Churer Bischof: Verständnis für die vielen Kirchen-Austritte!
Joseph Maria Bonnemain gesteht, dass er die grosse Menge an Kirchen-Austritte nachvollziehen kann. Er ruft zur Umgestaltung auf.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain redet um die Krisensituation in der Kirche.
- Er verstehe die vielen Austritte, gesteht er.
- Gleichzeitig brauche es allerdings Christen, die die Kirche reformieren.
Vor zwei Monaten deckten Historiker der Universität Zürich über 1000 Fälle von sexuellem Missbrauch in der Katholischen Kirche auf. Die Täter waren Kleriker, kirchliche Angestellte und Ordensangehörige. Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain betonte damals die Notwendigkeit eines kulturellen Wandels innerhalb der Kirche.
Advent: Eine Zeit des Wartens und Erlebens
In einem Interview mit der «Südostschweiz» spricht Bischof Bonnemain über die vermeintlich schwierigen Zeiten in der Kirche. Auf die bevorstehende Adventszeit freue er sich trotzdem. Denn der Advent sei eine «Zeit grosser Erwartungen», aber auch eine Zeit des Glaubens an die Erfüllung dieser Erwartungen.
Auf den Missbrauchsskandal angesprochen, betont der Bischof die Bedeutung des Leids der Opfer gegenüber seinem eigenen Schmerz. «Es spielt keine Rolle, wie schmerzhaft das für mich ist», sagt er. Gleichzeitig fordert er dazu auf, sich den Ursachen dieses Schmerzes zu stellen.

Bonnemain spricht ebenfalls über den schwierigen direkten Kontakt mit Missbrauchsopfern. Anstatt voreilige Lösungen anzubieten, betont er die Bedeutung des Zuhörens und der Empathie. «Es tut weh, zu erleben, was sie alles erlitten haben, diesen Schmerz darf ich mir nicht ersparen», sagt er.
Die Katholische Kirche Zürich hat eine Meldestelle für Missbrauchsopfer eingerichtet. Bonnemain hält dies für einen guten Schritt, sieht jedoch auch Probleme: So reiche nur die technische Umsetzung nicht aus. Es müsse auch kompetente Menschen geben, die den Opfern weiterhelfen können. An diesen könnte es noch mangeln.
Pflichtzölibat könnte aufgehoben werden
Die «Südostschweiz» spricht den Bischof auf das Zölibat an, das oft als Ursache für den sexuellen Missbrauch genannt wird. «Es gibt bestimmt einen Zusammenhang, aber das Zölibat ist nicht die Hauptursache.» Gleichzeitig sieht er mittelfristig die Möglichkeit einer Aufhebung des Pflichtzölibats. Man könne sich dann frei dafür oder dagegen entscheiden – ob die Entscheidung richtig getroffen wird, ist zu hoffen.
Verständnis für Austritte
Zuletzt diskutiert Bonnemain über die anhaltende Krise. «Ich verstehe, dass viele enttäuscht und resigniert aus der Kirche austreten», gesteht er. Doch gleichzeitig appelliert er an die Menschen: Es brauche «Christen und Christinnen», die «Missstände kritisieren», aber bereit sind, eine neue Kirche aufzubauen. Diese solle «frisch, lebendig, demütig, transparent [und] dienstbereit» sein.
«Die Kirche ist für die Menschen da und nicht umgekehrt», erklärt Bonnemain seine positive Einstellung.