Hanspeter Raetzo: «Stadtrat verhindert eine Diskussion zum Klima»
Der frühere SP-Präsident der Stadt hat eine Abstimmungsbeschwerde zur Urnenabstimmung vom Sonntag eingereicht. Raetzo findet das Vorgehen der Stadt bedenklich.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Klimaallianz hatte bis 2040 die Treibhausgase auf Null reduzieren wollen.
- Der Stadtrat kommt nun plötzlich dem Ziel 2050 und einigen unwichtigen Änderungen.
- Raetzo ist der Meinung, dass die Bürger auf ihr ursprüngliches Ziel beharren sollen.
An diesem Wochenende werden die Stimmberechtigten von Rapperswil-Jona über einen Klimaartikel abstimmen. Verlangt haben SP, GLP und UGS (Grüne) als Klimaallianz, dass die Stadt «bis spätestens ins Jahr 2040 eine Reduktion des Treibhausgasausstosses auf Netto-Null» erreichen muss.
An der Bürgersammlung vom 6. Juni 2019 nahmen die Stimmberechigten diesen Antrag an. Der Stadtrat wollte den Bürgerinnen einen entsprechenden Vorschlag zur Ergänzung der Gemeindeordnung präsentieren.
Ziele angeblich nicht erreichbar
Der Vorschlag des Stadtrates enthielt nicht nur einige kosmetischen Änderungen, er schob auch das Ziel aufs Jahr 2050 hinaus. Die Begründung des Stadtrates für diese Änderung lautet lapidar, dass das Klima-Ziel bis 2040 nicht erreichbar sei.
Jetzt wird über die stadträtliche Vorlage, und nur über sie, an diesem Wochenende an der Urne abgestimmt. Der normale Weg wäre die Präsentation beider Vorlagen an einer Bürgerversammlung gewesen, diese aber fielen der Corona-Krise zum Opfer.
Das Vorgehen des Stadtrates ist in mehrfacher Hinsicht bedenklich. Deshalb haben Pablo Blöchlinger und ich Abstimmungsbeschwerde beim Departement des Inneren erhoben.
Aufgrund der Gesetzeslage darf über die Vorlage gar nicht an der Urne abgestimmt werden. Eine Verschiebung von Vorlagen von der Bürgerversammlung an die Urne ist nur statthaft, wenn es sich um «unaufschiebbare Geschäfte» handelt. Das ist hier, auch für den Stadtrat, erkennbar nicht der Fall, verschiebt er doch das Erreichen des Klimazieles selbst um zehn Jahre nach hinten.
Stadtrat verhindert Diskussion
Bürgerversammlungen werden auch wieder stattfinden. Und falls nicht: Die Alternative, beide Vorschläge mit einer Stichfrage den Stimmberechtigten vorzulegen, lehnte der Stadtrat ab.
Der Stadtrat verhindert damit eine Diskussion der BürgerInnen über die zwei Vorschläge. Dass von BürgerInnen angenommene Anträge nachträglich einfach geändert werden zeigt eine Geringschätzung gegenüber den demokratischen Insitutionen, gar eine Geringschätzung der Abstimmenden an Bürgerversammlungen.
Das ist schon bedenklich genug, noch schlimmer ist, dass den BürgerInnen das Recht genommen wird, auf dem ursprünglichen, von ihnen angenommen, Antrag zu beharren und zu ihrer Meinung zu stehen.
Auf nationaler Ebene sehen wir was mit dem CO2- Gesetz passiert. Teile der «Klimajugend» ergreifen das Referendum weil es zu wenig weit geht, Autoindustrie und rechte Parteien ergreifen es, weil es zu weit geht. Dies könnte auch hier passieren.
Thema an Bürgerversammlung
In Rapperswil-Jona ist eine rechtlich einwandfreie und demokratiepolitisch faire Abstimmung nötig. Und dies ist mit dem stadträtlichen Vorgehen nicht gegeben.
Gemäss «LinthZeitung» lässt der Stadtrat sein Vorgehen damit begründen, dass die Parteien der Klimaallianz diesem zugestimmt hätte. Für Änderungen von BürgerInnen-Versammlungs-Beschlüssen müssten allerdings die BürgerInnen selbst zuständig sein, nicht Parteien. Und genau das spricht für eine Bürgerversammlung.
Die Dringlichkeit von Klima-Massnahmen wird von uns nicht bestritten. Bürgerversammlungen wurden vom Stadtrat (noch) nicht abgesagt, an der nächsten könnte bereits diskutiert und abgestimmt werden. Falls keine durchgeführt werden könnten: der nächste Abstimmungstermin wäre der 07.03.2021, dann mit beiden Vorlagen und Stichwahl.