ZEW: Finanzexperten erwarten spürbar sinkende Inflation im Euroraum
Laut einer Umfrage der ZEW sinken die Inflationserwartungen spürbar. Dennoch blieben sie auf einem hohen Niveau.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Inflationsrate steigt nicht weiter an und sinkt stattdessen.
- Bis 2025 liegt sie voraussichtlich dennoch über dem Zwei-Prozent-Ziel der EZB.
- Erst ab zwei Prozent und weniger wäre die Preisstabilität gewährleistet.
Die Inflationsrate im Euroraum dürfte nach Einschätzung von Finanzmarktexperten noch Jahre über dem Ziel der Europäischen Zentralbank liegen. Die Inflationserwartungen sinken aber spürbar, wie eine Umfrage des Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW zeigt. Frank Brückbauer, Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich Altersvorsorge und nachhaltige Finanzmärkte, sprach von einer Trendwende.
«Im Mai 2023 wurde erstmals kein weiterer Anstieg der Inflationserwartungen der Finanzmarktexpertinnen und -experten verzeichnet. Im August 2023 sinken sie nun das erste Mal merklich.» Die Inflationserwartungen blieben aber auf hohem Niveau, sagte er. Die Inflationsraten im Euroraum dürften bis mindestens 2025 weiter deutlich über dem Zwei-Prozent-Ziel der EZB liegen.
Die Finanzmarktexperten erwarten laut Umfrage für 2023 eine Inflationsrate von im Schnitt 5,5 Prozent. Für 2024 seien es 3,3 Prozent und für 2,5 Prozent für 2025. Im Mai waren die Experten noch von 5,8 Prozent und 3,7 Prozent für dieses und kommendes Jahr ausgegangen. An der ZEW-Umfrage nahmen 125 Finanzfachleute teil.
Mit ihren Schätzungen sind sie etwas pessimistischer als die EZB. Diese erwartet dieses Jahr eine Inflationsrate von im Mittel 5,4 Prozent. Steigende Löhne im Euroraum blieben ein wichtiger Inflationstreiber, sagte Brückbauer. Dämpfend wirke hingegen die schwache Konjunktur.
Starker Anstieg durch Ukraine-Krieg
Die Inflation im Euroraum war insbesondere wegen gestiegener Energie- und Lebensmittelpreise im Zuge des Ukraine-Kriegs nach oben geschnellt. Nach Jahren mit Null- und Negativzinsen hat die EZB mit einer beispiellosen Serie von bislang neun Zinserhöhungen darauf reagiert.
Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Zentralbankgeld besorgen können, liegt bei 4,25 Prozent. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und hohe Teuerungsraten dämpfen kann. Die Inflation in der Eurozone sinkt zwar: Im Juni lag sie bei 5,5 Prozent nach 6,1 Prozent im Mai.
Damit liegt die Rate immer noch mehr als das Doppelte des mittelfristigen Inflationsziels der EZB von zwei Prozent. Erst bei den zwei Prozent wäre die Preisstabilität gewahrt. EZB-Präsidentin Christine Lagarde zeigt sich entschlossen im Kampf gegen die Inflation. Mit Blick auf die nächste Sitzung des EZB-Rates im September schloss sie jedoch erstmals eine Zinspause nicht aus.