Unihockey-Legende Matthias Hofbauer macht Schluss

Eine Legende tritt ab: Matthias Hofbauer erklärt nach 23 Jahren (!) Unihockey auf höchstem Niveau seinen Rücktritt.

2005 Champions Cup Sieger – Matthias Hofbauer
2005 Champions Cup Sieger – Matthias Hofbauer. - SV Wiler-Ersigen

Es ist ein Abgang durch die Hintertür, geschuldet dem Coronavirus, umso glanzvoller die Stationen einer einmaligen Unihockey-Karriere. Der bald 38-Jährige hat seit seinem NLA-Debut in der Saison 1997/98 unzählige Titel gesammelt, Rekordmarken gesetzt und steht für die Erfolge des Rekordmeisters SV Wiler-Ersigen: Den Verein, bei dem er gross wurde und dem er mit Ausnahme von drei Jahren in Schweden immer treu geblieben ist.

Selbstredend wird die Nr. 19 in den Kreis der «retired numbers» beim SVWE aufgenommen werden. Ab kommender Saison wird das Trikot von Matthias Hofbauer in der Grossmatt in Kirchberg hängen, neben jenem von Bruder Christoph, Dave Wittwer, Simon Bichsel, Philipp Fankhauser, Adrian Zimmermann und Michael Flury.

Zuerst lässt man einmal Zahlen sprechen…    

- 1x Championscup Sieger (2005)

- 3x Cupsieger  

- 10x Schweizer Meister

- 565 NLA-Spiele (Debut September 1997 gegen Giants Kloten, 1. Tor in Spiel 3 gegen Hornets Bülach).

- 1073 Skorerpunkte -  511 Tore /  562 Assists    

- Rekordinternationaler - 194 Länderspiele (268 Punkte), 1.4.1999 Debut

- WM-Rekordskorer  97 Punkte in 57 WM Spielen, bei 10 WM –Teilnahmen (Topskorer 2004 und 2010)

Es sind Werte, die man kaum einordnen kann, surreal erscheinen. Und hätte so ein verdienstvoller und erfolgreicher Spieler nicht einen besseren Abschied verdient gehabt, als dieses abrupte Ende?

«Es mag jetzt vielleicht komisch klingen, aber ich habe nie damit spekuliert an einem Super-Event die Karriere zu beenden. Es war nun halt in Chur bei einem Geisterspiel, das passt schon.» Vielmehr habe er noch Mühe, das alles einzuordnen, was durch den Coronavirus ausgelöst worden sei. «Im privaten Bereich und geschäftlich ist vieles aus den Fugen geraten und sportlich wurden wir einer super Chance beraubt, etwas Grosses zu erreichen mit dem Team. Da ist schon eine gewisse Leere vorhanden, wenn man weiss, was man in den Playoffs für eine mentale und physische Bereitschaft aufbaut».

So beschäftigt Hofbauer aktuell das Saisonende fast mehr, als das Karriereende, «darauf konnte ich mich ja genug lang vorbereiten, hatte ich ja schon im Vorjahr damit geliebäugelt, konnte es mir dann aber noch nicht vorstellen ohne Unihockey, vor allem ohne  Spiele an den Weekends zu sein. Ich verspüre denn auch nicht Wehmut, sondern Dankbarkeit, dass ich den Zeitpunkt meines Rücktrittes selber bestimmen konnte, wenn ich da beispielsweise an meinen Bruder Christoph denke, der von einem auf den anderen Tag wegen einer Verletzung aufhören musste».

Vor allem die letzten Jahre hätten noch zahlreiche Highlights gebracht, mit dem ersten Sieg über Schweden in der Heimhalle in Kirchberg, der Superfinalteilnahme im Vorjahr, der letzten WM in Prag oder diesen Januar erst das Erreichen des Champions-Cup-Finals. «Und ich bin auch froh, dass ich in meiner letzten Saison eine Rolle im Team einnehmen konnte und nicht einfach noch ein Jahr dran gehängt habe».

Matthias Hofbauer, auf dem Feld ehrgeizig und zielstrebig, daneben besonnen und bescheiden. Er war auch in dieser Saison ein Leader, trug phasenweise sogar noch das Topskorershirt.

Ein Leader mit Leidenschaft und Passion fürs Spiel

NLA-Equipe, beim damaligen Aufsteiger und „no name“ Wiler-Ersigen. Den ersten Treffer erzielte er im dritten Spiel in der Militärhalle Bülach gegen die Hornets Bülach. Über 500 weitere sollten folgen und Matthias Hofbauer wurde zum Inbegriff für den SV Wiler-Ersigen und den Schweizer Unihockeysport.

Der Bätterkinder (mittlerweile in Zielebach wohnhaft) aus dem Zaelgli-Buebe-Quartier war es auch, der als erster Unihockeyspieler als Studiogast im Schweizer Fernsehen auftrat, als bisher einziger Unihockeyspieler zum Superzehnkampf eingeladen wurde. Natürlich erzielte er auch den ersten Treffer bei der erstmaligen Austragung des Superfinals.

Das war 2015, 18 Jahre nach seinem ersten NLA-Spiel, und alles andere als selbstverständlich. Dass er sich solange an der Spitze halten konnte, bedingte nämlich, dass er seinen Spielstil während seiner Karriere ungefähr dreimal adaptieren musste. «Sonst wäre ich weg vom Fenster gewesen. Vom Grundsatz her versuchte ich aber immer möglichst einfach und effizient zu spielen.» Und natürlich mit Leidenschaft.

«Wäre es nur um die Spiele gegangen, ich hätte noch lange weiter gemacht, denn ich spiele noch so gerne Unihockey wie am ersten Tag als Junior.» Andererseits spüre er doch auch eine gewisse Müdigkeit, so sei es ihm immer schwerer gefallen, sich gut auf die Trainings vorzubereiten, die einen bei Wiler halt immer viel abverlangen, da war es schon nicht leicht, am Abend immer bereit zu sein. 

Was ihm denn am meisten fehlen werde in der Zeit nach der Karriere: «Der Groove in der Garderobe, als Team etwas Grosses zu erreichen, den man beim SVWE immer gespürt hat. Dazu das Adrenalin und die Anspannung vor wichtigen Spielen und dann die ausgelassene Stimmung, wenn diese Spiele auch gewonnen werden konnten. Das sind schon extreme, unbeschreibliche Gefühlsschwankungen».

Botschaft an Wiler-Familie

Jahren immer trainiert, auch wenn ich mit Kollegen in den Ferien war. Und mit zunehmenden Alter musste ich sowieso mehr investieren als andere. Nun fällt diese Last weg und Matthias Hofbauer kann sich anderen Dingen widmen.

Familie und die berufliche Situation stehen da natürlich im Vordergrund, aber so richtige wissen, was ich mit der freien Zeit machen werden, tut er noch nicht. Auch das Trainersein kann er sich mittlerweile vorstellen. Und zum Schluss möchte er noch eine Botschaft an die Wiler Familie loswerden.

«Es ist in all den Jahren fast selbstverständlich gewesen, der SVWE einen Titel nach dem anderen holt, dabei gab es ja auch die beiden Saisons, wo wir im Viertelfinal ausschieden.  Da brauchte es enorme Anstrengungen, dass Wiler ein Spitzenteam bleiben konnte und aktuell immer noch die Nummer 1 im Land ist.

Da sollte man nie vergessen, wieviel Arbeit dahinter steckt, weil auch die Konkurrenz nie geschlafen habe – ich denke das Team, der Verein und das Umfeld haben Unglaubliches geleistet und erreicht und darauf können wir stolz sein und es nicht als selbstverständlich nehmen».

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