Studie

Mehr Stellen in der Sozialhilfe kann Millionen einsparen

Die Ausgaben für Sozialhilfe sind während der Pandemie angestiegen. Die Stadt Winterthur hat nun zusätzliche Stellen geschaffen – um zu sparen.

Sozialhilfe Winterthur
Zusätzliche Stellen im Sozialhilfeamt hat der Stadt Winterthur Millionen eingespart. Das Pilotprojekt lässt sich aber nicht überall anwenden. (Symbolbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • An vielen Schweizer Orten sind die Kosten der Sozialhilfe pandemiebedingt angestiegen.
  • Um Kosten zu sparen, hat Winterthur elf neue Stellen im Departement geschaffen.
  • Für die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe ein sehr positives Ergebnis.

Elf neue, befristete Stellen schaffen, um an Kosten zu sparen. So lautete die Lösung des Winterthurer Stadtrats, als die Kosten für die Sozialhilfe zu hoch wurden. Das Pilotprojekt läuft bisher mit einer sehr guten Zwischenbilanz, wie die Stadt auf ihrer Webseite mitteilt.

Winterthur Galladé Sozial
Nicolas Galladé ist Stadtrat in Winterthur und Vorsteher des Departement Soziales. - Keystone

Je mehr Zeit die Sozialarbeitenden für ihre Fälle haben, desto weniger kostet das insgesamt. Laut einer Studie, die das Projekt analysiert hat, hat nun jede Vollzeitstelle 80 Sozialfälle. Früher waren es über 120, schreibt die Stadt Winterthur. Mit einer intensiveren Sozialarbeit fanden die Betroffenen schneller wieder aus der Sozialhilfe raus.

Winterthur Stadtrat
Die Aufstockung des Sozialhilfeamts war für den Winterthurer Stadtrat (hier im Bild der Stadtratssaal) ein voller Erfolg. - Keystone

Monatlich könnten so durchschnittlich 75 Franken und 50 Rappen eingespart werden; für das Jahr 2019 seien die Gesamtkosten um 2,7 Millionen Franken gesunken. Dank der «Kombination von tieferen Monatskosten und häufigeren Ablösungen», so die Studie. Der Winterthurer Stadtrat will nun dem Grossen Gemeinderat vorschlagen, die elf Stellen unbefristet weiter zu besetzen.

«Das ist eine Win-win-Situation»

Auf Anfrage reagiert die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) sehr erfreut: «Die Evaluation hat bewiesen, dass es sich lohnt, in Sozialarbeitende zu investieren.» Corinne Hutmacher-Perret, Leiterin im Fachbereich Grundlagen, hält es überdies für eine «Win-win-Situation»: bessere Beratung, eine nachhaltigere Ablösung und Einsparungen.

SKOS
Corinne Hutmacher-Perret ist Leiterin des Fachbereichs Grundlagen bei der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS). - SKOS

Andere Städte und Kantone beobachteten diese Entwicklung, bestätigt Hutmacher-Perret. «Der Grossrat von Basel-Stadt hat vor zirka einem Monat ebenfalls eine Aufstockung von zehn Stellen beschlossen.»

Das Pilotprojekt ist jedoch nicht in allen Kantonen, geschweige denn in allen Städten umsetzbar. Die Stadt Biel beispielsweise: Biel ist einer der sozialen Brennpunkte in der Deutschschweiz, dort beziehen schweizweit am meisten Personen Sozialhilfe.

Biel Stadt
Die Stadt Biel ganz zu Beginn der Corona-Krise. - Keystone

Die Bieler Ausgangslage unterscheide sich von jener der Winterthurer, sagt Sozial-Direktionsassistentin Mirjam Daidzic. Eine Reorganisation in 2016 habe dazu geführt, dass die Fallast pro Vollzeitstelle unter 100 gefallen sei. Zudem laufe die Finanzierung des Personals über den kantonalen Lastenausgleich, was in Winterthur anders sei, so Daidzic.

Wie finden Sie das Winterthurer Pilotprojekt?

Allgemein hätten die Massnahmen zur Kostensenkung in Biel «zwar zu einer langsameren – aber bisher nachhaltigen Änderung» geführt. Und doch müsse die Direktion ganz genau auf die Entwicklung «nach Corona» schauen, erklärt Daidzic. Im Verlauf von 2022 müssten voraussichtlich viele Betroffene in die Sozialhilfe wechseln.

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