Die «Stadtgrün»-Initiative sowie zwei Gegenvorschläge kommen am 3. September 2023 vor das Zürcher Volk. Die FDP kann sich dabei mit keiner Lösung anfreunden.
Sebastian Vogel FDP Zürich
Sebastian Vogel, Gemeinderat der Stadt Zürich für die FDP. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Die «Stadtgrün»-Initiative will Zürich für den Klimawandel rüsten und die Stadt begrünen.
  • Die Einwohnenden der Stadt können am 3. September 2023 darüber abstimmen.
  • Die FDP kann keinem der beiden Vorschläge etwas abgewinnen.
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Am 3. September 2023 kommt es in Zürich zur nächsten Volksabstimmung. Thema wird dabei unter anderem die «Stadtgrün»-Initiative sein. Durch sie soll die Stadt begrünt und fit für den Klimawandel gemacht werden.

Die Initiative fordert eine stärkere Begrünung sowie diverse Massnahmen zur Hitzereduzierung. Durch ein Kompetenzzentrum sollen dies gezielt verfolgt werden. Finanziert würde das Vorhaben mit einem Prozent der jährlichen Steuereinnahmen Zürichs.

Der Stadtrat von Zürich sieht allerdings Fehler im Initiativ-Text und erklärte diese für teilungültig. Es sei nicht möglich, per Gesetz einen Teil des Steuerbetrags aufzuwenden, da dies «nicht in die Verfassung der Stadt gehört». Auch ist der Eingriff in die Organisation der Stadtverwaltung nicht zulässig, da dafür ausschliesslich der Stadtrat zuständig sei.

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Die Stadt Zürich will in die Grünanlagen investieren. - Keystone

Der Stadtrat kann das Anliegen des Vereins gut nachvollziehen und erarbeitete deshalb einen direkten und indirekten Gegenvorschlag. Durch diese würde ein neues Amt geschaffen und dem Vorhaben Gelder in Höhe von insgesamt 83 Millionen Franken zugesprochen. Der Gemeinderat war damit ebenfalls einverstanden und erhöhte den Betrag sogar auf 130 Millionen Franken.

Beni Schwarzenbach, Präsident des Vereins «Stadtgrün», hat sich Nau.ch gegenüber bereits für die Initiative ausgesprochen. Für die FDP sind die Initiative und Gegenvorschläge allerdings nicht zielführend und die Höhe des Betrags von 130 Millionen Franken «rein politisch motiviert». Sebastian Vogel, Gemeinderat der FDP Stadt Zürich, gibt Einblicke in die Überlegungen der FDP.

Nau.ch: Aus welchen Gründen können Sie weder der Volksinitiative noch den Gegenvorschlägen zustimmen?

Sebastian Vogel: Die FDP teilt die Notwendigkeit, dem Stadtklima Sorge zu tragen. Trotz grosser Sympathien kann die FDP der Volksinitiative aus folgenden zwei Gründen nicht zustimmen.

Erstens teilt die FDP die Ansicht vom Stadtrat, wonach das vorgesehene Finanzierungsmodell, der Zweckbindung von Steuerannahmen, juristisch unzulässig ist.

Zweitens befürchten wir, dass es bei der Gründung einer Stiftung zu einer Parallelorganisation und somit zur Doppelspurigkeit mit der Stadtverwaltung kommt. Grundsätzlich sehen wir, auch wenn von uns Führung und politische Ausrichtung kritisch beurteilt, die Aufgaben bezüglich Stadtklima bei «Grün Stadt Zürich» richtig angegliedert.

Die FDP hätte dem indirekten Gegenvorschlag zugestimmt, sofern das Parlament den Rahmenkredit bei den vom rot-grünen Stadtrat vorgeschlagenen 83 Millionen Franken bis 2035 geblieben wäre. Die rein politisch motivierte Erhöhung auf 130 Millionen durch die Mehrheit im Parlament können wir nicht mittragen. Diese entbehrt jeglicher vernünftigen Grundlage.

So könnte Zürich nach Annahme der Initiative aussehen

Zürich Heimplatz vorher
Der Heimplatz vor der Begrünung.
Zürich Heimplatz nachher
Der Heimplatz nach der Begrünung.
Zürich Hardbrücke vorher
Die Hardbrücke vor der Begrünung.
Zürich Hardbrücke nachher
Die Hardbrücke nach der Begrünung.
Zürich Paradeplatz vorher
Der Paradeplatz vor der Begrünung.
Zürich Paradeplatz nachher
Der Paradeplatz nach der Begrünung.
Zürich Helvetiaplatz vorher
Der Helvetiaplatz vor der Begrünung.
Zürich Helvetiaplatz nachher
Der Helvetiaplatz nach der Begrünung.

Nau.ch: Der Klimawandel sorgt im Sommer für immer mehr Rekordhitze. Grünflächen und Bäume kühlen Städte erwiesenermassen herunter und sorgen für angenehmere Temperaturen. Wäre da eine Stadtbegrünung nicht sinnvoll?

Sebastian Vogel: Zahlreiche von der FDP eingereichte Vorstösse mit kostengünstigen Ideen zur Kühlung und Begrünung von städtischen Hitzeinseln zeugen davon, wie sehr ein angenehmes Stadtklima der FDP am Herzen liegt.

Die von rot-grün «hitzetechnischen» begangenen Bausünden in den letzten 30 Jahren schmerzen und sind für uns unverständlich. Dennoch hat die FDP Bereitschaft gezeigt und den vom Stadtrat ausgearbeiteten indirekten Gegenvorschlag unterstützt.

Weiter aber meinen wir, dass die erst 2021 beschlossene Fachplanung Hitzeminderung genügen müsste, um die gewünschten Ziele zu erreichen. Von kostspieligem Aktionismus halten wir nichts. Von den vorgeschlagenen 130 Millionen sollen bis zu 40 % in Personalkosten fliessen.

Nau.ch: Könnten grüne Fassaden, Alleen und Rasenflächen nebst dem positiven Effekt der Vermeidung von Hitzeinseln nicht das Stadtbild verschönern und damit auch sonst für mehr Lebensqualität in der Stadt sorgen?

Sebastian Vogel: Absolut und all das hätte schon in den letzten dreissig Jahren so geplant und umgesetzt werden können und müssen. Die begangenen Fehler der letzten 30 Jahre nun aber innert kürzester Zeit mit viel Aufwand ausbessern zu wollen, erachten wir als falsch.

Grundsätzlich wünschten wir eine Verschiebung der politischen Mehrheiten, um wieder dafür zu sorgen, dass sorgfältiger, umsichtiger und zukunftsorientierter die Stadtplanung in Angriff genommen wird.

Denken Sie nur an all die schönen, grünen Pärke, welche unter der Freisinnigen Stadträtin Kathrin Martelli geplant und umgesetzt wurden. Da hätte viel mehr kommen können und müssen.

Braucht die Stadt Zürich eine stärkere Begrünung?

Nau.ch: Befürchten Sie eine Verdrängung des Autoverkehrs aufgrund der entstehenden Grünflächen?

Sebastian Vogel: Die FDP ist nicht der Ansicht, dass eine zusätzliche städtische Begrünung einzig mit der Verdrängung von Autoverkehr möglich ist. Oft wären schon allein mit günstigen Tieferlegungen und Überdachungen von Strassen viel Grünflächen zu gewinnen, wie das Beispiel des FDP-Vorstosses beim Bucheggplatz zeigt.

Leider findet man für solche Ansinnen keine Mehrheiten im Parlament. Es gibt aber auch durchaus FDP-Vorstösse, die die Aufhebung von Strassen zugunsten von Freiräumen oder Grünflächen forderten. Hier muss man pragmatisch die örtlichen Begebenheiten anschauen. Das kann die FDP.

Nau.ch: Sind von Ihnen sonstige Massnahmen geplant, welche Lösungen zum voranschreitenden Klimawandel bieten?

Sebastian Vogel: Die FDP unterscheidet klar zwischen lokalen Massnahmen, welche das Stadtklima beeinflussen, und Massnahmen, die einen Beitrag zum globalen Klimawandel leisten.

Die FDP steht hinter den Zielen zu Netto Null bis 2040 und ist sogar die Initiantin bei diesem Zeithorizont. Die FDP ist sich aber mehr als bewusst, dass der globale Beitrag minim und mehr von symbolischem Charakter ist.

Die FDP sieht aber auch die Chance, mit diesem Ziel lokale Energiequellen zu erschliessen und so Versorgungsautonomie und stabile Preise für Bevölkerung und Gewerbe zu erlangen. Weiter glaubt die FDP, dass dem globalen Klimawandel, wenn, dann auch nur in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und dem technologischen Fortschritt beizukommen wäre.

Von Verboten, Ablass-Handel und Selbstgeisselung hält die FDP wenig bis nichts, von Förderungen in verschiedenste Richtungen schon eher. Konkret hat die FDP schon vor fünf Jahren gefordert, dass Verwaltungen der Stadt Zürich nur mehr Bio-Gas verwendet werden dürfen. Auch hierzu fand sich, aus unerklärlichen Gründen, keine Mehrheit im Parlament.

Zur Person

Sebastian Vogel (1979) ist Gemeinderat der Stadt Zürich für die FDP. Er arbeitet als Weinhändler. Anzutreffen ist er bei einem «Schwumm» in der Limmat oder beim Wandern im Wallis.

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