat von Basel-Stadt hat vor zirka einem Monat ebenfalls eine Aufstockung von zehn Stellen beschlossen.»
Das Pilotprojekt ist jedoch nicht in allen Kantonen, geschweige denn in allen Städten umsetzbar. Die Stadt Biel beispielsweise: Biel ist einer der sozialen Brennpunkte in der Deutschschweiz, dort beziehen schweizweit am meisten Personen Sozialhilfe.
Die Bieler Ausgangslage unterscheide sich von jener der Winterthurer, sagt Sozial-Direktionsassistentin Mirjam Daidzic. Eine Reorganisation in 2016 habe dazu geführt, dass die Fallast pro Vollzeitstelle unter 100 gefallen sei. Zudem laufe die Finanzierung des Personals über den kantonalen Lastenausgleich, was in Winterthur anders sei, so Daidzic.
Allgemein hätten die Massnahmen zur Kostensenkung in Biel «zwar zu einer langsameren – aber bisher nachhaltigen Änderung» geführt. Und doch müsse die Direktion ganz genau auf die Entwicklung «nach Corona» schauen, erklärt Daidzic. Im Verlauf von 2022 müssten voraussichtlich viele Betroffene in die Sozialhilfe wechseln.