Papst Franziskus distanziert sich von George Pell

Sandra Christen
Sandra Christen

Vatikanstadt,

Nach der Verurteilung des australischen Kardinals George Pell stehen die katholische Kirche und Papst Franziskus unter Druck. Ist Pell nur der Anfang?

Kardinal George Pell verlässt das Gericht in Melbourne. Foto: Erik Anderson/AAP
Kardinal George Pell verlässt das Gericht in Melbourne. Foto: Erik Anderson/AAP - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der australische Kardinal George Pell wurde wegen Kindesmissbrauchs verurteilt.
  • Dem ehemaligen Finanzchef vom Vatikan drohen bis zu 50 Jahre Haft.
  • Toni Brühlmann ist Präsident des Fachgremiums «Sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld».

Am Dienstag wird der australische Kardinal George Pell wegen Kindesmissbrauchs verurteilt. Mittlerweile sitzt der 77-Jährige in Untersuchungshaft.

Dem ehemaligen Finanzchef vom Vatikan drohen bis zu 50 Jahre Haft. Bis das definitive Strafmass im März verkündet wird, will Papst Franziskus mit konkreten Massnahmen abwarten.

Was kommt noch? Toni Brühlmann, Präsident des Fachgremiums «Sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld», hat im Interview über die Reaktionen und Folgen des Urteils für die katholiche Kirche und Papst Franziskus gesprochen.

Nau.ch: Herr Brühlmann, wie haben Sie auf das Urteil von Kardinal George Pell reagiert?

Toni Brühlmann: Ich bin nicht überrascht gewesen. Die Gerichte brauchen viel Zeit, um zu einem endgültigen Urteil zu gelangen. Es wäre sehr gut, wenn dieser entsetzlichen Situation in absehbarer Zeit ein Ende gesetzt werden könnte.

Nau.ch: Wie sollte die katholischen Kirche darauf reagieren?

Brühlmann: Nur eine tiefste Beschämung kann die richtige Reaktion sein. Ob alle in der Kirche so reagieren, können wir nicht überprüfen. Dies wäre aber das einzig Richtige.

Nau.ch: Und was sagt Papst Franziskus?

Brühlmann: Der Papst hat den Beschluss des dortigen australischen Bischofs bekräftigt, der dem Kardinal gegenwärtig verboten hat, öffentlich als Bischof zu wirken. Und er hat ihm jeglichen Kontakt mit Minderjährigen und Schutzbefohlenen untersagt.

Nau.ch: Was bedeutet das Urteil?

Brühlmann: Kardinal Pell ist nun von einem staatlichen Gericht in erster Instanz als schuldig gesprochen worden. Wenn er Berufung einlegt, wird man noch bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung weiter warten müssen. Nach der endgültigen Verurteilung muss er auch kirchenrechtlich bestraft werden.

Nau.ch: Hat das Urteil eine Signalwirkung?

Brühlmann: Absolut. Kein Täter, der im sexuellen Umfeld straffällig geworden ist, kann zukünftig in der Kirche damit rechnen, dass Verbrechen unter dem Deckel des Klerikalismus unbehelligt verübt werden können.

Nau.ch: Wie geht es weiter?

Brühlmann: Wir müssen weltweit gesehen mit weiteren Urteilen rechnen. Und dies ist richtig so. Nur so wird die Kirche nach und nach wieder ehrlich, bescheiden und authentisch werden können.

Nau.ch: Welche Folgen hat das Urteil für den Ruf der katholischen Kirche?

Brühlmann: Wir haben uns um die Menschen zu kümmern, um ihre Sorgen, um ihr Glück. Um den Ruf der Kirche brauchen wir uns nicht zu kümmern. Nicht die Institution verdient Schutz, sondern die Menschen.

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