SVP: Winterthurer sollen wieder Atomstrom beziehen können
Das Wichtigste in Kürze
- «Freie und günstige Stromwahl» fordert die Initiative der SVP.
- Dadurch würde es in Winterthur wieder möglich, einen Strommix aus Atomkraft zu beziehen.
- Auch soll das daraus entstehende Produkt als klimafreundlich vermarktet werden.
Am 12. Juli 2023 hat die SVP Winterthur die Volksinitiative «Ja zur günstigen und freien Stromwahl» eingereicht. Die SVP ist nämlich nicht damit einverstanden, dass das günstigste Stromprodukt «e-Strom. Grau» für die Winterthurer Haushalte als Option gestrichen wurde.
Mit der Initiative fordert sie jetzt die Wiedereinführung eines solchen Produkts analog zu «e-Strom. Grau», bestehend aus reiner Atomkraft.
Zusätzlich soll das Produkt als klimafreundlich vermarktet werden. Begründet wird dies mit dem Entscheid der EU, die im Juli 2022 Atomenergie, sowie Erdgas, als grün taxiert hat.
Nau.ch hat sich mit Maria Wegelin, Präsidentin der SVP Winterthur und Mitglied des Initiativ-Komitees über die Initiative ausgetauscht. Ihr ist vor allem die Bevormundung der Bevölkerung, sowie die drohende Energiemangellage ein Dorn im Auge.
Nau.ch: Welche Vorteile – nebst günstigen Strompreisen – sehen Sie für die Bevölkerung von Winterthur durch Ihre Initiative?
Maria Wegelin: Die Bevölkerung kann ihren Strom frei wählen, trägt die Verantwortung selbst, welchen Strom sie will und wird nicht bevormundet.
Solange die Schweiz AKWs betreibt, solange wird Atomstrom aus der Steckdose kommen und solange soll jeder das Recht haben, Atomstrom zu beziehen. Da kann Winterthur noch lange von sich behaupten, wir hätten keinen Atomstrom. Der macht nicht Halt an der Stadtgrenze, das ist reine Augenwischerei.
Nau.ch: Wie viel könnte ein vierköpfiger Winterthurer-Haushalt (Wohnung) bei Annahme der Initiative jährlich sparen?
Maria Wegelin: Die Produktionskosten von Strom aus einem Schweizer Kernkraftwerk bewegen sich seit Jahren zwischen knapp 4 und gut 6 Rappen pro Kilowattstunde. Rechnet man mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 375 kWh/Monat ergibt das pro Monat um die 20 Franken reine Energiekosten.
Beim günstigsten Produkt in Winterthur «KlimaBronze» (circa 50 % Strom aus der Winterthurer Kehrrichtverbrennungsanlage, circa 50 % Wasserkraft aus der EU) sind es gut 50 Franken pro Monat.
Nau.ch: Die EU hat Kernkraft als grün deklariert. Dennoch fällt durch Kernkraft Atommüll an, welcher Jahre weiterstrahlt. Der Standort für das geplante Schweizer Endlager ist umstritten. Wieso wollen Sie trotzdem auf Atomstrom setzen?
Maria Wegelin: Wir müssen auf Reaktoren der 4. Generation, sogenannte «Schnelle Reaktoren», setzen, bei denen keine sogenannten Transuran-Abfälle mehr anfallen. Also Stoffe, die schwerer sind als Uran.
Diese Abfälle aus klassischen Reaktoren, die mehrere hunderttausend Jahre lang gefährlich bleiben, sind das Problem. Die Abfälle aus «Schnellen Reaktoren» müssen dagegen nur für einige hundert Jahre sicher gelagert werden.
Immer noch eine lange Zeit, aber deutlich überschaubarer. Das würde auch die Anforderungen an ein Endlager vereinfachen.
Sollte weiterhin auf Atomkraft gesetzt werden?
Nau.ch: Nebst Atomkraft wurde auch Erdgas von der EU als grün eingestuft. Befürworten Sie ebenfalls den stärkeren Ausbau von Erdgas?
Maria Wegelin: Nein, es geht darum, möglichst unabhängig zu sein vom Ausland. Wir sind nicht das einzige Land, das in eine Energiemangellage schlittern wird. Die EU wird dann garantiert zuerst für sich schauen.
Nau.ch: Wäre es für Sie alternativ auch vertretbar, wenn die Preise der anderen «e-Strom»-Produkte nach unten angepasst werden?
Maria Wegelin: Das wird nicht passieren. Beispiel Windenergie. Die Vorzeigewindkraftanlage Haldenstein bei Chur hatte 2017 eine Auslastung von 15,74 %, generierte Strom im Marktwert von 200'000 Franken und erhielt eine Einspeisevergütung, also Subventionen, von 810'000 Franken.
Kosten, die wir alle direkt beim Bezug des Produktes oder indirekt wieder mit unseren Steuern bezahlen, denn Subventionen sind nichts anderes als unsere Steuergelder.
Zur Person
Maria Wegelin ist 44 Jahre alt und Präsidentin SVP Winterthur, welche sie im Stadtparlament vertritt. Ebenfalls kandidiert sie für den Nationalrat.
Sie wohnt in Winterthur, arbeitet als Tierpathologin, zu ihren Hobbys gehören: Standardtanz, Rennvelo fahren, Biken, Yoga, Stand-Up-Paddle und weiteres.