Mutierter Virus könnte uns künftig vor Antibiotikaresistenz schützen
Amerikanische Forscher haben möglicherweise einen Weg gefunden, wie Antibiotikaresistenzen effektiv umgangen werden können.
Das Wichtigste in Kürze
- Antibiotikaresistenz ist ein wachsendes Problem. Bakteriophagen sind eine mögliche Alternative.
- Das sind Viren, die Bakterien gezielt angreifen und töten.
- Forscher des MIT haben es nun geschafft, Bakteriophagen gezielt auf spezifische Bakterien abzurichten.
Antibiotikaresistente Bakterien bedrohen die Menschheit zunehmend. Deshalb wollen Forscher des MIT eine Alternative entwickeln: Sie experimentieren mit mutierten Bakterien-Killern, sogenannten Bakteriophagen. Die Resultate sind nun in der Fachzeitschrift Cell erschienen.
Bakteriophagen sind Viren, die sich in Bakterien vervielfältigen und sie töten. Die Bakterien können gegen sie keine Resistenzen bilden – sind ihnen also hilflos ausgeliefert. Die Forschung hat sie schon länger als potenziellen Antibiotika-Ersatz auf dem Radar – im Mai diesen Jahres retteten Forschende mittels Bakteriophagen einer 15-Jährigen gar das Leben. Doch bisher wird die Phagen-Forschung vor allem in Osteuropa betrieben, wo sie historische Wurzeln hat. Im Westen hingegen kommen Phagen vor allem in der Lebensmittelverarbeitung zum Einsatz: Sie sollen die Kontamination von Milch- und Fleischerzeugnissen mit Bakterien wie Salmonellen reduzieren. Das Problem: Bakteriophagen sind jeweils auf genau eine Bakterien-Art spezialisiert. Für jedes Bakterium braucht es also eine eigene Bakteriophagen-Art – und vor jeder Behandlung muss das Bakterium des Patienten genau identifiziert werden, was kostspielig und zeitaufwändig ist. Antibiotika hingegen wirken breit. Auch schwankt die Wirksamkeit von Phagentherapien stark und ist bisher kaum seriös erforscht worden. Und: Manche Phagen begünstigen Antibiotikaresistenzen sogar.
Die Forscher wollen diese Killer-Viren nun nutzen: Hierfür entwickelten sie verschiedene Bakteriophagen, welche im Labor gezüchteten Stämme von E.-Coli-Bakterien infizierten. Einer der neuen Bakterien-Killer attackierte zudem erfolgreich Bakterien einer Hautinfektion bei Mäusen. Um diejenigen Phagen zu finden, die am besten gegen die Bakterien wirkten, führten die Forscher eine Art künstliche Evolution durch: In mehreren Runden wählten sie immer nur jene Phagen aus, die am besten gegen die Phagen wirkten. So konnten sie in einem riesigen Pool von 10 Millionen verschiedenen Phagen genau die besten finden. Die Forschung geht nun weiter: Phagen, die andere Bakterien töten können, sollen entwickelt werden.
Unterstützt wurden die Wissenschaftler von der Armee, welche das Forschungsprojekt in einer Mitteilung als Erfolg des MIT Institute for Soldier Nanotechnologies darstellt, welches von der US-Armee gegründet wurde. In der Studie ist dieses Institut allerdings nur als Geldgeber genannt. Ob das Projekt nun primär für militärische Zwecke durchgeführt wurde, wird nicht klar.
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