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Feuerwehr: «Wenns um Leben und Tod geht, braucht es den kühlen Kopf»

Nau.ch Lokal
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Dietikon,

31 Jahre lang war Sven Imboden für die Feuerwehr Spreitenbach-Killwangen aktiv. Der Kommandant teilt mit Nau.ch Rück- und Einblicke zu dieser denkwürdigen Zeit.

Sven Imboden
Sven Imboden war 31 Jahre für die Feuerwehr Spreitenbach-Killwangen zuständig. - z.V.g.

Nach 31 Jahren ist Schluss: Sven Imboden gibt sein Amt als Kommandant der Feuerwehr Spreitenbach-Killwangen ab.

Der Kommandant war 15 Jahre im Amt und davor bereits 16 Jahre für die Feuerwehr aktiv. Sein Nachfolger Daniel Wiederkehr wird die Feuerwehr Spreitenbach-Killwangen ab 2021 leiten.

Die Übung zum Abschied des Kommandanten im Herbst 2020 musste aufgrund der Corona-Krise abgesagt werden.

Doch Sven Imboden gibt den Leserinnen und Lesern von Nau.ch Einblicke, was ihn in seiner Amtszeit bewegt hat und was er seinem Nachfolger wünscht.

Nau.ch: Was war Ihre Motivation, sich so lange für die Feuerwehr zu engagieren?

Sven Imboden: Als ich 1990 der Feuerwehr Spreitenbach beitrat, war für mich klar, dass ich einen Beitrag für die Gemeinde leisten wollte.

Die öffentliche Sicherheit hat mich immer fasziniert. Schon als kleiner Junge bin ich zum Fenster gerannt, wenn die Feuerwehr mit Blaulicht und Horn vor dem Haus vorbeigefahren ist.

Die Faszination ist noch heute da. Es ist eine tolle Sache, Menschen in Not zu helfen.

Im Amt als Kommandant konnte ich mein Organisationstalent und Führungsgeschick einbringen, was für mich eine zusätzliche Motivation war.

Auch die Kameradschaft, welche in der Feuerwehr gepflegt wird, war ein wichtiger Grund für meine lange Dienstzeit. Mit guten Freunden verbringt man gerne Zeit und es ist eine grosse Motivation, zusammen mit ihnen Feuerwehrdienst zu leisten.

Nau.ch: Gibt es etwas, dass die Feuerwehr Spreitenbach-Killwangen auszeichnet?

Wir sind eine moderne und topausgerüstete Feuerwehr mit einem guten Ausbildungsstand. Die rund 100 Leute in meiner Mannschaft sind topmotiviert.

Kameradschaft und Hilfsbereitschaft werden grossgeschrieben. Egal ob Jung oder Alt, die Stimmung passt.

Das spricht sich auch im Dorf herum und motiviert auch jüngere Personen, bei der Feuerwehr mitzumachen.

Bei der Rekrutierung neuer Leute können wir mit Stolz immer auf freiwillige Interessierte zurückgreifen und müssen nie eine Zwangsrekrutierung durchführen.

Pflichtbewusst und konzentriert gehen wir unsere Einsätze an. Wir können aber bei den kameradschaftlichen Anlässen mit dem Feuerwehrverein auch ordentlich feiern.

Nau.ch: Sie wurden für Ihren kühlen Kopf gelobt. Erinnern Sie sich an einen Moment, als Ihnen der heisse Schweiss ausbrach?

Wenn es bei einem Einsatz um Leben und Tod geht, dann braucht es einen kühlen Kopf.

Der Feuerwehrleitsatz «Stehe still und sammle dich» halte ich mir immer vor Augen.

Wo sich anfänglich als junger Offizier bei den ersten Einsätzen noch Nervosität zeigte, hat sich durch die Jahre eine Ruhe niedergelassen.

Nach rund 1500 Einsätze kommt natürlich eine Routine auf.

Aber jeder Einsatz ist anders. Die Taktik kann im Normalfall immer erst vor Ort entschieden werden.

Es gab aber eine Situation, wo ich massiv ins Schwitzen kam. Bei einer Alarmübung im März 2011 wollten wir in einer Abbruchliegenschaft ein kleines Feuer entfachen, damit die Übung auch realistisch wirkte.

Es dauerte keine Minute, bis das Gebäude in Vollbrand stand!

Die Übungsleitung stand vor dem Objekt und war perplex, wie schnell sich das Feuer ausbreitete. Es war keineswegs die Absicht gewesen, dass gleich die ganze Hütte brennt.

Ich rief die Alarmstelle nochmals an und vermeldete, dass es jetzt wirklich brenne und die Feuerwehr schnellstens auf den Platz muss. Dies waren wohl die längsten Minuten meines Lebens, bis die Kameraden endlich aufgekreuzten.

Ich meine mich zu erinnern, dass mein T-Shirt klitschnass vom Schwitzen war … Es sei aber noch angemerkt, dass weder für Mensch, Tier noch Umwelt eine Gefahr bestand.

Nau.ch: Welche Eigenschaften wünschen Sie Ihrem Nachfolger?

Meinem Nachfolger wünsche ich die nötige Ruhe im Einsatz, Einfühlsamkeit gegenüber der Mannschaft, Organisationsgeschick und immer ein gutes Händchen bei allen Geschäften, welche Tag für Tag anstehen.

Als Feuerwehrkommandant führt man eine Firma, welche immer grosse Aufmerksamkeit verlangt.

Man ist Finanzchef, Personalchef, Planer, Organisator und nicht zuletzt auch Seelsorger.

Im Feuerwehrdienst wird durch die Jahre ein grosses Vertrauen aufgebaut. Da kommt es schon mal vor, dass Kameraden/innen mit persönlichen Problemen auf den Kommandanten zukommen. Es ist wichtig, ein offenes Ohr für die Anliegen zu haben. Auch wenn man keine rasche Lösung anbieten kann, hilft es, der betroffenen Person zuzuhören.

Ich wünsche mir, dass auch mein Nachfolger diese Zeit aufbringen kann.

Nau.ch: Wie hoffen Sie, dass sich die Freiwilligenarbeit in der Feuerwehr in der Region entwickelt?

Ich hoffe, dass Spreitenbach-Killwangen und auch alle anderen Feuerwehren in der Schweiz weiterhin auf viele freiwillige Frauen und Männer zählen können.

Man liest immer wieder, dass die Rekrutierung immer schwieriger wird.

Wie kürzlich aus dem Baselbiet bekannt wurde, bestehen Pläne, dass es eine Teilprofessionalisierung geben soll.

Es soll vollamtliche Feuerwehrleute geben, welche tagsüber bei Kleinsteinsätzen aufgeboten werden.

Das bedeutet aber auch, dass das Milizsystem der Feuerwehren eine drastische Veränderung erlebt. Es werden zahlreiche Feuerwehren aufgelöst werden, was für viele angefressene Feuerwehrler ein Stich ins Herz ist.

Ob diese Teilprofessionalisierung auch kantonal oder schweizweit ein Thema werden könnte, das wird sich zeigen.

Im Amt als Kommandant ist man einer grossen Zeitbelastung ausgesetzt. Für die ganzen administrativen Aufgaben muss ein Kommandant mindestens zwölf Stunden pro Woche aufbringen (ohne Übungen, Sitzungen, Rapporte und Einsätze).

Für eine voll berufstätige Person mit Familie ist dies eine sehr grosse Belastung und oft nicht zu vereinbaren.

Speziell bei grossen Feuerwehren ist es nötig, dass man eine vollamtliche Stelle in der Gemeindeverwaltung bewilligt, welche die Feuerwehr und das Kommando entlasten kann.

Papierkram, Organisatorisches und auch Sicherheitsbestimmungen nehmen jährlich zu. Es braucht Unterstützung für die Feuerwehrkommandos.

Wenn ich auf meine Zeit als Kommandant zurückblicke, frage ich mich oft, wie ich das eigentlich alles bewältigen konnte.

Nau.ch: Was ist der denkwürdigste Einsatz, den Sie je hatten?

Ich habe während meiner Dienstzeit viele spezielle und auch ein paar traurige Einsätze erlebt. Ein Einsatz mit schwerverletzten oder toten Menschen ist immer ein einschneidendes Erlebnis, speziell wenn Kinder betroffen sind.

Es sind Einsätze die einem noch Jahre in Erinnerung bleiben.

Es sind Bilder, welche sich im Kopf einprägen und hin und wieder in Erscheinung treten. Ich bin mit solchen Momenten jedoch zurechtgekommen und kann sie gut verarbeiten.

Drei Einsätze werden mir speziell in Erinnerung bleiben.

Bei einem Grossbrand bei einem Wohnwagenhändler (1992) war ich an der Front im Einsatz.

Wir mussten über einen kleinen Dachvorsprung in eine Wohnung einsteigen, welche wir auf eine vermisste Person absuchen mussten. Die Person befand sich zum Glück nicht in der Wohnung und meldete sich ein paar Stunden später bei uns.

Etwa eine halbe Stunde nach unserer Rückkehr aus der Wohnung ist der Dachvorsprung dem Feuer zum Opfer gefallen und eingebrochen. Das ist mir schon eingefahren – wir standen gerade noch auf dem Dach.

Der Grossbrand bei einer Bitumenfabrik in Spreitenbach im Jahre 1996 bleibt auch in Erinnerung. Der Sachschaden war enorm und die Rauchsäule konnte man aus kilometerweiter Entfernung sehen.

Etliche Feuerwehren unterstützten unsere Feuerwehr beim Einsatz, welcher über 24 Stunden dauerte.

Auch als der Dorfbach in den 90er-Jahren über die Ufer ging, war das ebenfalls ein erinnerungsträchtier Moment. Es stand ein Grossteil des Dorfes und auch das Shoppingcenter unter Wasser!

Der Dorfbach hat auch eine damalige Forellenzucht in Mitleidenschaft gezogen. Im ganzen Dorf und auch im Shoppi schwammen Forellen herum, welche wir eingesammelt und in den verschiedenen Dorfbrunnen einquartiert haben.

Nun, es gibt durchaus auch lustige Einsätze, welche in Erinnerung bleiben.

Das Leben besteht aus Freud und Leid, das gehört dazu.

Rückblickend kann ich mit Freude auf meine Feuerwehrzeit zurückblicken und mich mit Stolz über die zahlreichen Einsätze zugunsten der Bevölkerung verabschieden!

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