Der Everest-Mann: 100. Geburtstag von Sir Edmund Hillary

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Neuseeland,

Im Mai 1953 stand Edmund Hillary als erster Mensch auf dem Gipfel des Mount Everest - einer der grossen Abenteurer des 20. Jahrhunderts. Doch Heldenverehrung war ihm stets suspekt.

Edmund Hillary mit dem Sherpa Tenzing Norgay, der auch «Tiger des Schnees» genannt wird. Foto: EPA
Edmund Hillary mit dem Sherpa Tenzing Norgay, der auch «Tiger des Schnees» genannt wird. Foto: EPA - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Man wüsste schon gern, was Edmund Hillary dazu sagen würde, wie es heute auf dem Mount Everest zugeht.

Vor allem, was er von dem Foto des nepalesischen Bergsteigers Nirmal «Nims» Purma hielte, das vor ein paar Wochen die Runde machte. Mehr als 300 Bergsteiger, die Schlange stehen mussten, bevor sie die letzten Meter bis zum Gipfel des höchsten Bergs der Welt überwinden konnten.

Als Hillary dort oben war, 8848 Meter über dem Meer, war so etwas fern jeder Vorstellung. An jenem 29. Mai 1953, vormittags um 11.30 Uhr, schrieb der Neuseeländer Menschheitsgeschichte: als erster auf dem Dach der Welt, das vielen bis dahin als unbezwingbar gegolten hatte. Zur Seite hatte er nur den nepalesischen Sherpa Tenzing Norgay. An diesem Samstag (20. Juli) würde Hillary 100 Jahre alt.

Hillary, ein grosser, hagerer Mann, damals erst 33, aber aus den Kriegszeiten schon Oberst a.D., von Beruf Bienenzüchter wie der Vater, war ein Bergsteiger mit Gewissen. Dass er gleich nach der Erstbesteigung von der frisch gekrönten Queen Elizabeth II. zum Sir erhoben wurde, sein Begleiter aber nicht, empörte ihn das ganze Leben. Mit den Einnahmen aus Vorträgen, Büchern und Filmen finanzierte er im Himalaya mehr als zwei Dutzend Schulen.

Der Erstbesteiger gehörte zu den ersten, die den zunehmenden Kommerz um den Everest kritisierten. Viele der Leute nach ihm seien «keine Bergsteiger von Herzen». «Sie wollen nur Aufmerksamkeit», sagte er. «Wir haben alles gegeben, um als Bergsteiger ein Gefühl tiefer Zufriedenheit zu erleben. Nur für uns.» Inzwischen sind ihm etwa 5000 Leute gefolgt, viele davon für teures Geld. Mehr als 300 haben mit dem Leben bezahlt.

Dass Sir Edmund und Tenzing zu Gipfelpionieren wurden, war eine Laune des Zufalls. Die beiden gehörten in jenem Frühjahr 1953 zu einer grossen Expedition der Royal Geographic Society, die ein Dutzend Bergsteiger, 35 Sherpas und 350 Träger umfasste. Als erste versuchten die beiden Briten Tom Bourdillon und Charles Evans den Aufstieg. Sie mussten knapp hundert Meter unter dem Gipfel aufgeben.

Der Neuseeländer und der Nepalese hatten mehr Glück - auch weil sie zwei Sauerstoffflaschen benutzen konnten, die die Briten zurückgelassen hatten. Hillary machte das einzige Foto, das von dem historischen Ereignis existiert. Es zeigt Tenzing. Als der Sherpa ihn auch fotografieren wollte, lehnte er ab. Tenzing habe nie zuvor eine Kamera benutzt. «Und der Gipfel des Everest war wohl kaum der richtige Ort, um ihm zu zeigen, wie es geht.»

Nach 15 Minuten machte sich das Zweierteam an den Abstieg. Im Basislager meinte Hillary: «We finally knocked the bastard off.» («Wir haben den Bastard endlich erledigt.») Das sagen die Neuseeländer heute noch, wenn sie auf etwas besonders stolz sind. Und noch immer gibt es Debatten, wer eigentlich als erster auf dem Everest stand: Chef oder Sherpa. Die Einheimischen beanspruchen die Leistung für sich, im Rest der Welt gilt Hillary als erster Mann.

Er war es wohl auch. In seinen Memoiren schrieb er: «Ich machte einige Schritte nach oben. Im nächsten Moment stand ich auf einer flachen, exponierten Fläche Schnee mit Blick in alle Richtungen. Tenzing gesellte sich zu mir, und wir schauten uns verwundert um.» Tenzing sagte kurz vor seinem Tod 1986: «Wenn es eine Schande ist, als zweiter den Gipfel des Everest erreicht zu haben, muss ich mit dieser Schande leben.»

Hillary bezwang dann noch mehr als zwei Dutzend weitere Gipfel. 1958 leitete er eine Südpol-Expedition. 1985 landete er zusammen mit Neil Armstrong - dem ersten Menschen auf dem Mond - am Nordpol. Dann wurde er Neuseelands Botschafter in Indien. Heldenverehrung war ihm suspekt. Noch zu Lebzeiten kam sein Gesicht auf den neuseeländischen Fünf-Dollar-Schein. Aber wenn er neue Leute kennenlernte, sagte er meist gleich zu Beginn: «Nenn mich Ed.»

Auf den Everest kehrte er nie zurück. Nach Nepal kam er immer wieder. Im Land seines grössten Triumphs erlebte er auch das grösste private Leid: Beim Landeanflug auf Kathmandu stürzte 1975 das Flugzeug ab, in dem seine Frau und die jüngste von drei Töchtern sassen. Beide starben. Später heiratete er die Witwe eines Freundes, der für ihn bei einem Antarktis-Flug eingesprungen war und verunglückte.

2006 kam Hillary ein letztes Mal nach Nepal. Dort stürzte er, wovon er sich nie mehr richtig erholte. Anfang 2008 starb er im Alter von 88 Jahren in seiner Heimatstadt Auckland. Seine Asche wurde im Golf von Hauraki verstreut, direkt vor seiner Haustür. Aber nicht alles: Ein kleiner Teil davon ruht nun in einer Gedenkstätte auf einem Hügel im Himalaya-Dorf Khumjung. Mit Blick auf den Everest.

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