Netflix: Mindhunter beleuchtet die Psychologie von Gewaltverbrechern
Zwei FBI-Agenten ergründen das Innenleben von Kriminellen mittels Gespräche. Netflix regt mit «Mindhunter» die eigene Vorstellungskraft an.
Das Wichtigste in Kürze
- Netflix zeigt in «Mindhunter» zwei FBI-Agenten, welche die Psyche von Mördern analysieren.
- Ein Kindermörder treibt im Verlauf der zweiten Staffel sein Unwesen.
- Die Serie baut mit einfachen Mitteln Spannung auf.
Es scheint ein normaler Tag im Leben einer Ehefrau zu sein. Doch etwas stimmt nicht, als sie nach Hause kommt und keine Antwort von ihrem Mann erhält. Die Anspannung steigt.
Auf der Tonspur singt Bryan Ferry, Frontmann der englischen Band Roxy Music, im sinisteren Ton über menschliche Exzesse. Schlussendlich entdeckt die Frau ihren Mann, der seinen ungewöhnlichen sexuellen Neigungen nachgeht.
Mit dieser Szene beginnt die zweite Staffel von «Mindhunter» auf Netflix. Das könnte man als inszenatorischen Griff in die Trickkiste verstehen.
Gleichzeitig stellt der Wurf ins kalte Wasser ein Täuschungsmanöver dar. «Mindhunter» geht deutlich unaufgeregter vonstatten, als es die Eröffnung suggeriert. Der Inhalt ist allerdings harter Tobak.
Netflix setzt auf Expertise
Die Serie spielt diesmal im Jahre 1980. Die Protagonisten Holden (Jonathan Groff) und Bill (Holt McCallany) arbeiten fürs FBI. Das Duo führt Gespräche mit Mördern, um deren Verhalten zu analysieren.
Ihre Erkenntnisse sollen bei der Aufspürung von Verbrechern helfen. Nun müssen sie im Bundesstaat Atlanta mithelfen, einen Kindermörder dingfest zu machen.
Für Netflix hat der Drehbuchautor Joe Penhall das Sachbuch «Mindhunter: Inside the FBI‘s Elite Serial Crime Unit» in eine fiktionalisierte Serie umgewandelt. Darin beschreiben John E. Douglas und Mark Olshaker ihre Arbeit beim FBI. Die Gesprächspartner der Protagonisten entsprechen zudem echten Verbrechern.
Netflix nimmt auch in der zweiten Staffel die Dienste des amerikanischen Regisseurs David Fincher in Anspruch. Er hat vier von neun Folgen der zweiten Staffel inszeniert und interessiert sich für Serienmörder.
Mehrere seiner Filme drehen sich um dieses Thema, darunter «Sieben» und «Zodiac». Finchers kühl wirkende Bildsprache sowie das Augenmerk auf Details finden sich in der Serie zuhauf. Die restlichen Episoden stammen von Andrew Dominik («Killing Them Softly») und Carl Franklin («Out of Time»). Beide integrieren ihren individuellen Stil stimmig ins Gesamtprodukt.
«Mindhunter» regt die Vorstellungskraft an
Für diese Psychothriller-Reise in dunkle Gewässer braucht es einen wachen Kopf. Gräueltaten werden nicht gezeigt, sondern beschrieben. Dies alleine reicht aus, um die Vorstellungskraft anzuregen.
Hinter dem Szenario steckt allerdings viel Humor. Komische Zwischentöne geraten beispielsweise in Konversationen zum Vorschein. Etwa dann, wenn das Agenten-Duo einen Gefangenen interviewt, der angeblich von einem Dämon besessenen Hund zum Töten aufgefordert wird.
Plakative Gewalt oder coole Sprüche am Laufband gibt es in «Mindhunter» nicht. Dem Geschehen haftet durch die gedrosselte Inszenierung ein mulmiger Schleier des Rätselhaften an.
Fazit
«Mindhunter» kreiert Spannung durch gut geschriebene Dialoge. Die distanziert agierende Kameraführung passt zur aufgeladenen Stimmung. Langweilig wird es trotz vieler Gespräche selten.
Gelegentlich bringen langgezogene Nebenhandlungen den erzählerischen Fluss aus dem Tritt. Im Angesicht der unberechenbaren Hauptgeschichte fällt dies jedoch kaum gravierend ins Gewicht.