Bayreuther Festspiele gehen auf volles Risiko
In Deutschland sind Theater und Opernhäuser derzeit geschlossen - doch die Bayreuther Festspiele sollen im Sommer stattfinden. Koste es, was es wolle. Es soll auch ein Zeichen an die Kulturwelt sein.
Das Wichtigste in Kürze
- Theater und Opernhäuser in Deutschland sind seit Monaten geschlossen.
Die Kultur ist eine der am schwersten gebeutelten Branchen in der Corona-Krise. Doch auf einem gewissen Hügel gibt man sich trotz alledem optimistisch.
Die Bayreuther Festspiele sollen in diesem Jahr stattfinden - koste es, was es wolle. Das hat der Verwaltungsrat der Festspiele nun einigermassen final beschlossen.
Es sei «eine wichtige Sitzung» gewesen, betont der Verwaltungsratsvorsitzende Georg Freiherr von Waldenfels. «Wir sind optimistisch, dass sich das bis zum Sommer ändert. Dann werden wir eine höhere Impfquote haben. Ausserdem ist der Sommer der natürliche Feind des Virus'.» Auch Festspiel-Chefin Katharina Wagner hatte sich in den vergangenen Monaten zuversichtlich gezeigt.
Die nun gefallene Entscheidung gegen eine Absage ist darum von Bedeutung, weil es - je näher der 25. Juli, das klassische Datum für den Start der Festspiele, rückt - immer schwieriger wird, von geschlossenen Verträgen mit Musikern oder Regisseuren möglicherweise noch zurückzutreten. Die Kosten, auf denen die Festspiele sitzen bleiben würden, müsste das Klassik-Spektakel im schlechtesten aller Fälle doch noch abgesagt werden, steigen also.
Wohl auch aus dem Grund war die Entscheidung nicht unumstritten, wie von Waldenfels einräumt. «Das wurde schon unterschiedlich gesehen», sagt er der Deutschen Presse-Agentur in München. «Das ist ja immer mal wieder hin und her gegangen.»
Er hofft nun, die derzeit in Konzepten zugrunde gelegte Besucherzahl von nur 235 statt normalerweise rund 2000 im Festspielhaus auf dem Grünen Hügel noch anheben zu können: «Wir wollen soviel wie möglich aufstocken.» Zuletzt war davon die Rede, dass im besten aller Fälle 1000 Zuschauer zugelassen werden könnten. Selbst dann bliebe also noch jeder zweite Platz leer.
Und mit jedem leeren Platz verlieren die Festspiele bares Geld. Normalerweise bestreiten sie den laufenden Betrieb zu 65 Prozent aus Einnahmen. Das fehlende Geld werden die Gesellschafter - die Bundesrepublik Deutschland, der Freistaat Bayern, die Stadt Bayreuth und die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth - ausgleichen müssen. Im vergangenen Jahr, als die Richard-Wagner-Festspiele zum ersten Mal seit ihrer Wiederaufnahme nach dem Zweiten Weltkrieg ausfielen, fehlten rund 15 Millionen Euro.
«Kultur ist teuer», sagt von Waldenfels dazu. «Und wir sehen auch andere Häuser, die das machen.» Er verwies auf die Salzburger Festspiele und die Bayerische Staatsoper in München. Künstler und die Kultur hätten in der Corona-Krise besonders gelitten. «Da wollen wir ein bisschen Stabilität geben.»
Bayerns Kunstminister Bernd Sibler (CSU) hatte zuletzt gesagt, Corona-Schnelltests könnten in diesem Jahr eine wichtige Rolle spielen. «Das könnte eine Option sein», sagte er dem «Nordbayerischen Kurier» im März. «Wenn es um Öffnungen geht, können Schnelltests ein gutes Mittel sein.» Die Erfahrungen mit Hygienekonzepten bei Kulturveranstaltungen seien inzwischen vielfältiger. «Ausserdem hoffe ich, dass wir dann beim Impfen ein gutes Stück weiter sein werden.»
Und auch wenn die Rahmenbedingungen dafür sorgen dürften, dass es die wohl ungewöhnlichsten Festspiele der Geschichte werden - ein Blick ins Programm verrät davon erstmal nicht viel. «Am geplanten Programm ändert sich nichts», sagt von Waldenfels.
Neben der Neuproduktion «Der fliegende Holländer», bei der mit Oksana Lyniv erstmals eine Frau im berüchtigten Bayreuther Orchestergraben am Pult stehen soll, sind Wiederaufnahmen der Produktionen «Die Meistersinger von Nürnberg» und «Tannhäuser» geplant.
Weitere Höhepunkte sind die Rückkehr des lettischen Star-Dirigenten Andris Nelsons und «Blutkünstler» Hermann Nitsch, der in diesem Jahr die Ring-des-Nibelungen-Oper «Die Walküre» inszenieren soll. Alles nach Plan also auf dem Grünen Hügel 2021 - und doch ganz anders.