SP St. Gallen will Curlingverein eine zweite Chance geben
Der in finanzielle Schieflage geratene Verein CCSG schuldet St. Gallen rund 3,9 Millionen Franken. Das Stadtparlament muss nun entscheiden, wie es weitergeht.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Curling Center St. Gallen schuldet der Stadt aktuell rund 3,9 Millionen Franken.
- Die finanzielle Situation des Vereins haben sich in den letzten Jahren verschlechtert.
- Der Stadtrat wollte ihm deshalb zwei Millionen des Darlehens erlassen.
- Die Geschäftsprüfungskommission will den Betrag hingegen stunden lassen.
2014 eröffnete der Verein Curling Center St. Gallen (CCSG) seine neue Curlinghalle. der Bau hatte 5,8 Millionen Franken gekostet, 4,2 Millionen Franken davon kamen von der Stadt. Bis heute sind noch rund 3,9 Millionen Franken des Darlehens nicht beglichen.
Das Problem: Der Verein steht finanziell schlecht da. Die Mitgliederzahlen und Einnahmen sind nicht so stark gewachsen wie erwartet. Auch die Folgen der Pandemie und des Ukraine-Kriegs haben den Verein finanziell getroffen. Alleine in der Saison 2021/22 hat der Verein 90'000 Franken Betriebsverlust geschrieben.
Der Stadtrat will den Verein finanziell entlastet. Dafür sollen dem CCSG zwei Millionen des Darlehens erlassen werden. Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) ist gegen diesen Plan. Sie will die zwei Millionen stunden und auf die darauf abfallenden Zinsen verzichten. Laut GPK entgehen der Stadt so jährlich rund 30'000 Franken an Einnahmen.
Das Stadtparlament berät in der kommenden Sitzung am 12. September über den Änderungsantrag der GPK. Nau.ch hat vorab mit SP-Stadtparlamentarier und GPK-Mitglied Chompel Balok gesprochen. Er sagt: «Mit der Stundung und dem Zinserlass erhält der Verein eine zweite Chance. [...] Wir hoffen, dass er diese Chance nutzt und seiner Verantwortung nachkommt.»
Nau.ch: Warum hat die Stadt ursprünglich einen Beitrag an den Bau der Halle geleistet?
Chompel Balok: Die alte Halle stammte aus dem Jahr 1967 und war stark sanierungsbedürftig. Mit einem Darlehen hat das Stadtparlament im Jahr 2012 die finanzielle Unterstützung eines Neubaus beschlossen.
Der Curlingsport war damals populärer als heute und die Erfolge des Curlingvereins St. Galler Bär hatten vielleicht auch einen gewissen Einfluss auf den Entscheid des Parlaments. Auf jeden Fall hat das Parlament den Prognosen des Curlingvereins geglaubt, wonach dieser den Betrieb der neuen Halle kostendeckendend betreiben kann.
Nau.ch: Weshalb möchte die GPK die zwei Millionen Franken nicht wie der Stadtrat erlassen, sondern stunden?
Chompel Balok: Ich kann hier nicht für die GPK sprechen. Aber für die SP der Stadt St. Gallen ist es wichtig, den finanziellen Schaden für die Stadt möglichst zu begrenzen. Gleichzeitig ist es für die SP ein Anliegen, dass Sportvereine unterstützt werden, die auch Nachwuchsförderung leisten und dass die vielen Nutzer*innen der Curlinghalle ihren Sport weiter ausüben können.
Für die SP steht jetzt klar der Curlingverein in der Verantwortung. Auch klar ist, dass die von den Vereinsverantwortlichen gemachten Prognosen zu Mitgliederzahlen und Umsätze rückblickend sehr unrealistisch waren. Mit der Stundung und dem Zinserlass erhält der Verein aber eine zweite Chance. Konkret wird er in den kommenden 12 Jahren finanziell stark entlastet, weil er keine Zinsen und keine Rückzahlungen leisten muss. Wir hoffen, dass er diese Chance nutzt und seiner Verantwortung nachkommt.
Nau.ch: Genügt eine Stundung plus Zinserlass in Anbetracht der finanziellen Situation des Vereins überhaupt?
Chompel Balok: Niemand kann in die Zukunft schauen. Aber die Stundung und der Zinserlass verschafft dem Verein auf jeden Fall Zeit und Luft, um nochmals weitere Massnahmen zur Sanierung zu ergreifen.
Konkret könnte der Curlingverein auf die umliegenden Gemeinden zugehen, und um Beiträge für den Verein anfragen. Denn ein grosser Teil der Mitglieder wohnt ausserhalb der Stadt. Es braucht hier auf jeden Fall grössere und öffentlich sichtbare Anstrengungen vonseiten des Vereins. Wir erinnern hier an den Erfolg des Restaurants Engel, wo innert kürzester Zeit eine Rettung möglich war. Dies wäre auch für den Curlingverein wünschenswert.
Nau.ch: Ein weiterer Lösungsansatz wäre laut Stadtrat der Kauf der Halle gewesen. Letztlich hat man sich nicht dafür entschieden. Was spricht gegen einen Kauf?
Chompel Balok: Wie bereits erwähnt, gilt es hier die finanziellen Folgen für den städtischen Haushalt im Auge zu behalten. Heute ist sie Darlehensgeberin, mit dem Kauf der Halle würde die Stadt Eigentümerin und hätte in Zukunft die volle finanzielle Verantwortung für diese Liegenschaft. Das führt zu Folgekosten, wie für Amortisation, Verzinsung oder Verwaltung.
Zudem wäre die Stadt dann für die Vermietung der Halle zuständig und müsste entsprechende Nutzerinnen und Nutzer suchen. Eine Vermietung an den Curlingverein würde dann mit einer Miete von 240'000 Franken zu Buche schlagen. Dies kann der Verein nicht stemmen.
Zur Person
Chompel Balok ist Mitglied der SP-Juso-PFG-Fraktion und der Geschäftsprüfungskommission des Stadtparlaments St. Gallen. Er arbeitet als Angestellter beim Kanton, ist verheiratet und geht in seiner Freizeit gerne laufen.