Emmen verzichtet vorerst auf Genderstern und Sonderzeichen
Emmen verzichtet auf Genderstern und Sonderzeichen in der Kommunikation, um den Lesefluss zu sichern. Inklusion soll ohne sprachliche Hürden gefördert werden.
Wie die Gemeinde Emmen mitteilt, verzichtet sie in ihrer Kommunikation auf den Gebrauch von Genderstern, -doppelpunkt und ähnlichen Sonderzeichen. Sprachliche Inklusion ja, allerdings nicht auf Kosten von Lesefluss und Verständlichkeit.
Entgegen der Forderung der SVP wird der vollständige Verzicht auf eine gendergerechte Sprache gleichwohl abgelehnt.
Kein sprachlich passendes Mittel
Sie sollen Inklusion fördern, schaffen aber neue Barrieren. Typografische Sonderzeichen wie Sternchen (Asterisk), Unterstrich, Doppel- oder Mediopunkt tauchen in deutschsprachigen Fliesstexten zuletzt häufiger auf.
Als Genderzeichen sollen sie nebst männlichen und weiblichen auch nicht-binäre beziehungsweise diverse Geschlechtsidentitäten typografisch sichtbar machen und inkludieren.
Eine hehre Absicht, würdigt der Gemeinderat und unterstreicht sein Anliegen, «alle Personen unabhängig ihrer Geschlechtsidentität in der behördlichen Kommunikation gleich zu behandeln und allgemein diskriminierungsfrei zu kommunizieren.»
Die Verwendung von Genderzeichen stelle allerdings aus sprachlicher Sicht kein geeignetes Mittel dar, um dieses Anliegen umzusetzen.
Beabsichtige Inklusion führt zu Exklusion
Tatsächlich existieren im deutschsprachigen Raum keine Regeln und keine Norm für geschlechtergerechtes Formulieren. Manche nutzen den Genderstern, andere den Doppelpunkt, den Unterstrich oder den Mediopunkt, um Texte geschlechtergerecht zu formulieren. «Diese uneinheitliche Handhabung kann seitens der Leserschaft zu Unsicherheit und Verwirrung führen», konstatiert der Gemeinderat.
Ausserdem tun sich sprachliche Probleme auf: Die Verwendung von Genderzeichen führt zu orthografisch und grammatisch falschen Strukturen, sie sorgen für Missverständnisse und Rechtsunsicherheit und beeinträchtigen insgesamt die Lesbarkeit. Genderzeichen haben zudem keine Entsprechung in der Lautsprache.
«Mit Genderzeichen wird zwar Inklusion beabsichtigt, faktisch schaffen diese Schriftzeichen aber neue Barrieren», bilanziert die Exekutive. Gerade für Menschen, die nicht gut Deutsch können, eine Leseschwäche oder kognitive Einschränkungen haben, würden Schreibweisen mit Genderzeichen zusätzliche Hürden erzeugen, was ein Problem für die Barrierefreiheit darstelle. «Die Inklusion des dritten Geschlechts führt zur Exklusion anderer Menschen.»
Emmen kommuniziert ohne Genderzeichen
Der Gemeinderat stelle sich nicht per se gegen gendergerechte Schreibweisen in amtlichen Publikationen und weiteren für die Öffentlichkeit bestimmten Texten der Gemeinde Emmen. Schliesslich soll die Gemeindekommunikation möglichst alle Menschen einbeziehen und niemanden ausschliessen – allerdings nur, soweit die sprachlichen Mittel dies erlauben.
Stand heute werden Genderzeichen in der Gemeindekommunikation deshalb nicht verwendet, was in der überarbeiteten und seit März 2024 geltenden Kommunikationsverordnung explizit so festgehalten ist.
Gleichwohl verfolgt der Gemeinderat die Sprach- und Schreibentwicklungen laufend und bleibt in dieser Thematik offen und flexibel.
Sollte die Schweiz das dritte Geschlecht rechtlich anerkennen und/oder sich eine standardisierte Form der gendergerechten Sprache durchsetzen, die klar, verständlich und regelkonform ist, würde die Gemeinde entsprechend reagieren und ihre Kommunikationsverordnung anpassen.
Sprache lässt sich nicht per Gesetz festschreiben
Der mittels Motion von der SVP-Fraktion und Mitunterzeichnern von FDP und Mitte geforderte vollständige Verzicht auf die Gendersprache lehnt der Gemeinderat ab. Faktisch würde das nämlich bedeuten, dass auch Doppelnennungen sowie neutrale Formulierungen nicht verwendet werden dürften, da diese Formen ebenso zur Gendersprache zählen.
«Ein Verwendungsverbot dieser Mittel widerspräche den Grundsätzen der sprachlichen Gleichbehandlung der Geschlechter, nach denen sich die Kommunikation der Gemeinde Emmen richtet.»
Auch der geforderten Festschreibung eines «Gendersprache-Verbots» in der Gemeindeordnung steht die Exekutive kritisch gegenüber. Für sprachliche Formalien und Mittel sei dies das falsche Gefäss.
Die Gesellschaft und ihre Sprache wandeln sich fortlaufend – und mit ihnen der sprachliche Umgang mit Geschlechtern und Geschlechtsidentitäten. «Sprache ist ein zu lebendiger Prozess, als dass sie sich per Gesetz festschreiben liesse.»