Swiss lockt Gäste zum Umsteigen nach Zürich

Jochen Tempelmann
Jochen Tempelmann

Kloten,

Welche Airlines überleben die Corona-Krise? Die Swiss greift in der Krise zu fragwürdigen Geschäftspraktiken und vergrault Schweizer Kunden mit teureren Flügen.

Swiss Mallorca Coronavirus
Die Swiss-Maschine landet heute Nachmittag um 16.10 UHr mit 340 Passagieren an Bord in Zürich. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Swiss versucht, ausländische Passagiere über das Drehkreuz Zürich zu locken.
  • Dafür lockt die Airline mit Rabatten von teils über 60 Prozent.
  • Grüne Politiker und Klimawissenschaftler reagieren empört.

Langsam erwachen die Airlines wieder aus dem Corona-bedingten Dornröschenschlaf. Mittlerweile fliegt die Swiss weltweit wieder viele Destinationen an. Doch die Branche steckt seit dem Ausbruch des Coronavirus tief in der Krise: Die Fluggesellschaften buhlen um die Gunst der wenigen Kunden.

Hierbei scheint der Swiss vor allem das Ausbooten der ausländischen Konkurrenz am Herzen zu liegen: Passagiere sollen das Swiss-Drehkreuz Zürich Kloten nutzen. Dafür lockt die Airline mit saftigen Rabatten fürs Umsteigen in Zürich, wie der «Tages-Anzeiger» heute berichtet.

Umsteigen ist 60 Prozent billiger als Direktfliegen

Wie wäre es also diesen Sommer noch mit einer Flugreise nach Singapur? Die Swiss verbindet Zürich mit dem ostasiatischen Drehkreuz – der einfache Direktflug Mitte Juli kostet derzeit 1085 Franken.

Der preisbewusste Schweizer macht es jedoch anders: Er fährt mit dem Zug nach Florenz und nimmt sich vorab eine Woche ein schönes Hotelzimmer in der italienischen Renaissance-Stadt.

Swiss Direktflüge Umsteigen
Oben der Direktflug ab Zürich – unten der Flug von Florenz mit Umstieg in Zürich. Gespart werden satte 657 Franken – über 60 Prozent. - Swiss.ch/Screenshot

Das alles ist immer noch billiger als der Direktflug: Wer mit der Swiss von Florenz nach Singapur mit Umstieg in Zürich fliegt, bezahlt dafür 428 Franken. Das sind satte 60 Prozent weniger als für denselben Direktflug!

Ähnlich, wenn auch mit geringeren Rabatten, verhält es sich mit anderen Ferndestinationen: Wer beispielsweise seine Reise nach New York in Frankfurt antritt, fliegt billiger, als wenn er in Zürich dasselbe Flugzeug besteigt.

Vor-Krisen-Strategie wird verschärft

Die Preisgestaltungsstrategie ist keinesfalls neu: Die Swiss versucht mit allen Mitteln, ihre Flugzeuge zu füllen. Ein leerer Platz ist immer noch weniger lukrativ als ein billiger besetzter Platz. Kann man gleichzeitig bei einer anderen Fluggesellschaft auch noch die preisbewussten Passagiere abwerben, profitiert die Airline doppelt.

Wiedersprüchlicherweise sinken damit die Preise unter Umständen auf ein niedrigeres Niveau als vor der Krise: Die Fluggesellschaft liefert sich ein Rennen darum, wer den längsten Atem hat. Kann man durch gnadenlose Preispolitik die Konkurrenz in den Bankrott treiben, ist das langfristig ein ökonomischer Vorteil.

Die günstigen Umstiegsflüge kennt man bereits von vor der Krise. 60 Prozent Rabatt im Vergleich zum Direktflug ist jedoch ein extremerer Wert als vor der Krise.

Politiker reagieren empört

Die Strategie mag ökonomisch noch so viel Sinn ergeben – ökologisch ist die Praxis eine Katastrophe: Der Kunde wird dazu angeregt, Flüge mit Umstieg zu buchen. Dabei entstehen deutlich höhere CO2-Emissionen als bei Direktflügen.

Regula Rytz Swiss Direktflüge
Grünen-Präsidentin Regula Rytz macht ihrem Unmut über die fehlgeleitete Swiss-Praxis Luft – und zieht den Bundesrat mit in die Verantwortung. - Twitter

Entsprechend gross ist die Empörung unter grünen Politikern. Grünen-Präsidentin Regula Rytz sieht nicht nur die Swiss, sondern auch den Bundesrat in der Verantwortung. Dieser hat die Swiss aufgrund der Krise bereits mit verbürgten Krediten in Höhe von 1,5 Milliarden unterstützt. Dass der Bund somit eine Klima-unverträgliche Betriebsstrategie unterstützt, geht den Grünen gegen den Strich.

Swiss Klima Strategie Direktflug
ETH-Klimawissenschaftler Reto Knutti empört sich über die Swiss-Strategie. - Twitter

Auch Wissenschaftler schliessen sich der Kritik an: Reto Knutti, ETH-Professor für Klimawissenschaften, hinterfragt die «unsinnigen Geschäftspraktiken».

Rettungspakete machen Preiskampf obsolet

Problematisch wird die Praxis vor allem vor dem Hintergrund, dass zahlreiche Airlines mit staatlichen Rettungspaketen durch die Krise gefüttert werden. Damit dürften sich die marktregulierenden Effekte der Swiss-Preispolitik in Grenzen halten. Stattdessen werden die Praktiken staatlich finanziert, bis sich der Markt wieder normalisiert hat.

Der «Tages-Anzeiger» zitiert eine Stellungnahme der Swiss: «Die Preise werden krisenbedingt niedriger ausfallen.» Man sei bei der Swiss jedoch überzeugt, dass sich der Markt längerfristig erholen werde.

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