Gross, grösser, Flowtex. Wenn in der SWR-Produktion «Big Manni» der Hauptdarsteller sich mit hektischer Grandezza durch die Haare fährt, ist alles wieder, als wäre es erst gestern passiert: Der Skandal um die Firma Flowtex ist eine einzige Groteske - auch im Film.
Der Skandal als Lachnummer: Die Flowtex-Satire «Big Manni» mich Hans-Jochen Wagner als Manfred Brenner. Foto: SWR/Benoît Linder
Der Skandal als Lachnummer: Die Flowtex-Satire «Big Manni» mich Hans-Jochen Wagner als Manfred Brenner. Foto: SWR/Benoît Linder - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • So fängt sonst ein Thriller an: Lichter blinken schemenhaft, die Landebahn ist dunkel, die Gesichter der Passagiere im Privatflieger sind angespannt und Big Mannis Gesicht wie immer von leichtem Schweissfilm überzogen.
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Mit der Hand trommelt er nervös gegen die Kabinenwand, schnauzt die Gattin an und wendet sich schnaufend ab. In der Auftaktszene der SWR-Produktion «Big Manni» ist Manni längst am Ende - oder jedenfalls fast.

Bevor es dazu kommt, will Manni, im Film Manfred Brenner und gespielt von Hans-Jochen Wagner, seine schier unglaubliche Geschichte aber lieber selbst erzählen: Die Geschichte um die Firma Flowtex im badischen Ettlingen, deren Gründer Manfred Schmider als einer der grössten Wirtschaftsbetrüger in die Annalen einging. Regisseur Niki Stein hat den Film, der am Mittwoch (1. Mai) um 20.15 Uhr im Ersten läuft, als Groteske angelegt - und kommt gerade dadurch der Realität ziemlich nahe.

Die Flowtex-Satire beginnt mit der düster orchestrierten Flughafenszene zwar wie ein Krimi, wendet sich aber nur Minuten später in eine ironische Posse. Ganz ohne Drama oder tiefe Gefühle fungiert Manni nicht nur als Hauptfigur, sondern spricht den Ablauf der Geschehnisse auch selbst ein. Linear erzählt er sein Leben, recht unbewegt und mit höchstens lakonisch gemeinter Reflexion.

Alles dreht sich im Film um ihn: Extra breitbeinig, bräsig und beleibt stapft Manni durchs Leben, stürzt beim Skifahren über seine spätere Frau (Nina Gnädig), verdient erst gutes Geld mit Fassadenfarben und stolpert dann im wahrsten Sinne des Wortes über eine einzigartige Geschäftsidee. Nur dass die ihn Jahre später zu Fall bringt, Politiker mit sich reisst, langwierige Prozesse nach sich zieht und dem Steuerzahler einen Schaden von weit mehr als vier Milliarden Euro bescheren wird: Manni hat Horizontalbohrmaschinen verleast, die es gar nicht gab und Aufträge vorgetäuscht, wo keine waren.

Umgeben von Knallchargen in Gestalt gieriger Banker, schleimiger Politiker und Mannis unbedarftem Luxusweibchen, gewinnt im Film nur Manni füllige Kontur. Wagner spielt ihn als schlichtes Gemüt, schwer atmend, kindlich-optimistisch, ungeduldig, hochfahrend und immer etwas zu laut.

Der Film kommt ohne Schlenker aus und verwendet absichtlich keine Mühe auf feinfühlige Charakterstudien. Wie Mannis Ehe ist? Was seine Frau so denkt? Egal. Was um Himmels willen einen wie Manni dazu bringt, sich relativ furcht- und bedenkenlos über Jahre immer tiefer in das Schneeballsystem hineinzumanövrieren? Egal. Selbst eine Szene, in der Manni zusammenbricht und panisch hyperventiliert, ist als Slapstick angelegt.

Die Erschütterungen des Flowtex-Skandals hallen bis heute nach. 240 Millionen Euro wurden bisher an 396 Gläubiger ausgeschüttet. Prozesse in der Schweiz um das Privatvermögen Schmiders werden nach Worten eines Sprechers des Insolvenzverwalters Schultze & Braun noch viele Jahre dauern. Die Dokumentation «Big Manni-Big Money» dröselt im Anschluss an den Film die realen Geschehnisse auf. Der echte Manni hat seine Strafe längst abgesessen - vorzeitig entlassen.

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