Umweltverbände wollen Plug-in-Hybriden an den Kragen
Immer mehr kaufen Schweizer Plug-in-Hybride. Deren Umweltnutzen ist allerdings umstritten. Umweltverbände wollen darum die Subventionen streichen.
Das Wichtigste in Kürze
- VCS und WWF fordern, dass Plug-in-Hybride nicht mehr subventioniert werden.
- Der Verbrauch der Plug-in-Hybride ist auf der Strasse ein Vielfaches höher als im Labor.
Unter der Haube von Plug-in-Hybriden stecken zwei Herzen. Die Autos verfügen nicht nur über einen Verbrennungsmotor, sondern auch einen Elektroantrieb mit Batterie. Diese lässt sich am Strom aufladen, ist allerdings kleiner als beim E-Auto.
Die Idee: Der Stecker-Hybrid fährt auf kurzen Distanzen mit Strom und auf langen mit Benzin oder Diesel. Dieses Konzept scheint bei der Kundschaft anzukommen.
Im katastrophalen Auto-Jahr 2020 legte der Absatz der Plug-in-Hybride in der Schweiz um stolze 200 Prozent zu. Damit kommen die Stecker-Hybride auf einen Marktanteil von sechs Prozent.
Deutlich geringerer Verbrauch
Das zahlt sich auch für die Autoimporteure aus, die immer strengere CO2-Flottenziele des Bundes einhalten müssen. Den Plug-in-Hybriden wird nämlich nur ein geringer Kraftstoffverbrauch angerechnet. Ein Audi Q5 kommt auf einen Verbrauch von 2,4 Liter auf 100 Kilometer. Das vergleichbare Modell mit einem gewöhnlichen Benzinmotor rund dreimal mehr.
Das sind Laborwerte. Weil die Autos kurze Strecken mit Strom fahren können, läuft beim Test der Plug-in-Hybride der Benzin- oder Dieselmotor nur teilweise. Darum schneiden die Stecker-Hybride auf dem Datenblatt so viel besser ab als ihre Geschwister mit reinen Verbrennungsmotoren.
In der Realität ist der Verbrauch massiv höher. Eine Studie des Fraunhofer-Institut und das International Council on Clean Transportation (ICCT) zeigt: Bei Privatfahrzeugen sind der reale Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen zwei- bis viermal höher als im Testzyklus. Bei Dienstwagen liegt die Abweichung bei einem Faktor von drei bis vier.
VCS will Fördermittel streichen
Der Unterschied zwischen Privat- und Dienstwagen dürfte durch längere Fahrtstrecken zustande gekommen sei. So oder so ist die Abweichung allerdings massiv höher als bei gewöhnlichen Verbrennungsmotoren.
Vom Bund gibt es keine Subventionen für die Teilzeit-Stromer, allerdings von einigen Kantonen. Der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) verlangt hier ein Umdenken.
«Die Förderung von Plug-in-Hybriden über Steuerrabatte oder Kaufprämien schadet dem Klimaschutz und der Energiewende», erklärt Auto-Experte Martin Winder. Der Verband fordert darum die Kantone auf, weder Kaufprämien noch Steuerrabatte für Plug-in-Hybride zu gewähren.
Aktuell gibt es in vier Kantonen Rabatte beim Kauf eines Stecker-Hybriden. Und in neun Kantonen hat der tiefe CO2-Ausstoss auf dem Datenblatt einen Einfluss auf die Motorfahrzeugsteuer. Diese Rabatte seien nicht gerechtfertigt, heisst es beim VCS. «Da die offiziellen CO2-Werte von Plug-in-Hybriden keine verlässliche Aussage über den tatsächlichen CO2-Ausstoss dieser Autos zulassen.»
Mehr Lademöglichkeiten gefordert
Der WWF unterstützt die Forderung des VCS. Klimaschutzexperte Patrick Hofstetter schlägt zudem vor, die Fahrzeuge aus den Flottenzielen herauszurechnen: «Alternativ müsste ein realistischer Split von Steckdose versus Verbrenner gewählt werden.»
Hofstetter fordert mehr Fokus auf reine E-Autos. Etwa durch die Förderung von Lademöglichkeiten am Arbeitsplatz und am Wohnort durch Bund und Kantone. «Zudem sollten sie mit guten Beispielen vorgehen und bei ihrer eigenen Flotte nur noch rein elektrisch betriebene Fahrzeuge beschaffen.»
Die Autobranche findet es schade, dass die Plug-in-Hybride unter Generalverdacht gestellt werden, wie Christoph Wolnik von Auto-Schweiz erklärt: «Die Technik kann sehr gut genutzt werden, um Kurzstrecken im Idealfall komplett elektrisch und lokal emissionsfrei zurückzulegen.»
Wolnik erkennt an, dass ein passendes Nutzungprofil nötig ist. Die Schweiz sei aber prädestiniert dafür. «Bei einer durchschnittlichen Pendelstrecke von unter 40 Kilometern könnten viele Arbeitswege elektrisch zurückgelegt werden.»
Ganz uneinig sind Auto-Schweiz und die Umweltverbände nicht. Auch die Importeure fordern mehr Lademöglichkeiten. «Die Fahrer für mangelnde Ladedisziplin zu kritisieren, ohne die Möglichkeiten zum Aufladen bereitzustellen, geht nicht zusammen.»