Queer-Szene macht nach Nemo-Sieg Druck auf Bundesrat
Mit Nemo als erste non-binäre Person, die den ESC gewinnt, wird weltweit ein Zeichen gesetzt. Dieser historische Gewinn soll sich nun auf die Politik auswirken.
Das Wichtigste in Kürze
- Nemo hat als erste nicht binäre Person den Eurovision Song Contest gewonnen.
- Die Schweiz erlaubt derzeit nicht, ein drittes Geschlecht im Personalregister einzutragen.
- Das Kollektiv «WeExist» fordert nun eine amtliche Anerkennung für nicht binäre Menschen.
Die Schweiz trat mit Nemo (24) mit einem non-binären Talent vor das Eurovision-Publikum. Zu Hause ist es amtlich für nicht binäre Menschen noch immer nicht möglich, sich anerkennen zu lassen.
Damit soll Schluss sein, fordert das Kollektiv «WeExist». Es setzt sich für den dritten Geschlechtseintrag in der Schweiz ein. Am ESC-Wochenende veröffentlichten sie auf Instagram einen offenen Brief.
Die Aktion beinhaltet eine Forderung an Bundesrat und Parlament, nicht binäre Geschlechtseinträge einzuführen.
«Für die Schweiz ist dies ein kleiner Schritt. Für alle nicht binären Menschen ein Meilenstein für ein Leben ohne Diskriminierung, in Respekt und Würde». Das schreibt das Kollektiv «WeExist» im offenen Brief.
Neben dem Erfolg des Bieler Talents Nemo wird in der Kommunikation von «WeExist» auch Kim de l’Horizon erwähnt. Kims Debütroman «Blutbuch» wurde 2022 sowohl mit dem Deutschen als auch dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet.
«Findet Nemo!»: Ansage an Politik
Auch der Verein «Helvetiarockt» spricht sich mit der Kampagne «Findet Nemo!» für die Forderungen aus. «Helvetiarockt» setzt sich schweizweit für mehr Frauen, inter, non-binäre, trans und agender (zu keinem Geschlecht zugehörig, Anm. der Redaktion) Menschen im Jazz, Pop und Rock ein.
Nicht binäre Menschen identifizieren sich weder als Mann noch als Frau. Nemos Sieger-Song «The Code» beschäftigt sich mit der Reise des Talents zur Nonbinariät.
Bundesrat lehnte drittes Geschlecht ab
2022 entschied der Bundesrat, keine dritte Option für Geschlechtseinträge einführen. Dazu müssten Verfassung und andere Gesetze geändert werden. Zudem seien die «gesellschaftlichen Voraussetzungen» nicht erfüllt. Das schrieben sie in einem Bericht, den das Parlament in Auftrag gegeben hatte.
Das binäre Geschlechtermodell sei in der schweizerischen Gesellschaft nach wie vor stark verankert, teilte der Bundesrat damals mit. Vor einem neuen Geschlechtsmodell brauche es zuerst einen gesellschaftlichen Diskurs.
In der Schweiz ist es derzeit nicht möglich, neben «männlich» und «weiblich» ein drittes Geschlecht im Personenstandsregister eintragen zu lassen. Auch nicht möglich ist es, ganz auf einen Geschlechtseintrag zu verzichten.
«WeExist» schreibt im offenen Brief, dass der Bundesrat damit gegen die Empfehlung der nationalen Ethikkommission handelte.
«Diese hatte sich bereits 2020 klar dafür ausgesprochen, den Geschlechtseintrag für alle Personen abzuschaffen oder zumindest weitere Geschlechtsoptionen einzuführen, um diesem Missstand entgegenzuwirken:»
Die Kampagne des Kollektivs für einen dritten Geschlechtseintrag soll im Juni beginnen.