Neuenburg weiht Gedenktafel bei umstrittener Statue ein
Neuenburg rückt die von Rassismusgegnern beanstandete Bronzestatue von David de Pury in ein neues Licht. Am Donnerstag wurde eine Tafel mit Erklärungen eingeweiht. Der Händler war ein Wohltäter der Stadt, machte sein Vermögen jedoch teilweise mit der Sklaverei.
Das Wichtigste in Kürze
- «Ein öffentliches Gemeinwesen hat die Pflicht, seine Vergangenheit zu dokumentieren, einschliesslich ihrer Schattenseiten.
Ohne dies gibt es keine demokratische, pluralistische und integrative Gesellschaft«, sagte Thomas Facchinetti, der für den sozialen Zusammenhalt zuständige Gemeinderat, vor einer Reihe von Gästen.
Die Erklärungstafel soll einen kurzen Überblick über das Leben des Kaufmanns aus dem 18. Jahrhundert und die posthume Errichtung der Statue geben. «Sie soll auch eine Hommage an die Menschen sein, die im Rahmen des Dreieckshandels ihrer Freiheit beraubt, ausgebeutet und entmenschlicht wurden», erklärte Facchinetti. Vom Text auf der Tafel gibt es zwölf Übersetzungen, die über QR-Codes auf der Website der Stadt zugänglich sind.
Während der «Black Lives Matter»-Bewegung vor zwei Jahren war das Denkmal in die Kritik geraten. Aktivisten beschmierten die Bronzestatue von David de Pury, die auf dem gleichnamigen Platz steht, mit roter Farbe. Das Denkmal war auch Gegenstand von zwei Petitionen. Davon verlangte eine den Abriss des 1855 eingeweihten Denkmals.
Zudem wurde am Donnerstag bei der Statue ein preisgekröntes Kunstwerk mit dem Namen «Great in the concrete» enthüllt. Die Skulptur des Genfer Künstlers Mathias Pfund besteht aus Bronze auf einem Betonsockel und zeigt David de Pury auf dem Kopf stehend mit dem Kopf im Sockel, ähnlich wie die Statue von Louis Agassiz an der Universität von Kalifornien, die Anfang des 20. Jahrhunderts durch ein Erdbeben umgestürzt war.
«Das Werk überlagert die Erinnerung an zwei kontroverse Figuren, die mit Neuenburg verbunden sind», sagte der Genfer Künstler. Der Naturforscher Agassiz erwarb unter anderem grosse Verdienste um die Gletscherkunde, geriet später jedoch wegen seiner rassentheoretischen Ansichten in Verruf.
Nach ihm sind das Agassizhorn in den Berner Alpen und mehrere Strassen in der Schweiz benannt. 2019 benannte Neuenburg den nach Agassiz bezeichneten Platz um. Eine Umbenennung des Agassizhorns lehnten die drei Standortgemeinden Grindelwald BE, Guttannen BE und Fieschertal VS im Jahr 2020 ab.
Vor der Statue von David de Pury (1709-1786) sollen ab dem nächsten Frühjahr andere Kunstwerke aufgestellt werden. Diese wurden von einer Jury unter der Leitung des derzeitigen französischen Bildungsministers Pap Ndiaye ausgewählt.