Jon Fosses Dramen werden weltweit aufgeführt. Der norwegische Autor, jahrelang Favorit für den Literaturnobelpreis, erhielt ihn 2023 und wird nun 65 Jahre alt.
Autor Jon Fosse
Der norwegische Autor, der lange als Favorit für den Literaturnobelpreis galt, wurde 2023 ausgezeichnet und feiert nun seinen 65. Geburtstag. (Archivbild) - Boris Roessler/dpa

Jon Fosses Dramen werden auf den grossen Bühnen der Welt aufgeführt. Der Dramatiker, Lyriker und Romanautor aus Norwegen galt jahrelang als ein Favorit für den Literaturnobelpreis. 2023 hat er ihn bekommen. Jetzt wird der zurückgezogen lebende Autor 65.

Jon Fosse war als Kind kein guter Schüler. «Um ehrlich zu sein, hasste ich die Schule», sagte er in einem Interview, das auf dem Youtube-Kanal des Nobelpreises veröffentlicht wurde. «Meine Lehrer sagten, ich könne nicht schreiben», erzählte der norwegische Autor.

Er schrieb trotzdem weiter. Und das hat sich gelohnt: Nachdem er jahrelang als einer der Favoriten für den Literaturnobelpreis gegolten hatte, gewann der Dramatiker, Lyriker und Romanautor («Morgen und Abend», «Ein neuer Name») 2023 den prestigeträchtigen Preis. Am 29. September feiert Jon Fosse seinen 65. Geburtstag, seinen ersten als Nobelpreisträger.

Vom Musiker zum Schriftsteller

Geboren und aufgewachsen ist Fosse in Westnorwegen, dem Land der Fjorde. In jungen Jahren fing er an, Gitarre zu spielen. Als er 14 war, trat er zum ersten Mal mit seiner Band bei lokalen Tanzveranstaltungen auf.

Musik war damals sein Leben. Auf die Frage, warum er angefangen habe zu schreiben, sagte Fosse im Nobelpreis-Interview: «Ich glaube, auch deshalb, weil ich nie ein guter Musiker wurde. Ich übte und übte und übte, aber irgendwie schaffte ich es nie, ein gutes Niveau zu erreichen.» Also ersetzte er das Spielen durch das Schreiben.

Rhythmus und Wiederholungen prägen sein Werk

Aus seiner Zeit als Musiker ist in Fosses Werk noch heute der Rhythmus zu spüren. Sein Schreibstil zeichnet sich durch unzählige Wiederholungen, Pausen und Tempowechsel aus. Fosses Sprache ist dabei eher einfach. Als leichte Kost kann man seine Bücher und Dramen aber nicht bezeichnen.

Es geht bei dem Norweger oft um existenzielle Themen wie Leben und Tod, auch der Glaube spielt eine grosse Rolle. Für Fosse ist Literatur ein Mittel, um das Unsagbare auszudrücken, erklärte er in dem Nobelpreis-Interview in Stockholm: «Manche Dinge können nicht direkt gesagt werden. Man muss sich der Literatur bedienen, um es sagen zu können.»

Die Stimmung in Fosses Geschichten ist meist melancholisch und dunkel wie der norwegische Winter – und trotzdem scheint oft Wärme und auch Humor durch. Ganz deutlich geschieht das zum Beispiel in Fosses Kinderbuch «Von Kötern, Kläffern und feinen Hundedamen», das aus der Sicht dreier Hunde geschrieben und auch für Erwachsene unterhaltsam ist.

Internationaler Durchbruch mit renommierten Stücken

Seinen internationalen Durchbruch erlangte Fosse als Dramatiker. Seine Stücke – beispielsweise «Der Name» und «Die Nacht singt ihre Lieder» – wurden auch auf renommierten Bühnen im deutschsprachigen Raum gespielt, etwa am Zürcher Schauspielhaus, am Deutschen Theater in Berlin und bei den Salzburger Festspielen.

Der Erfolg hatte für Fosse aber auch eine Schattenseite. Der etwas schüchtern wirkende Norweger, der sich selbst als «unsozialen Typen» bezeichnet, betäubte sein Lampenfieber vor öffentlichen Auftritten mit Alkohol. «Am Ende war ich ein richtiger Alkoholiker, ich trank den ganzen Tag, bis ich umfiel», zitiert ihn die norwegische Zeitung «Aftenposten». Sein Glaube habe ihm auf dem Weg aus der Abhängigkeit geholfen, erzählte Fosse, der in jener Zeit zum Katholizismus konvertierte.

Heute lebt der Autor sehr zurückgezogen, teils in Norwegen, teils im niederösterreichischen Hainburg an der Donau, unweit der slowakischen Grenze. In seiner österreichischen Wahlheimat wurde kürzlich sogar ein Platz nach dem Nobelpreisträger benannt. In Zukunft werde er noch öfter Nein sagen zu Anfragen jeglicher Art, sagte Fosse im Gespräch mit einer Journalistin der «Zeit». Aber Schreiben, das werde er weiter tun – allein aus Gründen der Selbsterhaltung. «Schreiben ist für mich eine Art zu leben, eine Gewohnheit, ohne die ich nicht existieren kann,» sagte er in dem «Zeit»-Interview.

Fosse: Leserin schreibt, sein Stück habe ihr das Leben gerettet

In seiner Vorlesung anlässlich der Nobelpreisverleihung erzählte Fosse, dass eine Leserin ihm geschrieben habe, nachdem bekannt wurde, dass er den Nobelpreis erhalten würde. Eines seiner Stücke sei der Grund dafür, dass sie noch am Leben sei, habe sie demnach geschrieben.

Das habe ihn sehr berührt und glücklich gemacht. Aber eigentlich habe er schon immer gewusst, dass das Schreiben Leben retten könne, sagte Fosse kurz vor der Preisverleihung in Stockholm. «Vielleicht hat es sogar mein eigenes Leben gerettet.»

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