Tierkrematorium Seon – «Hier zeigt sich der Mensch ohne Maske»
Der Abschied vom geliebten Haustier ist für viele Halterinnen und Halter ein schwieriger Moment. Das Tierkrematorium in Seon bietet einen würdigen Abschied.

Vom Hamster über die Ente und Schildkröte bis zum Pony werden im Tierkrematorium Seon jährlich zahlreiche Tiere kremiert. «Am meisten werden Hunde und Katzen kremiert. Doch auch Kleintiere wie Meerschweinchen und Hasen kommen immer mehr vor», sagt Esther Sager. Sie ist Leiterin Kundenbetreuung sowie Mitglied der Geschäftsleitung.
Die technische Anlage besteht aus drei Öfen; wobei im grössten Ofen Tiere bis zu 200 Kilogramm kremiert werden können. «Einmal hatten wir einen Eber, der genau 200 Kilogramm wog», erinnert sich Sager. Ob ein solch grosses Tier dann kremiert werden kann, kommt auch auf dessen Liegeposition an. Schliesslich hat die Ofentür einen Durchmesser von einem Meter.

In der Regel dürfen keine Huf- und Klauentiere kremiert werden. «Für Tiere wie Ziegen oder Ponys benötigen wir jeweils eine Sonderbewilligung vom Kantonstierarzt», sagt Esther Sager.
Die Kremation dauert je nach Gewicht des Tieres verschieden lange. Bei einer Katze mit etwa vier Kilogramm dauert die Kremation eine knappe Stunde.

Tierkremation hat stark zugenommen
Täglich werden bis zu 15 Tiere in Seon zur Kremation abgegeben. «Zu den Anfangszeiten im Jahr 1994 waren es maximal fünf Tiere im Monat. Die Bedürfnisse haben sich über die Jahre stark verändert.»
Nebst dem Hauptstandort in Seon führt das Tierkrematorium Schweiz auch eine Geschäftsstelle in Dübendorf. Gesamthaft arbeiten rund 50 Personen für das Tierkrematorium Schweiz; wobei viele davon in einem Teilzeitpensum angestellt sind.

«In der Schweiz gibt es acht Tierkrematorien und die meisten sind regional tätig. Unsere transportverantwortlichen Mitarbeitenden holen die verstorbenen Tiere in der ganzen Schweiz ab», sagt Esther Sager. Um näher am Klienten zu sein, sind nun zwei weitere Geschäftsstellen in den Kantonen Baselland und Waadt geplant.
«In der Westschweiz arbeiten wir derzeit mit etwa 60 Tierärzten zusammen. Daher ist es sinnvoll, nun auch dort einen Standort zu eröffnen», erzählt Sager.

Wenn mein Tier stirbt
Viele lassen ihr verstorbenes Tier beim Tierarzt und ein Aussendienstmitarbeiter des Tierkrematoriums holt dieses direkt bei diesem ab. «Das ist in fast 90 Prozent der Fälle so», erzählt Esther Sager. In den Übrigen 10 Prozent rufen die Tierhalter beim Tierkrematorium an, um das Tier selbst vorbeizubringen und Abschied zu nehmen.
Ab und zu kommt es auch zu Terminkremationen. Heisst: Die Tierhalter wollen bei der Kremation dabei sein.
Jedes Tier erhält vor der Kremierung zudem eine Plakette mit Nummer, welche mit in den Ofen kommt. So wird garantiert, dass jeder Halter auch wirklich die Asche seines Tieres erhält.

Nebst Holzkistchen und Stoffsäcklein stehen verschiedene Urnen zur Auswahl. Viele präsentieren sich dabei in dekorativem Look. Auf den ersten Blick ist kaum zu erkennen, dass es sich dabei um eine Urne handelt. Auch gibt es Schlüsselanhänger oder Halsketten, die mit etwas Asche befüllt werden können.
Wer die Asche seines Tieres nicht nach Hause nehmen möchte: Das Tierkrematorium Seon führt auch ein liebevoll dekoriertes Gemeinschaftsgrab.
Krisensituationen und wahre Gefühle
«Es kann oft hektisch sein und wir erleben viel Trauermomente», sagt Esther Sager angesprochen auf die täglichen Herausforderungen. Daher wechselt sich das Team bei der sogenannten Annahme auch täglich ab. «So achten wir darauf, dass unser Personal geschützt wird und für die Annahmen jeweils genügend Energie hat.»

Esther Sager war zuvor als Krankenschwester tätig. Den Umgang mit Krisensituationen ist sie seit vielen Jahren gewohnt. Mittlerweile ist Sager seit 20 Jahren beim Tierkrematorium in Seon und hat bei dessen Aufbau geholfen. «Der Beruf ist sehr abwechslungsreich und wir haben täglich mit Menschen zu tun.»
Von Trauer bis Wut, Esther Sager mag es, dass sie bei ihrer Arbeit mit ehrlichen Gefühlen konfrontiert wird. «Kaum irgendwo erlebt man die Menschen sonst so ohne Fassade und Maske. Der 45-jährige Geschäftsmann, der seit Jahren keine Tränen mehr vergossen hat, hat den Mut, bei uns seine Gefühle zu zeigen. Zudem erfahren wir viel Dankbarkeit.»