Stellenabbau in MEM-Industrie bisher noch glimpflich

Keystone-SDA
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Zürich,

Dank Kurzarbeit verlief der Stellenabbau während der Corona-Krise bisher glimpflich. Doch der Effekt könnte auch nur verzögert worden sein.

Maschinenindustrie
Die Schweizer Maschinenindustrie wurde bisher mit Kurzarbeit über Wasser gehalten. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Stellenabbau während der Corona-Krise verlief bisher besser als erwartet.
  • Kurzarbeit hat bisher den grösseren Schaden verhindert.
  • Der Effekt wurde jedoch nur verzögert.

Die Industrieunternehmen in der Schweiz haben sich in der Corona-Pandemie bisher recht wacker geschlagen. Corona zwang zwar viele Unternehmen zu Sparmassnahmen, zu grösseren Kahlschlägen ist es dank Kurzarbeit bisher aber höchstens vereinzelt gekommen. Dies dürfte kaum so bleiben.

Laut einer Schätzung des Seco hätte die Arbeitslosenquote ohne dieses Instrument auf über 20 Prozent steigen können. Nun lag sie per Ende September bei überraschend tiefen 3,2 Prozent.

Lage in der MEM-Industrie zwiespältig

«Vor dem Hintergrund der Auftragslage kann man durchaus sagen, dass der bisher kommunizierte Arbeitsplatzabbau in der Industrie bisher glimpflich war.» So erklärt Remo Rosenau, Head of Research bei der Helvetischen Bank, gegenüber AWP. «Es ist klar, dass es ohne Kurzarbeit sicher ganz anders aussehen würde.»

Swissmem maschinenbau
Betriebe der MEM-Industrie verzeichneten während der Corona-Krise einen Auftragseinbruch. - Keystone

Er gesteht den hiesigen Industrieunternehmen aber auch «ein gerütteltes Mass an Solidität und Flexibilität» zu. Denn spätestens seit dem Frankenschock 2015 habe der Sektor mit einer Art Dauer-Krisensituation umzugehen gelernt.

Dennoch präsentiert sich die Lage in der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) zwiespältig. Gemäss den Daten des Branchenverbands Swissmem sind die Umsätze und Auftragseingänge auf dem Höhepunkt der Pandemie um ein Fünftel eingebrochen. Die Exporte sackten gegenüber dem Vorjahr gar um knapp ein Viertel ab. Mit Spannung werden deshalb nun die Berichte der Unternehmen zum dritten Quartal erwartet.

Kurzarbeit wirkt nicht ewig

Von den im ersten Quartal ausgewiesenen 320'000 Stellen gingen im zweiten laut Swissmem lediglich 3200 verloren. Der Abbau von 1 Prozent der Arbeitsplätze angesichts des schleppenden Geschäftsgangs fiel somit moderat aus – bisher. Dennoch ist jede einzelne Stelle für die Betroffenen eine zu viel.

Doch ewig kann auch die Kurzarbeit nicht helfen. Die Lage präsentiere sich düster, so die Einschätzung von Swissmem vor etwas mehr als einem Monat.

Laut Swissmem-Direktor Stefan Brupbacher ist nicht mit einem schnellen Aufschwung zu rechnen: Es werde lange brauchen, bis wieder das frühere Niveau erreicht sei. Das Ausmass des Einbruchs zeige, dass der Weg steinig werde, erklärte er.

Vielleicht weitere Entlassungen nötig

Und dieser steinige Weg wird weitere Arbeitsplätze kosten. «Wenn sich die Auftragsbücher in den kommenden Monaten nicht füllten, müssen weitere Entlassungen vorgenommen werden.» So wurde ein anderer Swissmem-Vertreter gegenüber AWP vor einem Monat noch etwas konkreter.

Entlassungen
In Zukunft könnten Entlassungen vermehrt nötig sein. - Keystone

Ähnlich sehen dies auch Bankexperten. «Wir müssen mit einer höheren Arbeitslosigkeit in der Industrie in den nächsten Monaten rechnen.» So sagt etwa Karsten Junius, Chefökonom der Bank J. Safra Sarasin, auf Anfrage.

«Der Anstieg wird aber weniger stark ausfallen als im Dienstleistungssektor.» In der Kategorie Dienstleistung und Verkäufer habe man bereits jetzt die höchsten Arbeitslosenquoten.

Arbeitssicherheit bleibt instabil

Die weiter gültigen Kurzarbeiterregelungen hätten bislang einen stärkeren Anstieg verhindern können. Sie würden dies auch in Zukunft noch tun, so Junius. Allerdings scheine ein Teil des Stellenabbaus dadurch unterdrückt worden zu sein. Teilweise auch bei Stellen, die auch ohne Covid weggefallen wären.

Er rechnet zwar für die kommenden Monate mit einer weiteren Erholung der Konjunktur in der Schweiz und der industriellen Produktion. «Die Arbeitssicherheit erholt sich dagegen kaum.» Sowohl der Wert des Einkaufsmanagerindex als auch der des KOF-Arbeitsmarktindex deuteten auf weitere Beschäftigungsverluste.

Arbeitslosigkeit nur verzögert

Die Zürcher Kantonalbank äusserte sich vor einigen Tagen in einem Lagebericht ebenfalls zur Kurzarbeit. Sie und längere Kündigungsfristen hätten in Europa bisher lediglich zu einem geringen Anstieg der Arbeitslosigkeit geführt. Dabei handle es sich aber lediglich um einen aufgeschobenen Effekt. Die Arbeitslosigkeit dürfte deshalb auch in unseren Breitengraden mit Verzögerung steigen, hiess es

Wirtschaft
Die Wirtschaft erholt sich nach und nach. - Keystone

Als weiterhin herausfordernd bezeichnet auch Rosenau die Lage in der MEM-Industrie. Dies mit Blick auf die Zahlen des zweiten Quartals sowie auf die nach wie vor tiefe Auslastung der Kapazitäten. Auf die Frage, ob es trotz dem Sicherheitsnetz der Kurzarbeit zu weiteren Entlassungen und Firmenschliessungen kommen wird, meint er: «Ja, das wird es mit höchster Wahrscheinlichkeit, aber eher bei KMUs als bei den grossen börsenkotierten Unternehmen.»

Man müsse hier auch stark nach Industriesektoren differenzieren. «Am stärksten dürften die Autozulieferer und die Maschinenbauer leiden.» Im Autosektor gebe es zwar wieder recht ermutigende Signale aus China und Indien. «Aber die westlichen Länder sind immer noch teils massiv im Minus.»

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